Wirtschaftsduell Steuerpolitik: Prozente und Paragrafen
08.08.2002, 15:34 UhrAm Donnerstag, 29. August um 18:30 Uhr untersuchte n-tv die Antworten der Parteien auf die Frage: Wer schafft ein verständliches Steuersystem? Welche Vorschläge wirklich sinnvoll sind, diskutierte n-tv-Moderator Lars Brandau mit Rudolf Hickel, Wissenschaftlicher Direktor am PIW-Institut für Wirtschaftsforschung, und Jochen Sigloch, Steuerexperte von der Universität Bayreuth.
In der Steuerpolitik stehen sich die Parteien näher, als sie nach außen hin zugeben. Da bei ist es letztlich unerheblich, ob der Spitzsteuersatz 35 Prozent (wie bei der FDP) oder 40 Prozent (wie bei der CDU) oder 42 Prozent (wie bei SPD und Grünen) beträgt. Wesentlicher wird sein, wer es schafft das Steuersystem so umzubauen, dass Ausnahmen wegfallen und die Belastung der Bürger insgesamt sinkt.
Alle Vorschläge, die eine Senkung der Einkommenssteuersätze beinhalten, stehen sowieso unter dem "Finanzierungsvorbehalt". Da sich die Bundesregierung an das Maastrichter Defizitkriterium halten muss, muss sie das Geld, was sie durch Steuersenkungen verliert, an anderer Stelle wieder hereinholen. Darüber findet sich aber nicht viel in den Parteiprogrammen.
Aussagen dazu, wo und wie gespart werden soll, erschöpfen sich zu allgemeinen Willenserklärungen zum Subventionsabbau. Dem Kohlebergbau geht es nach dem Willen der FDP und den Grünen an den Kragen, die Grünen wollen zusätzlich die Landwirtschaft mehr zur Kasse bitten und die Entfernungspauschale abbauen.
Die SPD will die Ökosteuer nach 2003 nicht weiter erhöhen und wie vorgesehen die Reform der Einkommensteuer bis 2005 umsetzen. Dadurch wird der Eingangssteuersatz bei 15, und der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent liegen. Rudolf Hickel kritisierte in der Sendung die Ökosteuer-Pläne: „Wenn man die Ökosteuer ernst nimmt, braucht übrigens auch die Wirtschaft eine mittelfristige Planbarkeit. Das Projekt einfach abzubrechen, wäre eine Katastrophe. Es muss fortgeführt werden, mit einigen Änderungen. Jetzt einfach auszusteigen, denunziert die gesamte Idee der Ökosteuer.“
Die CDU/CSU will die Ökosteuer aussetzen und mittelfristig durch eine Schadstoffabgabe ersetzen. Sie schlägt einen Eingangssteuersatz von 15 Prozent vor und will den Höchststeuersatz bis 2006 auf 40 Prozent bei einem flachen linearen Tarifverlauf senken. Steuersubventionen und Ausnahmen werden gestrichen.
Die Grünen wollen die Steuerreform weiter umsetzen und Steuervergünstigungen abbauen. Der Grundfreibetrag wird 7664 Euro angehoben und kleinere und mittlere Einkommen entlastet. Im Gegensatz zu den anderen Parteien wollen die Grünen die Ökosteuer weiterentwickeln, die Lohnnebenkosten weiter senken und öffentliche Verkehrsmittel subventionieren, in dem der Umsatzsteuersatz auf die Hälfte gesenkt wird.
Völlig umbauen will hingegen die FDP das Steuersystem, die sieben unterschiedlichen Einkommensarten sollen abgeschafft und Ausnahmeregeln abgebaut werden. Gewerbesteuer und Ökosteuer sollen verschwinden, die Kfz-Steuer wird auf die Mineralölsteuer umgelegt. Die Liberalen setzen außerdem auf einen dreistufigen Steuertarif mit 15, 25 und 35 Prozent. Ein populäres Konzept, das auch zur guten Bewertung der FDP beiträgt. Dennoch äußerte Jochen Sigloch in der Sendung Kritik: „Die FDP wird eindeutig zu gut benotet. Die Leute fallen auf diesen plakativen Tarif herein, was wenig Sinn macht. Ein stetig ansteigender Tarif ist genauso einfach. Sie brauchen nur in die Tabelle zu schauen, schon haben Sie das Ergebnis. Im übrigen stehen die Vorschläge zur Gegenfinanzierung aus.“
Die PDS will den Spitzensteuersatz nicht senken, die Banken teilweise verstaatlichen und die Vermögensteuer wieder einführen. Die Erbschaftsteuer wird höher, eine Luxusgütersteuer von zehn bis 15 Prozent eingeführt.
Quelle: ntv.de