Wirtschaft

Ambitionierte Prognose Siemens wird skeptischer

Europas größter Technologiekonzern Siemens schlägt angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation merklich vorsichtigere Töne an. Die im November gesteckten Ziele zu Umsatz und Ergebnis im laufenden Geschäftsjahr werden jedenfalls wohl kein Selbstläufer, sagt Finanzchef Kaeser.

Siemens-Finanzvorstand Joe Klaeser.

Siemens-Finanzvorstand Joe Klaeser.

(Foto: REUTERS)

Siemens stimmt Investoren auf schwierigere Zeiten ein. "Die Ergebnisprognose zu erfüllen, wird ganz harte Arbeit", sagte Finanzchef Joe Kaeser dem "Wall Street Journal Deutschland". Die Prognose sei sehr ambitioniert, der Gegenwind sei rauer geworden."

Für das im Oktober begonnene Geschäftsjahr 2011/12 hat der Technologiekonzern bislang einen stagnierenden operativen Gewinn von sechs Mrd. Euro in Aussicht gestellt. Der Jahresumsatz soll demnach um bis zu fünf Prozent zulegen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hatte er bei 73,5 Mrd. Euro steigen.

Kaeser hat nun offenbar Bauchschmerzen mit dieser Prognose. Die Schuldenkrise verunsichere die Kunden und bremse Investitionen. "Ich habe schon vor Monaten gesagt, dass diese Schuldenkrise und die dadurch ausgelösten Unsicherheiten die Weltwirtschaft beeinflussen werden", sagte Kaeser. "Denn Unternehmen, die nicht wissen, ob sie morgen noch einen Kredit bekommen, werden nicht investieren".

Keine Rezession erwartet

An der Börse kam der schwindende Optimismus schlecht an: Die Siemens-Aktie gehörte zu den wenigen Verlierern im deutschen Leitindex Dax. "Die vorsichtigen Töne des Finanzchefs machen natürlich alles andere als Mut", sagte ein Börsianer. "Das klingt nach einem Einstimmen auf ein schwieriges Jahr." Die Aktien der Siemens-Konkurrenten ABB und Alstom tendierten ebenfalls im Minus.

Kaeser zufolge steht die Weltwirtschaft zwar vor einem schwierigen ersten Halbjahr. Eine weltweite Rezession erwartet er aber nicht. Selbst bei einer weiteren Verschärfung der europäischen Schuldenkrise rechnet er nicht mit einem ganz großen Einbruch.

Die politische Antwort auf die Schuldenkrise in Europa habe kein Vertrauen in das Weltfinanzsystem gebracht. Das werde sich bis zur Jahresmitte bemerkbar machen und für eine klare Zurückhaltung der Industrie bei Investitionen sorgen - auch "bei Kunden aus dem Mittelstand und der Großindustrie, zum Beispiel der Automobilindustrie". Für das zweite Halbjahr rechne er aber damit, dass globale Wirtschaft wieder Fahrt aufnehme.

Kaesers Einschätzung deckt sich mit den Prognosen der vieler Experten. Nach Einschätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) werden die Exportmärkte ihrer Mitgliedsländer im laufenden Jahr deutlich langsamer wachsen als zuvor. Für 2012 prognostiziert die OECD derzeit ein Wachstum von 4,6 Prozent. 2011 war noch ein Wachstum von 6,5 Prozent verzeichnet worden.

Hoffen auf China

Siemens' Geschäftsentwicklung hängt nicht unwesentlich von der Entwicklung der Weltwirtschaft ab. Der Technologiekonzern erwirtschaftet mittlerweile den überwiegenden Teil seines jährlichen Umsatzes von fast 75 Mrd. Euro außerhalb Deutschlands. Eine schwächere Nachfrage im Auslandsgeschäft schlägt sich in einigen Bereichen direkt in den Geschäftszahlen nieder.

Die Auftragslage werde trotz gut gefüllter Orderbücher schwieriger, betonte Kaeser im Vorfeld einer Investorenkonferenz. "Das wird Siemens natürlich im ersten und zweiten Quartal spüren", fügte er hinzu. "Im zweiten Halbjahr 2012 gehen wir von einem deutlichen Anziehen der industriellen Nachfrage aus."

Schwellenländer und die USA könnten im zweiten Halbjahr 2012 dafür sorgen, dass sich die Weltwirtschaft deutlich erhole, prognostizierte Kaeser. Gerade die Aussichten Chinas stuft der Siemens-Finanzchef positiv ein: "Ich bin zuversichtlich, dass China ein Motor der Weltwirtschaft bleibt. Das Land ist wirtschaftlich in bestechender Form".

Quelle: ntv.de, jga/rts/DJ

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