Analyse Bankenabgabe Wer zahlt, wer wird geschont?
22.03.2010, 17:52 UhrDes einen Freud, des anderen Leid: Die geplante deutsche Bankenabgabe wird die einzelnen Geldhäuser hierzulande höchst unterschiedlich treffen. Während Sparkassen und Volksbanken wohl aufatmen können, müssen die großen Geschäftsbanken und Landesbanken voraussichtlich stärker bluten.
Im Visier hat die Bundesregierung vor allem Institute mit riskanten Geschäften, die als eine Ursache der Finanzkrise gelten. Koalitionskreisen zufolge rechnet die Regierung aber nur mit einem jährlichen Aufkommen von rund einer Milliarde Euro und damit deutlich weniger als zunächst erwartet. "Das riecht sehr nach purem Populismus ohne echte Wirkung", kritisiert Dieter Hein, Bankenexperte bei Fairesearch.
Merck-Finck-Analyst Konrad Becker hatte zunächst für die Deutsche Bank noch mit Kosten von gut 2,2 Mrd. Euro pro Jahr gerechnet - das wäre immerhin ein Drittel des für 2010 erwarteten Vorsteuergewinns der Bank, die ohne direkte Staatshilfe ausgekommen ist. Für die teilverstaatlichte Commerzbank erwartete er eine Last von mehr als 1,2 Mrd. Euro. Nun dürfte es jeweils deutlich weniger sein.
Blick auf die Bilanzsumme
Die Koalitionsspitzen haben sich auf die Eckpunkte für eine künftige Bankenabgabe in Deutschland geeinigt. So soll ein Fonds aufgebaut werden, aus dem die Rettung künftiger Krisenfälle in der Finanzbranche bezahlt wird. Bemessungsgrundlage für die Steuer soll die Bilanzsumme der Institute sein - bereinigt um die Spareinlagen, für die es bereits einen eigenen Sicherungsfonds gibt.
"Damit sind Volksbanken und Sparkassen praktisch aus dem Schneider", sagt Finanzanalyst Hein. Die Privatkundeninstitute sind auf das Einlagen- und Kreditgeschäft fokussiert und kaum am Kapitalmarkt aktiv. Sie fordern daher seit langem, dass sie bei einer Abgabe komplett außen vor bleiben. Es müsse unterschieden werden, welche Banken die Finanzkrise verursacht hätten, sagte der Vizepräsident der bayerischen Sparkassenverbandes, Rudolf Faltermeier, am Montag. Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken wären von einer pauschalen Abgabe in ihrem Kreditgeschäft stark betroffen, argumentiert er. "Das wäre die falsche Schlussfolgerung aus der Finanzkrise."
Anders sieht die Lage bei den öffentlich-rechtlichen und genossenschaftlichen Spitzeninstituten aus, also den teils massiv staatlich gestützten Landesbanken und der DZ Bank. Diese haben kaum Kundeneinlagen und dürften daher deutlich stärker von der Abgabe betroffen sein als die Ortsbanken. Merck-Finck-Analyst Becker rechnete zuletzt für die größte deutsche Landesbank LBBW mit Belastungen von fast 700 Mio. Euro und für die BayernLB mit knapp 600 Mio. Euro. Auch diese Zahlen dürften nun klar niedriger ausfallen.
Als Grundlage für die Kalkulationen legte Analyst Becker das US-Abgabemodell zugrunde, demzufolge Finanzinstitute 0,15 Prozent ihrer Bilanzsumme zahlen müssen. Nach Schätzungen der Bundesbank und der Finanzaufsicht BaFin wären so rund neun Mrd. Euro in die Kassen des Bundes gespült worden. Betroffen wären demnach 21 Banken und zehn Versicherer mit einer Bilanzsumme von mehr als 35 Mrd. Euro.
Noch offen ist, wie lange die Banken in den Topf einzahlen müssen. "Selbst bei 20 oder 30 Jahren würde der Fonds nicht ansatzweise ausreichen, um künftige Krisen zu verhindern", kritisiert Becker. Die Rettung der Commerzbank allein hat beispielsweise fast 20 Mrd. Euro gekostet. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hält eine Beteiligung des Staates an der Finanzierung des Fonds für unabdingbar, um die notwendige Größe zu erreichen. Dies stößt aber auf erbitterten Widerstand der Bundesregierung.
Quelle: ntv.de, von Philipp Halstrick, Reuters