
Trump (re.) hat die Frist für eine Einigung mit Präsident Xi (li.) verschoben. Beendet ist der Handelskrieg damit nicht.
(Foto: REUTERS)
Seit Monaten droht Donald Trump China mit grenzenlosem Handelskrieg. Nun verschiebt er plötzlich seine eigene Deadline für einen Deal mit Peking. Das ist kein Zeichen für Entwarnung. Nur die übliche Show, mit der er sich aus der Affäre zieht.
Für alle Händler, Banker, Politiker und Bürger, die sich Sorgen wegen des Handelskriegs zwischen China und den USA machen: Rettung ist in Sicht. Zumindest will Donald Trump das der Welt weismachen: "Die USA haben substantielle Fortschritte mit China bei bedeutenden strukturellen Themen wie dem Schutz geistigen Eigentums, Technologietransfer, Landwirtschaft […] und vielen anderen Themen erzielt", twitterte der US-Präsident. "Als Ergebnis dieser produktiven Gespräche werde ich die für den 1. März geplante Erhöhung der US-Zölle verschieben. Bei weiteren Fortschritten auf beiden Seiten werden wir einen Gipfel zwischen Präsident Xi und mir in Mar-a-Lago planen, um ein Abkommen zu schließen. Ein sehr gutes Wochenende für die USA und China!"
Die Börsen feiern Trumps Tweet als Durchbruch im Handelskrieg. Chinas Aktienmärkte klettern auf den höchsten Stand seit 2015, der Dax markiert zwischenzeitlich ein Jahreshoch. Dabei ist die Planänderung alles andere als ein Zeichen für das Ende des Konflikts zwischen den USA und China. Sie ist ein Symbol für Trumps Schwäche. Und ein Omen, dass der Handelskrieg bald schlimmer als zuvor eskalieren könnte, weil Trumps Strategie reine Augenwischerei ist.
Sie beginnt stets mit Frontalattacken: China habe den USA "riesige Mengen Geld und Vermögen in total einseitigem Handel" abgeluchst, wetterte Trump Richtung Peking. Er verhängte Strafzölle von 10 Prozent auf fast die Hälfte aller chinesischen Importe und drohte, sie auf 25 Prozent zu erhöhen. Auf dem G20-Gipfel Anfang Dezember drehte er dann plötzlich bei und verkündete Verhandlungen und eine dreimonatige Waffenruhe bis Anfang März. Und nun wirft Trump seine selbstgesetzte Deadline für einen Deal mit Peking über den Haufen und stellt einen Gipfel in Aussicht, bei dem angeblich alle Probleme gelöst werden.
Trump siegt sich zu Tode
Es ist die gleiche Masche, die Trump bisher an allen Fronten seiner "America-First"-Außenpolitik anwendet. In den angeblich historischen Nuklearverhandlungen mit Nordkorea donnerte er erst, "Raketenmann" Kim Jong-Un sei "auf einer Selbstmordmission", drohte dem Land mit "Feuer und Wut" sowie "totaler Zerstörung". Nach dem Treffen mit dem nordkoreanischen Diktator in Singapur lobt Trump nun sein "großartiges Verhältnis" mit dem "Vorsitzenden", bedankt sich artig für seine "netten Briefe" und behauptet: "Nordkorea ist nicht länger eine nukleare Bedrohung." Dabei warnen seine eigenen Geheimdienstchefs, dass das Regime in Pjöngjang keinerlei Absicht hat, ihre Atombomben und Interkontinentalraketen abzugeben. Trotzdem treffen sich die beiden ab Mittwoch erneut.
Und auch Trumps Verhandlungen über Autozölle mit der EU laufen nach dem gleichen Muster: Nach fast zwei Jahren ständiger Drohungen legte er die Pläne im Sommer nach einem Besuch von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker vorerst auf Eis. Ob er sie verhängt, macht er von einem "Deal" mit der EU abhängig.
Das Schema ist ziemlich durchschaubar: Nach bombastischen Drohungen und Spitzentreffen geht der US-Präsident auf Schmusekurs zu seinen Gegnern, weil er vermeintliche Fortschritte erzielt hat. Dann folgt ein glamouröser Gipfel, um einen vorgegaukelten Sieg zu feiern - obwohl in Wahrheit nichts passiert ist.
Die Grummeldiplomatie kann nicht ewig weitergehen
Seine Vorgänger setzten auf geheime Verhandlungen hinter den Kulissen: So mussten sie sich bei Misserfolgen nicht öffentlich rechtfertigen. Trump dagegen begibt sich mit seiner Show-Strategie in die Hand seiner Gegner. Er muss immer neue Siege verkünden, um seine Inszenierung als "Dealmaker" aufrecht zu erhalten. Sein Erfolg hängt davon ab, ob seine Widersacher die Scharade mitmachen und ihm zumindest kosmetische Zugeständnisse liefern, mit denen er das Gesicht wahren kann.
Bisher sieht es eher danach aus, als ob sie Trumps Grummeldiplomatie eiskalt für sich ausnutzen: Bei den strukturellen Handelstricks, die Trump China zu Recht vorwirft, hat sich Peking keinen Millimeter bewegt: Es klaut weiter unverhohlen Patente und Technologie, diskriminiert mit seiner riesigen Bürokratie systematisch ausländische Firmen, hält mit Milliardensubventionen die Hand über seine Staatskonzerne.
Das Einzige, das Xi Jinping bisher angeboten hat, ist mehr in den USA einzukaufen. Mit genau der gleichen Karotte wedelt auch Jean-Claude Juncker Trump vor der Nase herum. Europa würde sich an seine Zusage, mehr Flüssiggas und Soja aus den USA zu kaufen, nicht mehr gebunden fühlen, sollte Trump Autozölle verhängen, teilte der EU-Kommissionschef vergangene Woche mit.
Die Gefahr ist, dass Trump - und mit ihm die Weltwirtschaft - Opfer seiner eigenen Versprechen wird. Je wilder die Drohungen, je bombastischer die Ankündigungen, desto größer das Potential für Enttäuschung: "Alles andere als ein 'Deal' und somit die Beilegung des Konflikts in den nächsten Wochen wäre wohl eine Enttäuschung für viele Investoren", warnt Börsenexperte Thomas Metzger vom Bankhaus Bauer mit Blick auf den Handelskrieg mit China. "Donald Trump ist und bleibt unberechenbar und eine abrupte Wende in den Handelsgesprächen darf nicht ausgeschlossen werden", sagte Milan Cutkovic, Marktanalyst beim Brokerhaus AxiTrader. Ewig kann Trumps Spiel jedenfalls nicht weitergehen.
Quelle: ntv.de