Zahlungsausfall droht USA fürchten nächste Krise
17.05.2011, 11:28 Uhr
Barack Obama muss drastisch sparen.
(Foto: dpa)
Die USA reißen die Schuldenlatte und dürfen sich kein frisches Geld mehr leihen. Nun rücken Notreserven und das Tafelsilber in den Blick - und es droht der Zahlungsausfall. Obama warnt bereits vor einer Rezession, die die jüngste noch übertreffen könnte.
Die USA haben am Montag die gesetzlich erlaubte Schuldengrenze erreicht und dürfen sich kein frisches Geld mehr leihen. Das Finanzministerium kann nach eigenen Angaben mit Hilfe von Sondermaßnahmen bis zum 2. August Mittel auftreiben, um Rechnungen zu bezahlen. Die Frist könne sich ändern - je nach Entwicklung von Ausgaben und Einnahmen. In den Blick rücken nun die Notreserven und das Tafelsilber. Zunächst will die Regierung ihre Einzahlungen in die staatliche Altersvorsorge stoppen, um den Haushalt zu entlasten. Die Republikaner forderten unterdessen neue Sparanstrengungen.
Wird die Schuldengrenze von derzeit 14,3 Billionen Dollar bis zum Fristablauf nicht erhöht, droht der Zahlungsausfall. Präsident Barack Obama warnte, dann könnten die USA in eine Rezession rutschen und eine Finanzkrise lostreten, die schlimmer wäre als die jüngste.
Die oppositionellen Republikaner zeigen sich zwar grundsätzlich zur Anhebung der Grenze bereit, knüpfen ihre Zustimmung aber an deutliche Ausgabenkürzungen. Das US-Defizit wird in diesem Jahr voraussichtlich auf über 1,4 Billionen Dollar steigen und noch für mehrere Jahre über der Marke von einer Billion liegen. Auch Notenbank-Chef Ben Bernanke betonte zuletzt die Gefahren für die heimischen Firmen, die noch unter dem Eindruck des Abschwungs stehen. Noch verläuft die konjunkturelle Erholung schleppend und mühsam, die Arbeitslosigkeit liegt bei neun Prozent. Die Experten der Denkfabrik Third Way sagen für den Fall eines Zahlungsausfalls eine schrumpfende Wirtschaft, den Verlust von 640.000 Arbeitsplätzen, abrutschende Börsenkurse und eine Kreditklemme voraus.
Notreserven und Tafelsilber
Eine siebenköpfige Arbeitsgruppe unter Leitung von Vizepräsident Joe Biden bemüht sich, einen Kompromiss zwischen den beiden politischen Lagern zu erzielen, der eine Zustimmung im Kongress sichert. Eine Einigung wird frühestens in Wochen erwartet. Die Gespräche dürften sich noch bis in den Juli hinziehen.
Viele konservative Republikaner wollen die von der Regierung genannte Frist gegen diese als Druckmittel einsetzen. Sie gehen nach eigenem Bekunden nicht davon aus nicht, dass ein Zahlungsausfall die Märkte erschüttern würde. Streitthemen wie das staatliche Gesundheitssystem für Ältere (Medicare) sind noch offen. Umgekehrt zeigen Obamas Demokraten bislang kein Entgegenkommen in der Steuerfrage. Sie wollen die reichen US-Amerikaner - mit einem Jahreseinkommen ab 250.000 Dollar - stärker zur Kasse bitten. Die Republikaner lehnen dies ab. Die einflussreiche demokratische Abgeordnete Nancy Pelosi schlug unterdessen Änderungen bei Medicare vor. Man müsse über alles reden und sehen, wo man sich einigen könne, sagte sie im Sender CNBC.
Bis zum Ablauf der Frist hat das Finanzministerium verschiedene Instrumente, um über die Runden zu kommen. So können Einzahlungen in staatliche Versorgungstöpfe ausgesetzt werden, wodurch viele Milliarden Dollar zusätzlich frei werden. Geld abzapfen kann die Regierung aus bestimmten Sonderfonds, oder sie nimmt durch den Verkauf von Unternehmensbeteiligungen frisches Kapital ein.
Geithner setzt Investitionen aus

Geithner versucht zu beschwichtigen.
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Damit die USA weiter ihre Rechnungen zahlen können, setzte Finanzminister Geithner am Montag vorerst neue Investitionen in staatliche Beamtenpensions- und Sozialfonds aus. Ist die Schuldengrenze erst einmal angehoben, würden die Mittel nachgeliefert, sagt er. Ruheständler hätten nichts zu fürchten.
Experten mutmaßen, dass das Ministerium noch weitere Asse im Ärmel hat. Schon 1995 und 1996 riss die Regierung die Schuldenlatte, als sich Präsident Bill Clinton und die Republikaner über die Staatsausgaben in den Haaren lagen. "Die Regierung hat schon in der Vergangenheit kreative Wege gefunden, die Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden", schreibt das "Wall Street Journal". So könnte für eine längere Periode die Ausgabe bestimmter Schuldtitel ausgesetzt werden.
Doch sind die Warnungen vor einem Spiel mit dem Feuer unüberhörbar. Notenbankchef Bernanke mahnt schon seit längerem, die Schuldenobergrenze sei "keine Verhandlungsmasse". Komme keine Einigung zustande, "wird der Anleihemarkt übel reagieren, und die Frage ist dabei - wie übel", sagte der Chefökonom der Ratingagentur Standard&Poor's (S&P), David Wyss, dem "Wall Street Journal".
Einen Warnschuss gab S&P bereits ab: Vergangenen Monat stellte die Firma die Kreditwürdigkeit der USA infrage. Sie werde deren Bonität zwar weiter mit der Bestnote "AAA" bewerten. Jedoch senkte sie den Ausblick für die langfristige Beurteilung von "stabil" auf "negativ". Damit droht in den kommenden zwei Jahren eine Herabstufung - mit einer Wahrscheinlichkeit von 33 Prozent.
Quelle: ntv.de, rts/dpa