Wirtschaft

"Ehrenvolle" Lösung oder Grexit? Varoufakis: "Merkel hat die Wahl"

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Der anstehende Sondergipfel zur griechischen Schuldenkrise wirft seine Schatten voraus: Gläubiger und Athener Regierungsmitglieder bringen sich in Stellung. Es fallen mahnende und warnende Worte - ebenso Forderungen und Ankündigungen. Das zeigt, die Zeit drängt. Der Sondergipfel soll nun eher beginnen.

Vor dem für Montag einberufenen Sondergipfel mit den Staats- und Regierungschefs der Eurozone hat der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis die Verantwortung für den nächsten Schritt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zugeschoben. "Die deutsche Kanzlerin steht am Montag vor einer entscheidenden Wahl", schrieb er in einem Gastbeitrag der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Sie könne in eine "ehrenvolle Einigung" eintreten oder die einzige griechische Regierung über Bord werfen, die prinzipientreu sei und die das griechische Volk mitnehmen könne auf einen Pfad der Reform.

Varoufakis sieht Bundeskanzlerin Merkel am Zug.

Varoufakis sieht Bundeskanzlerin Merkel am Zug.

(Foto: REUTERS)

Im Streit um das Sparprogramm geht es nach Angaben aus Athen letztlich nur noch um Maßnahmen für 450 Millionen Euro. Die Gläubiger machten zusätzlich Einsparungen in dieser Höhe zur Bedingung für die Auszahlung weiterer Hilfen, sagte Staatsminister Alekos Flambouraris im griechischen Fernsehsender MEGA.

Das für Montag geplante Treffen der Finanzminister der Eurozone zur Griechenland-Krise soll zweieinhalb Stunden früher stattfinden. Die Beratungen werden nun bereits um 12.30 Uhr (MESZ) beginnen anstelle von 15.00 Uhr, wie Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem mitteilte. Für die Änderung nannte er zunächst keine Gründe. Die Ministerpräsidenten und Staatschefs der 19 Eurostaaten sollen im selben Gebäude später am Montag um 19.00 Uhr zusammenkommen.

Schulz warnt Athen vor Bruch

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) warnte indes die Regierung in Athen eindringlich vor den Folgen eines Bruches mit der Eurozone. Vor dem Hintergrund der drohenden Staatspleite des Landes sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Was nicht geht: aus dem Euro ausscheiden, seine Schulden nicht zurückzahlen, aber erwarten, dass die Mittel aus dem EU-Haushalt weiter fröhlich fließen."

SPD-Chef Sigmar Gabriel warnte vor dramatischen Folgen für Europa, wenn das Schuldendrama in Griechenland nicht gelöst werde. "Ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro wäre ein fatales Signal", sagte der Vizekanzler nach Teilnehmerangaben bei einem nicht-öffentlichen SPD-Konvent in Berlin. Der Nationalismus sei ohnehin bereits überall in Europa auf dem Vormarsch. Ein Scheitern der Verhandlungen im Schuldendrama würde diese Tendenzen verstärken.

Auch US-Finanzminister Jacob Lew warnte die Regierung in Athen vor einem Ausscheiden aus dem Euro. Ein solcher Schritt wäre mit einem "entsetzlichen Rückgang der Wirtschaftsleistung verbunden", sagte Lew im US-Fernsehsender CNN. Vor allem aber werde er die griechische Bevölkerung hart treffen. "Ich rufe alle Seiten zur Flexibilität auf", so Lew.

Kernforderungen bleiben

Die EU-Kommission hat Athen nach einem Zeitungsbericht am Donnerstag einen weiteren Fahrplan zur Einigung auf ein Reformprogramm übermittelt. In Brüssel hieß es dazu lediglich, an jenem Tag sei kein Vorschlag gemacht worden - ein generelles Dementi blieb aber aus.

An Kernforderungen hielt die Brüsseler Behörde dem Bericht zufolge fest: So solle Athen jährlich Einsparungen oder Mehreinnahmen in Höhe von 2,5 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung erzielen, das sind 4,5 Milliarden Euro. Jeweils ein Prozent (1,8 Milliarden Euro) müssen durch Strukturreformen im Rentensystem und durch höhere Mehrwertsteuereinnahmen erbracht werden.

Der Zeitplan der Kommission sieht demnach so aus: Athen übernimmt in der kommenden Woche die Eckpunkte der Gläubiger und unterlegt sie mit glaubwürdigen Reformzusagen. Danach bringt es die Reformen durchs Parlament. Bis Mitte Juli entscheiden dann die Eurostaaten, in fünf Fällen auch die Parlamente, darunter der Bundestag: über die Auszahlung von 3,7 Milliarden Euro aus dem laufenden Programm, über dessen Verlängerung bis mindestens September und eine finanzielle Aufstockung.

Griechische Banken bluten aus

Griechenland droht Ende Juni die Staatspleite, wenn bis dahin keine Übereinkunft über die Auszahlung von Hilfsgeldern in Höhe von 7,2 Milliarden Euro erzielt wird. Außerdem muss Athen bis zum 30. Juni 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlen.

Derweil bluten die von der Europäischen Zentralbank mit Notkrediten gestützten griechischen Banken weiter aus. Allein am Freitag sollen die Griechen nach Berichten der Athener Presse 1,7 bis zwei Milliarden Euro von ihren Konten abgehoben haben. Damit seien in nur einer Woche fünf Milliarden Euro aus dem Bankensystem abgeflossen, berichtete die konservative Athener Zeitung "Kathimerini".

Das griechische Schuldendrama im n-tv.de-Liveticker.

Quelle: ntv.de, bad/dpa

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