Auf einsamem Posten bei der EZB Weidmann erwog Rücktritt
31.08.2012, 10:05 Uhr
Wollte Jens Weidmann das Handtuch werfen?
(Foto: dapd)
Der Streit um die richtigen Antworten von Europas Währungshütern auf die Schuldenkrise tobt seit Monaten. Bundesbank-Präsident Weidmann macht aus seiner Kritik am Kurs der EZB keinen Hehl. Nun soll er angeblich wie sein Vorgänger Weber an Rücktritt gedacht haben.
Im Streit um den Kurs der Europäischen Zentralbank in der Euro-Schuldenkrise hat Bundesbank-Präsident Jens Weidmann angeblich mehrfach einen Rücktritt erwogen. Die "Bild"-Zeitung berichtet, Deutschlands oberster Währungshüter habe einen solchen Schritt mit der Bundesbank-Spitze erörtert, sich aber letztlich auch auf Drängen der Bundesregierung dagegen entschieden.
In hochrangigen Bundesbankkreisen hieß es dazu: "Derlei Gespräche fanden nicht statt. Weidmann ist auch kein Typ für einen Rücktritt." Eine Sprecherin der Bundesbank wollte den Bericht nicht kommentieren.
Weidmann hatte in einem Interview auf die Frage nach einem möglichen Rücktritt geantwortet: "Ich kann meiner Aufgabe am besten gerecht werden, wenn ich im Amt bleibe. Ich will dafür arbeiten, dass der Euro genauso hart bleibt, wie die Mark es war."
Bundesbanker zwischen allen Stühlen
Der Bundesbank-Präsident wehrt sich vehement dagegen, dass die EZB im Kampf gegen die Schuldenkrise weitere Staatsanleihen von Krisenstaaten wie Spanien und Italien kauft. Nach seiner Überzeugung verstößt die Notenbank damit gegen das Verbot der Staatsfinanzierung mit Hilfe der Notenpresse. Mit dieser Haltung steht Weidmann im obersten Entscheidungsgremium der EZB, dem Rat, im Grunde alleine da.
EZB-Chef Mario Draghi hatte jüngst angekündigt, im Rahmen seines Mandats alles zum Erhalt des Euro zu tun. Zugleich stellte er ein Anleihenankaufprogramm für Schuldenstaaten in Aussicht, die sich unter den Euro-Rettungsschirm begeben und sich im Gegenzug zu Reformen verpflichten. Weidmann hatte den Kurs massiv kritisiert und im "Spiegel" davor gewarnt, dass eine solche Hilfe "wie eine Droge" zur Abhängigkeit der Schuldenländer führen könne. Zudem sieht der oberste Notenbanker Deutschlands die Gefahr, dass die Retter-Rolle der EZB in der Eurokrise die Zentralbank in Konflikt mit ihrer wichtigsten Aufgabe bringen würde, die Preise stabil zu halten.
Abgang von Weber und Stark
Weidmanns Vorgänger Axel Weber und EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark hatten ihre Ämter im Streit um den geldpolitischen Kurs der EZB niedergelegt. Auch Weidmann, zuvor Wirtschaftsberater von Kanzlerin Angela Merkel, setzt sich seit seinem Amtsantritt im Mai 2011 für eine klare Trennung von Geld- und Fiskalpolitik ein. Die EZB hat vor allem den Auftrag, die Inflation im Zaum zu halten und so für stabile Preise in den inzwischen 17 Staaten mit der Gemeinschaftswährung Euro zu sorgen.
EZB-Präsident Mario Draghi betonte dagegen in einem Gastbeitrag für die Wochenzeitung "Die Zeit", Angst und Irrationalität an den Kapitalmärkten mit entsprechenden Folgen erforderten außergewöhnliche Maßnahmen. Die EZB bereitet ein neues Aufkaufprogramm für Staatsanleihen vor. So sollen die Zinslasten für Krisenstaaten gedrückt werden. Details des Programms werden bei der nächsten EZB-Sitzung am Donnerstag (6.9.) erwartet.
Quelle: ntv.de, nne/sla/rts/dpa