Massive Finanzierungsprobleme KfW-Chef warnt die Banken
15.06.2011, 14:05 Uhr
Vorstandsvorsitzender der KfW-Bankengruppe: Ulrich Schröder (Archivbild).
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Die Lage am Kapitalmarkt stellt nicht nur Länder wie Griechenland oder Portugal vor ernste Schwierigkeiten. Weil das Vertrauen der Anleger fehlt, rechnet der Chef der staatlichen Förderbank KfW im deutschen Bankensektor mit Problemen bei der mittel- bis langfristigen Finanzierung. In Frankreich rüttelt die Ratingagentur Moody's die Anleger wach.

In "La Defence", dem Finanzviertel der französischen Hauptstadt, wackeln die Ratingnoten.
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Der deutschen Bankenbranche drohen nach Auffassung des Chefs der staatlichen Förderbank KfW, Ulrich Schröder, massive Finanzierungsprobleme. Während die von Unternehmen nachgefragten Kredite immer stärker langfristiger Natur seien, fehle es bei den Banken, so Schröder, zunehmend an mittel- und langfristigen Refinanzierungsmöglichkeiten. "Es ist heute fast unmöglich für eine Bank, eine mittel- und langfristige unbesicherte Finanzierung im Kapitalmarkt aufnehmen", erklärte der KfW-Chef. Wenn das nicht gehe und die neuen Eigenkapitalregeln für Banken (Basel III) die Möglichkeit zu einer nicht fristengemäßen Refinanzierung ausschlössen, stelle sich die Frage, wie der Bedarf gedeckt werden könne.
"Die Frage, wie kriegen wir die langfristige Finanzierung der Banken wieder hin, ist aus meiner Sicht die entscheidende Frage des Bankensektors", sagte Schröder. Die KfW könne und wolle nicht die Lösung dieses Problems sein, stellte er klar. Sein Institut habe zwar unbegrenzt Zugang zum Kapitalmarkt und könne dort somit nahezu unbegrenzt Mittel aufnehmen. Die KfW könne aber nicht die gesamte Refinanzierungsbasis des deutschen Bankenmarktes ersetzen: "Hier gibt es ein Strukturproblem."
Woher kommt das Geld?
Dabei geht es nach seinen Worten zum Beispiel auch um so gewichtige Investitionsvorhaben wie die geplante Energiewende und deren Finanzierung am Kapitalmarkt. Deren Kosten veranschlagen laut Schröder die Volkswirte seines Hauses auf rund 25 Mrd. Euro pro Jahr. Bei der KfW gebe es schon etliche Förder-Programme im Bereich Klimaschutz/Erneuerbare Energien. Mit der Bundesregierung liefen Gespräche über weitere. Ein neues Programm zum Ausbau der Offshore-Windenergie sei abgesprochen und habe ein Volumen von 5 Mrd. Euro.
Abschließende Antworten auf das Problem fehlender mittel- und langfristiger Finanzierungsquellen für die Banken sieht Schröder derzeit nicht. Allerdings dürften drei Aspekte dabei eine Rolle spielen. So rechnet Schröder mit einer Zunahme von Unternehmensanleihen, also einer Umgehung von Banken bei der Mittelbeschaffung. Zum zweiten werde die Besicherung über Pfandbriefe diesem Instrument wieder Impulse geben. Schließlich werde man eine Belebung des Verbriefungsmarktes bekommen. Das eigentliche Problem sei aber das Vertrauen der Investoren. Und das könne nur Schritt für Schritt wiederaufgebaut werden, auch mit kluger Regulierung.
Moody's warnt Pariser Banken
Im französischen Finanzsektor sorgte unterdessen eine Warnung der Ratingagentur Moody's für Unruhe. Wegen der Schuldenkrise in Griechenland drohen drei französischen Großbanken schlechtere Bonitätsnoten von Moody's. Die Ratingagentur teilte mit, die Bewertungen der Institute BNP Paribas, Societe Generale und Credit Agricole auf eine Herabstufung zu prüfen. Ähnliche Schritte für andere Banken mit direktem Engagement in Griechenland könnten in den kommenden Wochen folgen, kündigten die Moody's-Experten zugleich an. Sie wollen generell die Risiken eines Zahlungsausfalls des Euro-Landes für die Ratings von Geldhäusern in der Eurozone in Betracht ziehen.
Laut Moody's drohen Credit Agricole und BNP Rating-Senkungen um je eine Notenstufe, bei Societe Generale könnten es sogar zwei sein. Die Banken seien in Griechenland entweder direkt oder über Tochtergesellschaften engagiert. Sie hielten griechische Staatsanleihen und hätten Kredite an dortige Unternehmen vergeben.
Während die Warnung der Ratingagentur Moody's bezüglich Credit Agricole durchaus gerechtfertigt sei, stimmen die Analysten des Versicherungskonzerns ING im Fall von BNP Paribas und Societe Generale "nicht ganz mit den Aussagen von Moody's überein". Zwar verfüge Credit Agricole nur über ein "begrenztes Exposure" in den Peripherie-Staaten der Eurozone, allerdings sei der Kreditbestand von 21,1 Mrd. Euro bei der griechischen Tochter Emporiki ein "möglicher Stresspunkt".
In Bezug auf die beiden anderen Institute müsse man sich aber deutlich weniger Sorgen machen, vor allem wenn man über Griechenland-Engagements hinaus nach Portugal und Irland schaue, hieß es von der ING weiter.
Quelle: ntv.de, DJ/rts