Wirtschaft

"Dann schlägt die Stunde der Wahrheit" Hellweg steht vor Zuschlag bei Max Bahr

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Obi und Bauhaus dominieren nach der Praktiker-Insolvenz das deutsche Baumarkt-Geschäft. Mit der Übernahme von mehr als 70 Max-Bahr-Märkten könnte Hellweg in der Branche einen großen Schritt nach vorn machen. Die Zeichen stehen gut.

Die Baumarkt-Kette Hellweg hat nun die besten Chancen auf die Übernahme des insolventen Konkurrenten Max Bahr. Die Gläubiger des Hamburger Unternehmens sprachen sich dafür aus, mit dem Konsortium um Hellweg und den ehemaligen Max-Bahr-Chef Dirk Möhrle über die Übernahme von 73 Baumärkten zu verhandeln, wie deren Insolvenzverwalter Jens-Sören Schröder bestätigte. Damit könnten bis zu 3600 der 6400 Arbeitsplätze bei Max Bahr gerettet werden. Der zweite Bieter, die Supermarkt- und Baumarktkette Globus aus dem Saarland, hatte sich nicht mit dem Vermieter der meisten Max-Bahr-Märkte, der Royal Bank of Scotland (RBS), auf Mietkürzungen einigen können.

54 Baumärkte, die zumeist erst in den vergangenen Monaten von der Marke Praktiker auf Max Bahr umgeflaggt worden waren, sollen nun einzeln verkauft werden, wie der dafür zuständige Insolvenzverwalter Christopher Seagon erklärte. Dafür gebe es viele Interessenten, die die Märkte aber unter dem eigenen Namen fortführen wollten und deshalb die Waren nicht brauchen können, sagte Seagon. Dort beginne daher nun der Schlussverkauf, wie er bei Praktiker und fünf Max-Bahr-Märkten schon seit Anfang Oktober läuft. Als Interessenten werden Rivalen wie Bauhaus, Hagebau, Hornbach oder Obi gehandelt.

Seagon machte den 2800 Mitarbeitern in den betroffenen 54 Märkten Hoffnung auf einen Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Viele Bieter hätten erklärt, die Belegschaften zumindest zum Teil zu übernehmen. Entscheidungen seien im November zu erwarten. Die anderen sollen in eine Transfergesellschaft wechseln.

Stunde der Wahrheit

Die Verträge mit Hellweg sollen bis Ende Oktober unterschriftsreif sein. "Dann schlägt die Stunde der Wahrheit", sagte ein Verhandlungsteilnehmer. Denn hinter der Finanzierung der Offerte stehe noch ein Fragezeichen. Hellweg verhandelt den Kreisen zufolge mit einer Gruppe von Kreditgebern um die Commerzbank über einen Kredit über 60 bis 65 Millionen Euro. Als Kaufpreis seien insgesamt mehr als 100 Millionen Euro im Gespräch. Die Commerzbank erklärte, sie nehme grundsätzlich zu Kundenbeziehungen keine Stellung. Hellweg betreibt in Deutschland bereits 85 Baumärkte.

Hellweg und Globus hatten sich ursprünglich für bis zu 130 Märkte aus dem Praktiker -Konzern interessiert. Hellweg habe sein Gebot aber abspecken müssen, hieß es in den Kreisen. Seagon hat aber die Hoffnung auf eine "große Lösung" mit Hellweg noch nicht ganz aufgegeben, wie er sagte.

Globus hatte seine Kaufofferte für Max Bahr zurückgezogen. Das Familienuternehmen aus Völklingen hatte sich nicht mit dem Vermieter von mehr als 60 Märkten, der britischen Großbank RBS einigen können. Globus hatte der RBS vorgeworfen, höhere Mieten zu verlangen als branchenüblich. In Finanzkreisen wurde aber darauf verwiesen, dass sich Hellweg mit leichten Mietsenkungen zufriedengegeben habe. Globus war laut Verhandlungskreisen ohnehin im Hintertreffen gewesen, weil die Supermarkt-Kette im Familienbesitz so wenig für Max Bahr geboten hatte, dass eine Schließung der Märkte nach dem Ausverkauf für die Gläubiger lukrativer gewesen wäre.

Max Bahr - die Kette hatte anders als Praktiker nie auf die verhängnisvolle Billigstrategie gesetzt - war als florierendes Unternehmen 2007 von der früheren Metro-Tochter gekauft worden.

"Insolvenz in der Insolvenz"

Unterdessen wurde bekannt, dass die Gläubiger der ebenfalls insolventen Muttergesellschaft Praktiker AG völlig leer ausgehen werden. Praktiker-Insolvenzverwalter Udo Gröner habe Anfang des Monats Masseunzulänglichkeit angezeigt, teilte der Vertreter der Anleihegläubiger, Ingo Scholz, mit.

Die sogenannte "Insolvenz in der Insolvenz" bedeutet, dass das restliche Geld allenfalls noch reicht, um die Verfahrenskosten zu decken, aber nicht, um die Forderungen der Gläubiger wenigstens zum Teil zu erfüllen. Davon betroffen sind vor allem die Zeichner einer 250 Millionen Euro schweren Anleihe, die von Scholz vertreten worden waren. An sie war die Tochter Max Bahr verpfändet.

Quelle: ntv.de, rts

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