Fusion mit den Franzosen? GM denkt über Opel nach
12.10.2012, 21:03 Uhr
Bei Opel ringen Manager und Gewerkschafter um die Zukunft des traditionsreichen Autobauers. Die IG Metall will eine längere Sicherung der Standorte erreichen. Der Mutterkonzern aus den USA arbeitet unterdessen angeblich auf eine Zwangshochzeit hin: Opel soll enger an Peugeot und Citroën heranrücken.
Mitten in den laufenden Sanierungsverhandlungen bei Opel sorgen neue Gerüchte über eine angebliche Zwangshochzeit mit den französischen Autobauern Peugeot und Citroën in den Reihen der Belegschaft für Unruhe. Es gebe Geheimverhandlungen zwischen dem Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) und der Führung von PSA Peugeot Citroën, berichtete die französische Wirtschaftsnachrichtenseite "La Tribune" ohne Quellenangabe.
Eine Entscheidung könnte bis Ende des Jahres fallen, hieß es. Der französische Automobilkonzern PSA steckt wie Opel in einer tiefen Krise. PSA wollte zu dem Bericht zunächst keine Stellungnahme abgeben. "Wir kommentieren keine Gerüchte", sagte ein Sprecher in Paris. Weiteren unbestätigten Angaben zufolge zieht der Opel-Mutterkonzern dabei auch ernsthaft eine Fusion des deutschen Herstellers mit der Autosparte von PSA in Erwägung.
Mehrere Vorschläge seien in der Diskussion, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters eine nicht näher bezeichnete Quelle aus dem Umfeld der beteiligten Unternehmen. Die genannten Vorschläge hätten unter anderem auch einen Verkauf von Opel an Peugeot, den Kauf der Automobilsparte der Franzosen oder der Zusammenschluss aller Sparten in eine neue Gesellschaft eingeschlossen, hieß es. Ziel seien Kostensparungen. Die Beratungen befänden sich aber noch im Anfangsstadium.
Das Opel-Management wollte sich dazu nicht äußern. Der Gesamtbetriebsratschef der Rüsselsheimer, Wolfgang Schäfer-Klug, sagte dagegen der "Allgemeinen Zeitung Mainz": "Ich kann dies nach meinen Kenntnissen nicht bestätigen. Ein solcher Zusammenschluss macht auch überhaupt keinen Sinn für Opel." Erst im September hatte es in Branchenkreisen geheißen, dass sich GM ausgesprochen habe. Vor dem Hintergrund der neuen Gerüchte gaben die GM-Aktien im New Yorker Börsenhandel zeitweise rund ein Prozent ab. Das Peugeot-Papier legte 2,3 Prozent zu.
Nach Angaben von "La Tribune" sieht der derzeit diskutierte Projektplan vor, Opel und die Autobausparte des PSA-Konzerns in einer neuen Gesellschaft zu bündeln. Er sei bislang allerdings noch nicht dem Aufsichtsrat vorgelegt worden. GM und PSA waren Ende Februar eine Allianz eingegangen, um die Kosten zu drücken. Die Zielvorgabe lautete, zusammen jährlich zwei Milliarden Dollar einzusparen. Im März kaufte GM für 320 Mio. Euro einen siebenprozentigen Anteil an dem französischen Konzern, dessen Anteilscheine seitdem deutlich an Wert verloren.
Bislang waren lediglich eine Kooperation beim Einkauf und gemeinsame Plattformen geplant. Sowohl die PSA-Marken Peugeot und Citroën als auch Opel leiden sehr stark unter der Absatzkrise in Europa, weil sie anders als andere Autobauer von ihren Märkten in Europa abhängig sind. Die Folge sind kostspielige Überkapazitäten. Opel hat seit Jahresanfang mehr als eine halbe Milliarde Dollar Verlust angehäuft. Zuletzt ordnete die GM-Tochter Kurzarbeit an. Wegen der hohen Arbeitslosigkeit in Südeuropa verkauft das Unternehmen dort kaum noch Autos. In Deutschland sinkt der Marktanteil.
Der Betriebsrat nennt Termine
Unterdessen gehen die Verhandlungen über die Zukunft der vier deutschen Opel-Werke auf die Zielgerade. "Wir wollen bis zum 26. Oktober zu einem Ergebnis kommen", sagte der Bochumer Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel. Dabei pochen Betriebsrat und IG Metall auf langfristige Zusagen des Autobauers.
Fünf Tage nach diesem Termin will GM seine mit Spannung erwarteten Geschäftszahlen für das dritte Quartal vorlegen. Der 31. Oktober ist außerdem der letztmögliche Termin, bis zu dem die Opel-Geschäftsführung die Auszahlung der branchenweit ausgehandelten 4,3-prozentigen Lohnerhöhung stunden kann. Gibt es bis dahin keine Einigung, muss gezahlt werden. Die Unternehmensseite steht daher unter Zeitdruck.
Das Management war im Juni mit dem Angebot in die Gespräche gegangen, die Sicherung der vier deutschen Standorte um zwei Jahre bis 2016 zu verlängern. Im Gegenzug soll über Kostensenkungen und ein Wachstumskonzept bis 2022 diskutiert werden, das neben neuen Modellen und Motoren auch etwa die Fertigung markenfremder Modelle wie Chevrolets in den Opel-Werken vorsieht.
Job-Garantie bis 2016?
Nach einer vor dem Wochenende verteilten internen Mitteilung wollen die Arbeitnehmer Standortschließungen nun über 2016 hinaus ausschließen. Einenkel forderte, auch der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen müsse über dieses Datum hinaus vereinbart werden: "Alles andere ist für mich nicht akzeptabel."
Bei Opel wird angesichts von teuren Überkapazitäten immer wieder über das Aus des Werks Bochum spekuliert. Das Unternehmen war mit der Ankündigung in die Verhandlungen gestartet, nach dem Auslaufen der aktuellen Zafira-Generation möglicherweise keine weiteren Modelle mehr in Bochum vom Band laufen zu lassen. Damit wäre das Aus der 50 Jahre alten Fabrik im Ruhrgebiet besiegelt.
Der Betriebsrat hatte die Opel-Mutter General Motors bereits mehrfach gewarnt: "Die Schließung des Opel-Werkes Bochum wäre für GM die teuerste Werksschließung aller Zeiten." Inzwischen wird eine Einigung nicht ausgeschlossen, die das Überleben des Bochumer Werks doch noch ermöglicht.
Quelle: ntv.de, dpa/rts