Krisengipfel beim Wirtschaftsminister Wirtschaft fürchtet große Ausfälle
19.04.2010, 13:36 UhrDie massiven Flugausfälle in Europa belasten die deutsche Wirtschaft täglich mit milliardenschweren Umsatzeinbußen. Bundeswirtschaftsminister Brüderle eilt deshalb zur Hilfe und will bei einem Krisentreffen mit Wirtschaftsvertretern über Auswege aus der Asche-Misere beraten.

Wirtschaftsminister Rainer Brüderle
(Foto: dpa)
Die Flugausfälle in Europa belasten die deutsche Volkswirtschaft nach Schätzung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) mit einem Umsatzausfall von einer Mrd. Euro pro Tag. Fluggesellschaften, Flughafenbetreiber, Tourismusunternehmen und zum Teil auch die Industrie können keine Geschäfte im gewohnten Umfang machen, sagte DIHK-Chefvolkswirt Volker Treier. Per Flugzeug würden Ersatzteile für Maschinen und Anlagen deutscher Hersteller transportiert. Auch viele Medikamente würden per Luftfracht geliefert. "Dringliche, verderbliche oder höherwertige Ware" könne eben nicht einfach per Lkw oder Schiff statt mit dem Flugzeug zum Kunden gebracht werden.
Zwar werden nur zwei Prozent des Welthandels mit dem Flugzeug transportiert, der Wert dieser Waren steht jedoch für 35 bis 40 Prozent aller gehandelten Güter. Für die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft bedeutet dies, dass vom gesamten internationalen Handel Waren im Wert von rund eine Mrd. Euro pro Tag nicht zu ihren Empfängern gelangen können. Viele Geschäfte könnten zwar nachgeholt werden, "aber nicht zu hundert Prozent". Je länger das Flugverbot andauerte, umso schlimmer die Auswirkungen, fasst der DIHK zusammen.
"Das kann der Konjunkturerholung einen gehörigen Dämpfer verpassen", sagte Treier. Die Commerzbank sieht dagegen in der Sperrung des Luftraums bislang nur "ein Ärgernis, aber keine größere Belastung für die Wirtschaft."
Um den Schaden für die deutsche Wirtschaft so gering wie möglich zu halten, fordert der DIHK-Chefvolkswirt, die Nachtflugverbote in Deutschland für einen begrenzten Zeitraum aufzuheben, sobald der Luftverkehr wieder freigegeben ist. "Wir haben zwei Wochen ins Gespräch gebracht." In dieser Zeit könnten Urlauber nach Hause geholt und aufgeschobene Warentransporte nachgeholt werden.
Wirtschaftsminister lädt zum Krisentreffen
Um zu beraten, wie die Belastung für die deutsche Wirtschaft so gering wie möglich bleiben, beruft Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle ein Krisentreffen mit Wirtschaftsvertretern ein. "Wir werden gemeinsam diskutieren, wie man schwerwiegende Auswirkungen vermeiden kann", erklärte der Minister. BDI-Präsident Hans-Peter Keitel habe ihm mitgeteilt, dass in vielen Branchen der Wirtschaftskreislauf bereits jetzt "erheblich gestört ist". "Die Aschewolke, die der Vulkan in Island verursacht, beeinträchtigt Wirtschaftsabläufe in erheblichem Ausmaß", beklagte der FDP-Politiker. Wenn die in der Weltwirtschaft Wertschöpfungsketten über einen längeren Zeitraum unterbrochen würden, "kommen wir in eine ernste Lage".
Neben Logistikunternehmen, Touristikunternehmen und Postdienstleistern sieht Brüderle auch andere, klassische Industriebranchen betroffen. Viele Bereiche, wie die Autoindustrie und die chemische Industrie, seien stark auf Lieferungen aus dem Ausland oder ins Ausland angewiesen, so Brüderle.
Autovermieter profitieren
Während besonders Airlines leiden, gibt es auch Profiteure der Krise - zu den größten zählen die Autovermieter. Weil die Auslastung derzeit fast 100 Prozent statt wie üblich 80 Prozent beträgt, würden kurzfristig zusätzliche Fahrzeuge bereitgestellt, sagt eine Sprecherin von Europcar. "Wir kaufen auch extra neue Fahrzeuge." Konkurrent Avis plant dies ebenfalls. Sixt hatte bereits angekündigt, die Flotte in Europa von rund 70.000 Fahrzeugen um bis zu 2000 aufzustocken.
Auch die Bahn verzeichnet deutlich mehr Reisende und setzt alle zur Verfügung stehenden Züge ein. Hotels berichten ebenfalls von einer höheren Auslastung, weil viele Reisende nicht nach Hause können.
Quelle: ntv.de, nne/DJ/AFP/rts