Preisabsprachen in großem Stil? Gazprom wehrt sich
28.09.2011, 17:25 Uhr
Deutschland ist Großabnehmer von russischem Gas.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Gazprom könnte es bald an den Kragen gehen - und mit dem russischen Gasriesen auch weiteren Konzernen, darunter beispielsweise Eon und RWE. Die EU-Kommission geht im Gasmarkt dem Verdacht des Machtmissbrauchs und überteuerter Preise nach. Ermittelt wird auch wegen möglicher Marktaufteilungen. Razzien in diversen Konzernbüros sind erst der Anfang. Gazprom reagiert.
Der russische Branchenriese Gazprom wehrt sich gegen den Verdacht der Manipulation des Gasmarktes in Europa. Gazprom habe stets auf die Einhaltung aller Wettbewerbsregeln geachtet, erklärte der Konzern. Am Dienstag hatten Fahnder von EU und nationalen Behörden mit Razzien bei Gazprom und weiteren Energieversorgern begonnen, darunter auch den deutschen Konzernen Eon und RWE.
Die Firmen stehen im Verdacht, Wettbewerbsregeln missachtet oder zumindest von Wettbewerbsbeschränkungen gewusst zu haben. Sie könnten zum Beispiel Mitbewerbern den Zugang zu ihren Pipelines erschwert oder zu hohe Preise gefordert haben, auch Absprachen zur Aufteilung von Märkten seien denkbar, hieß es in einer Kommissionsmitteilung, die keine der betroffenen Firmen nannte. Als betroffene Gebiete nannte sie "mittel- und osteuropäische" EU-Länder. Nach inoffiziellen Angaben aus EU-Kreisen steht Gazprom im Zentrum der Ermittlungen.
Razzien in mehreren Ländern
Ein Sprecher in der tschechischen RWE-Niederlassung sagte, dass der Verdacht der EU-Fahnder "den möglichen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung auf dem europäischen Markt der Gesellschaft Gazprom" betreffe. Gazprom selbst bestätigte Razzien in Büros in mehreren Ländern, darunter Deutschland und Tschechien. Nach Informationen aus Brüsseler Kreisen steht Gazprom im Verdacht, mit anderen Firmen Märkte aufgeteilt zu haben. Nach Berichten litauischer Medien wurde auch die litauische Lietuvos Dujos durchsucht, an der Gazprom gut 37 Prozent der Anteile hält. Litauen hatte im Januar in Brüssel gegen Gazprom Beschwerde wegen Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung in dem baltischen Land erhoben.
Die Kommission nannte die betroffenen Unternehmen wie gewöhnlich nicht und betonte, dass noch keine Beweise vorlägen. Ein Sprecher von Eon-Ruhrgas sagte, "dass in unserem Hause Voruntersuchungen der EU-Kommission gelaufen sind". Eon unterstütze die Behörde bei ihrer Arbeit. Auch ein RWE-Sprecher bestätigte, dass es Durchsuchungen am Sitz in Deutschland sowie in Tschechien gegeben habe. Das Unternehmen kooperiere mit den Ermittlern, sagte er. Auch der österreichische Marktführer OMV, der das Konsortium zum Bau der Nabucco-Gaspipeline führt, bestätigte eine Prüfung.
Russland und Norwegen wichtig
In Deutschland wurde im vergangenen Jahr Gas mit dem Energiegehalt von rund 3,7 Millionen Terajoule verbraucht. Die Inlandsgewinnung und Exporte halten sich in etwa die Waage, wie aus Daten des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle hervorgeht. Die wichtigsten Lieferanten sind demnach Russland und Norwegen.
Terajoule geben den Energiegehalt an; Gas wird auch in Kubikmetern gemessen. Der Energiegehalt von Gas aus verschiedenen Fördergebieten ist unterschiedlich.
Quelle: ntv.de, AFP