Ackermann holt die Bücher raus Deutsche Bank im Rampenlicht
26.04.2010, 14:00 UhrIm Frühjahr 2010 verbuchen nicht nur Wall-Street-Größen wieder Milliardengewinne. Auch bei der Deutschen Bank rechnet der Markt mit reichlich Sonnenschein. Analysten erhoffen sich außerdem neue Hinweise auf den Umgang mit den zahlreichen offenen Baustellen.
Wenn die Deutsche Bank ihren Bericht zum Auftaktquartal 2010 vorlegt, werden Analysten und Marktstrategen genauer hinschauen: Immerhin zählt das Haus zu den wichtigsten Adressen der europäischen Finanzbranche. Die Deutsche Bank hat ihren Bericht über den Geschäftsverlauf in den ersten drei Monaten 2010 für Dienstag, den 27. April angekündigt.
Im Vorfeld befragte Analysten trauen dem Haus im Durchschnitt der Prognosen ein Ergebnis von fast zwei Milliarden Euro vor Steuern zu. Damit läge Deutschlands größte Bank beim Vorsteuergewinn etwa zehn Prozent über dem Q1-Niveau des Vorjahres.
Für das Gesamtjahr äußerten sich die Analysten mit einem erwarteten Vorsteuergewinn von 6,3 Mrd. Euro allerdings etwas vorsichtiger als noch im Februar. An die zehn Milliarden Euro, die die Bank nach den Vorstellungen von Vorstandschef Josef Ackermann 2011 vor Steuern verdienen will, glaubt keiner der hier befragten Experten. Im Schnitt halten sie 7,5 Mrd. Euro für möglich.
Nach einem starken Auftakt im Januar hatte das Geschäft der Bank im Februar nach Aussagen von Analysten etwas an Fahrt verloren. Deutsche-Bank-Finanzchef Stefan Krause soll bei einem Treffen mit den Experten angedeutet haben, dass sich die Entwicklung nach einem sehr starken Januar normalisiert habe. "Dies bestätigt unsere Einschätzung, dass wir keinen Rekordgewinn im ersten Quartal sehen werden, aber ein sehr solides Ergebnis", hatte Matthias Dürr von der DZ Bank dazu festgestellt. Im Vergleich zum außergewöhnlich gut verlaufenen ersten Quartal 2009 sei eine Normalisierung im Februar 2010 nicht beunruhigend, sagte Georg Kanders von der WestLB.
Hält Ackermanns Zuversicht?

Aufrecht unter Kollegen: Josef Ackermann bei einer Veranstaltung Ende März in Zürich.
(Foto: REUTERS)
Bei der Bilanzpressekonferenz hatte Bankchef Ackermann erklärt, ein guter Start im Januar mache ihn zuversichtlich für den Verlauf des gesamten Jahres. Grund für die rasche Erholung nach der schwersten Finanzkrise seit Jahrzehnten war das Anleihegeschäft dank des akuten Finanzbedarfs klammer Staaten und Firmen. Genau diese Abhängigkeit vom Investmentbanking, das deutlich riskanter ist als etwa das Privat- und Firmenkundengeschäft, bereitete den Analysten Sorgen. Dass Ackermann wie geplant den Vorsteuergewinn bis 2011 auf zehn Milliarden Euro verdoppeln kann, wird seit längerem am Markt bezweifelt.
Als positiv hatten die Experten eine Aussagen von Ackermanns Finanzchef bewertet, dass es im laufenden Jahr zu deutlich weniger Belastungen aus der Finanzkrise komme und dass das Engagement der Deutschen Bank im schuldengeplagten Griechenland "sehr limitiert" sei.
Werde es aber in Folge eines möglichen Bankrotts von Griechenland zu Problemen in anderen Staaten wie Spanien oder Italien kommen, könne sich dem auch die Deutsche Bank nicht entziehen, hieß es dazu in einer Kurzstudie der DZ Bank. Abgesehen von den Gewinnzielen werden die Analysten damit notgedrungen auch wieder viel Aufmerksamkeit auf das Thema Risikovorsorge legen müssen.
Plan "P" für Postbank

Gefragter Gesprächspartner: Finanzchef Stefan Krause (rechts) bei der Bilanzpressekonferenz Anfang Februar.
(Foto: picture alliance / dpa)
Auch zum weiteren Vorgehen bei der Postbank erhoffen sich Beobachter weitere Aussagen. Gerüchte um eine bevorstehende Kapitalerhöhung zur vollständigen Übernahme der Postbank hatten die Aktien der Deutschen Bank Händlern zufolge zeitweise belastet. "In einem Internetforum wird offenbar wieder aufgeheizt, dass die Deutsche Bank zur Übernahme der Postbank eine Kapitalerhöhung plant", hatte ein Börsianer Ende vergangener Woche unter Hinweis auf eine offensichtlich fragwürdige Quelle berichtet. "Es geht rum, dass die 36 bis 37 Euro je Stück zahlen wollen." Postbank-Aktien stiegen im MDax zeitweise bis auf 26,39 Euro. Deutsche Bank und Postbank lehnten eine Stellungnahme dazu ab.
Bereits in den Tagen zuvor waren immer wieder Spekulationen über eine baldige Komplettübernahme der Postbank durch die Deutsche Bank aufgekommen. Zuletzt hatte ein Zeitungsbericht über die bevorstehende Zusammenlegung der Informationstechnologie der beiden Konzerne die Gerüchteküche neu angeheizt. Ein solcher Schritt werde als Vorbereitung auf eine möglicherweise bevorstehende Mehrheitsübernahme gesehen, hatten Händler die Nachricht kommentiert.
Wie das "Handelsblatt" Mitte vergangener Woche berichtete, arbeiten die beiden Häuser mit Hochdruck am Aufbau einer gemeinsamen IT-Infrastruktur. Deutsche-Bank-Privatkundenvorstand Rainer Neske solle dafür ein Budget von rund 300 Mio. Euro zur Verfügung haben, schrieb die Zeitung. Aus Finanzkreisen hieß es dazu, bei den beiden Instituten werde grundsätzlich darüber nachgedacht, wie die künftige IT-Struktur aussehen könne und wie Kosten gespart werden könnten
Ein Korb voller Neukunden
Noch gebe es aber keine konkreten Schritte zur Zusammenlegung von Systemen. Dies solle erst im Rahmen der Integration nach einer Mehrheitsübernahme angegangen werden, war aus dem Umfeld der Banken zu vernehmen. Sowohl Postbank als auch Deutsche Bank arbeiten bei der Umsetzung ihrer technischen Prozesse mit dem Softwarekonzern SAP zusammen.

Fassadenspiele in Frankfurt: Die Gerüchte um eine Kapitalmaßnahme reißen nicht ab.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Deutsche Bank hält an der Postbank derzeit knapp 30 Prozent und hat die Option, ab Februar 2012 die Mehrheit zu übernehmen. Um die vergleichsweise schwach kapitalisierte Postbank mit ihren rund 14 Millionen Privatkunden dann zu konsolidieren, braucht die Deutsche Bank nach Einschätzung von Experten eine Kapitalerhöhung, da ihr vorhandenes Eigenkapital nicht ausreicht.
Finanzanalyst Olaf Kayser von der LBBW rechnete in diesem Fall mit einer Aufstockung des Kapitals um zwei bis drei Milliarden Euro. Eine kurz bevorstehende Mehrheitsübernahme erwartete er aber nicht. "Ich gehe davon aus, dass das Ende des Jahres passiert, die Postbank muss erst noch Risiken abbauen. Vorher wird es auch keine Kapitalerhöhung geben, weil das die Spekulationen unnötig anheizen würde", erklärte Kayser.
Die Postbank war in Folge der Finanzkrise in die roten Zahlen gerutscht, weil ihr ein Portfolio mit riskanten Papieren hohe Abschreibungen eingebrockt hatte. 2009 stand ein Verlust vor Steuern von knapp 400 Mio. Euro in der Bilanz. 2010 strebt die bisherige Post-Tochter wieder Gewinne an. Die Deutsche Bank verdiente bereits im vergangenen wieder prächtig: Der Gewinn 2009 belief sich auf fünf Milliarden Euro netto.
Ärger mit den Ungarn
Ungemach von ganz anderer Seite tritt im Zuge der Krisenaufarbeitung an die Deutsche Bank heran. Wegen umstrittener Devisengeschäfte sieht sich die Bank seit kurzem mit einer Geldstrafe der ungarischen Finanzmarktaufsicht konfrontiert. Die Behörde hat die Bank Mitte April mit einer Strafe von 90 Mio. Forint (rund 330.000 Euro) belegt. Sie wirft der Deutschen Bank London vor, durch ihren Forint-Handel Mitte Oktober 2008 die ungarische Währung geschwächt zu haben. Ungarn stand damals am Rande eines finanziellen Zusammenbruchs und war das erste EU-Land, dass um Hilfen des Internationalen Währungsfonds und der EU nachsuchte.
Die Niederlassung in London stand auch im Zentrum schwerer Vorwürfe von Anfang März. Einem Bericht des "Spiegel" zufolge soll die Londoner Filiale des Frankfurter Bankhauses 2003 für Griechenland "ein legales, aber äußerst fragwürdiges Geschäft" konstruiert haben. Es gehe um einen Kredit in einem Waffengeschäft, mit dem das Land "Schuldenkosmetik" betrieben habe, hieß es. Die Deutsche Bank wies die Vorwürfe umgehend zurück. "Wir weisen den Vorwurf der Fragwürdigkeit zurück", hatte ein Bank-Sprecher betont. Es habe sich um eine ganz normale Warenfinanzierung gehandelt.
Hinsichtlich der Geldstrafe aus Budapest teilte Deutsche Bank nun mit, sie folge der Auffassung der Marktaufsicht nicht. Gegen die Strafe kann das Institut innerhalb von 30 Tagen Berufung einlegen. "Die Bank wird ihre Optionen prüfen", sagte ein Deutsche-Bank-Sprecher. Die Frist läuft bis Mitte Mai.
Der Forint hatte am 15. Oktober 2008 gegenüber dem Euro rund sieben Prozent an Wert verloren - einer der größten an einem Tag je gemessenen Kursverluste. Die ungarische Marktaufsicht erklärte, die Transaktionen der Deutschen Bank hätten in einer sensiblen Phase für den Markt stattgefunden. Die Tatsache, dass das Institut bei der Untersuchung kooperiert habe und aus den Transaktionen keinen Gewinn erzielt hatte, seien jedoch "strafmildernde Umstände".
Sündenbock Goldman Sachs
Beobachter gehen davon aus, dass sich Bankchef Ackermann auch zu den regulatorischen Rahmenbedingungen äußern wird. Nach den gravierenden Betrugsvorwürfen gegen die US-Bank Goldman Sachs hatten Spekulationen auf eine schärfere Bankenregulierung Finanzaktien zuletzt generell belastet. Vor allem Papiere europäischer Kreditinstitute mit Schwerpunkt Investmentbanking wie Deutsche Bank und UBS waren zeitweise unter Druck geraten.
Die US-Börsenaufsicht SEC hatte Goldman Betrug bei der Vermarktung verbriefter Hypothekenkredite vorgeworfen und eine Zivilklage gegen die Bank angestrengt. "Der Fall birgt aus Sicht von Finanzwerten mehrere Risiken: Es könnte massive Entschädigungszahlungen geben, das Renommee von Investmentbanken könnte bei weiterer Feststellung ähnlicher Praktiken leiden, was das Geschäft schwieriger machen würde, und es könnte zu einer schärferen Regulierung kommen", fasste Analyst Konrad Becker von Merck Finck zusammen.
US-Präsident Barack Obama hatte als Folge der Finanzkrise gefordert, die Größe von Banken zu beschränken, und will den Eigenhandel für Geschäftsbanken verbieten. "Die Gegner einer schärferen Regulierung könnten es nun schwerer haben, nachdem die Vorzeigeinvestmentbank Goldman Sachs öffentlich am Pranger steht", bemerkte Becker.
Quelle: ntv.de, mmo/rts