Schadenersatz für den Atomausstieg? Vattenfall setzt aufs Schiedsgericht
09.10.2016, 20:26 Uhr
Vattenfall sucht die Entscheidung in Washington: Ein Schiedsgericht soll klären, ob Deutschland Schadenersatz zahlen muss.
(Foto: picture alliance / dpa)
Im fernen Washington soll ein kleines Gremium entscheiden, ob die Bundesregierung wegen des Atomausstiegs fast fünf Milliarden Euro an den Energieversorger aus Schweden überweisen muss. Vattenfall hofft auf eine schnelle Einigung.
Ein internationales Schiedsgericht in der US-Hauptstadt Washington verhandelt ab kommender Woche über eine Klage des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall gegen Deutschland. Das Unternehmen verlangt wegen des Atomausstiegs Schadenersatz in Höhe von 4,7 Milliarden Euro. Die Summe soll als Ausgleich für den beschleunigten Atomausstieg dienen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte 2011 unter dem Eindruck der Nuklearkatastrophe in Japan eine energiepolitische Kehrtwende eingeleitet, die AKW-Laufzeitverlängerung einkassiert und den deutschen Atomausstieg beschleunigt. Dieser hatte die Abschaltung der Vattenfall-Kernkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel zur Folge, die früheren Vereinbarungen zufolge eigentlich noch jahrelang am Netz bleiben sollten.
Dem schwedischen Konzern entgingen dadurch Einnahmen aus der Stromproduktion in Milliardenhöhe. Die mündliche Verhandlung in Washington ist laut Vattenfall bis 21. Oktober terminiert. Ein Urteil erwartet das Unternehmen frühestens nächstes Jahr.
Umstrittene Schiedsgerichte
Die Verhandlungen des Schiedsgerichts dürften in Deutschland mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt werden. Denn abgesehen von etwaigen Belastungen für den Steuerzahler, die sich aus einem juristischen Sieg Vattenfalls ergeben könnten, lenkt der Streit auch Licht auf das umstrittene TTIP-Freihandelsabkommen mit den USA.
Darin spielen Schiedsgerichte eine besondere Rolle. Rechtsexperten sehen solche Verhandlungen vor sogenannten Investitionsgerichten, die außerhalb des deutschen Rechtssystems stattfinden, generell kritisch und zweifeln grundsätzlich an der Rechtmäßigkeit von abseits der Öffentlichkeit tagenden Entscheidungsgremien.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP