Wirtschaft

Skeptische Stimmen Volkswirte zum Einzelhandel

Die Deutschen lassen sich bislang von Rezession und Job-Ängsten kaum in ihren Konsumgewohnheiten beeinflussen. Ende 2009 steigt der Umsatz im deutschen Einzelhandel wieder an. Doch die Experten reagieren alles andere als zuversichtlich.

Andrang in einem Münchener Kaufhaus: "Trotz der noch moderaten Arbeitslosigkeit"

Andrang in einem Münchener Kaufhaus: "Trotz der noch moderaten Arbeitslosigkeit"

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Einzelhändler in Deutschland haben zum Jahresende wieder mehr Umsatz erwirtschaftet. Die Erlöse stiegen bereinigt um Preisveränderungen um 0,8 Prozent zum Vormonat, teilte das Statistische Bundesamt mit. Im Vorfeld befragte Analysten hatten für Dezember mit einem Anstieg in dieser Höhe gerechnet.

"Der Trend lief nicht so toll", kommentierte Commerzbank-Volkswirt Simon Junker. In seiner ersten Reaktion sagte er: "Das Jahr 2009 war für den Einzelhandel schwach. Dieser Trend wird sich in den kommenden Monaten fortsetzen." Das Weihnachtsgeschäft habe den Einzelhandel nicht gerettet, stellte der Experte fest. Der saisonübliche Umsatzanstieg im November und Dezember sei deutlich schlechter ausgefallen als im Jahr davor. "Insgesamt kann man hoffen, dass die Steuererleichterungen, die das verfügbare Einkommen erhöhen, die Situation verbessern."

Der Einzelhandel habe in den vergangenen Jahren ständig eingebüßt. "Es gibt kaum einen Grund, warum sich das ändern sollte", meinte Junker. "Tendenziell werden andere Konsumbereiche wie Dienstleistungen besser abschneiden. Grundsätzlich sollte aber auch der Einzelhandel von steigenden Einkommen profitieren."

Sein Kollege Alexander Koch von der Unicredit verwies vor allem auf die Lage am Arbeitsmarkt und die staatlichen Kaufanreize. "Auch im abgelaufenen Jahr hat der private Verbrauch in der tiefen Krise gelitten - trotz der noch moderaten Arbeitslosigkeit", stellte Koch fest. "Der Privatkonsum dürfte 2009 leicht zugelegt haben, aber nur wegen der Abwrackprämie. Das ist ein vorübergehender Effekt. Denn seit einigen Monaten gehen die Autoverkäufe deutlich zurück. Insgesamt rutschen wir mit einer Konsumrezession ins neue Jahr", warnte der Unicredit-Ökonom.

"Beim privaten Konsum werden wir 2010 ein deutliches Minus bekommen, in den nächsten Monaten wird die Arbeitslosigkeit steigen. Für den Einzelhandel sind die Aussichten nicht sehr rosig. Kurzfristig dürften die Umsätze weiter fallen, erst im späten Jahresverlauf kommt es wohl zu einer Stabilisierung."

Das Weihnachtsgeschäft wandert

"Man hätte mehr erwarten können", bestätigte Andreas Scheuerle von der Dekabank die ersten Reaktionen am Markt. "Wir sehen den Trend, dass sich das Weihnachtsgeschäft immer mehr nach hinten verlagert. Die Menschen verschenken immer mehr Gutscheine - das bedeutet, dass viele erst nach Weihnachten in die Läden gehen und wir daher einen Teil der Erlöse im Januar sehen werden."

Der Konsum sei 2009 "die ganz große Überraschung" gewesen. Das habe damit zu tun, dass sich der Arbeitsmarkt als robust erwiesen hat, erklärte Scheuerle. "Zudem sind die Tariflöhne ordentlich gestiegen, die Inflation ging zurück. Diese Kombination hat dazu geführt, dass die Haushalte für deutsche Verhältnisse ganz ordentlich konsumiert haben. Der Einzelhandel kann davon aber nur eingeschränkt profitieren, er macht nur 28 Prozent der Konsumausgaben aus."

In diesem Jahr sehes es aber schwieriger aus, hielt der Dekabank-Experte fest. "Die Impulse durch die gesunkene Inflation sind weg, die Löhne steigen nicht mehr so stark, und der Arbeitsmarkt droht sich zu verschlechtern. Das ist ein Mix, der konsumhemmend wirkt."

Quelle: ntv.de, rts

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