Emerging Markets Belastungsfaktoren
20.08.2007, 10:00 UhrVon Oliver Stönner, Investment-Stratege bei Cominvest
Die kräftigen Kursverluste an den Aktien- und Anleihemärkten der Emerging Markets in der vergangenen Woche waren auf zwei Faktoren zurückzuführen. Erstens wurden mit Yen-Krediten finanzierte Positionen internationaler Investoren in Emerging Market Assets abgebaut. Zweitens wurde die Sorge über die weitere Entwicklung der US-Konjunktur zum Thema an den Finanzmärkten in Lateinamerika und Asien. Die US-Notenbank hat auf die Konjunkturrisiken und die engeren Kreditbedingungen überraschend mit einer Senkung des Diskontsatzes von 6,25% auf 5,75% reagiert.
Die Konjunkturdaten aus den Wachstumsmärkten bekräftigen hingegen ein solides wirtschaftliches Umfeld, das kaum die teilweise heftigen Kursverluste rechtfertigt. Die nebenstehende Abbildung der jährlichen Zuwächse der Industrieproduktion in den BRIC-Staaten unterstreicht den stabilen Expansionspfad. Auch eine Verlangsamung der US-Konjunktur dürfte daher nur einen moderat dämpfenden Einfluss auf die Konjunkturverläufe in den Emerging Markets haben. Schließlich wird für die US-Wirtschaft in diesem Jahr ohnehin nur eine Wachstumsrate von rund 2,0% erwartet.
Die bislang für 2008 prognostizierte Zunahme der wirtschaftlichen Dynamik könnte sich hingegen möglicherweise etwas verzögern. Dies bedeutet aber nur eine Verschiebung frischer Impulse aus den USA für die Emerging Markets und keine zusätzliche Belastung, wie die Kursbewegungen implizieren. Für Mittel- und Osteuropa ist vor allem die Robustheit der Konjunktur im Euroraum wichtig damit sich das Wachstum nicht unerwartet deutlich verlangsamt. Russland wird mit einem Wirtschaftswachstum von 6,5-7,0% im Zeitraum 2007/08 ebenfalls weiter Impulse liefern. Zudem können einzelne Länder in der Anlageregion wie bspw. Türkei, Ungarn und Südafrika im kommenden Jahr voraus-sichtlich von Zinssenkungen profitieren. In Lateinamerika und Asien dürften die Volkswirtschaften in einer guten Ausgangsposition für eine solide Kurserholung sein, die eine hohe binnenwirtschaftliche Dynamik aufweisen und gut mit anderen Wachstumsmärkten integriert sind.
In Lateinamerika ist dies vor allem Brasilien, während Mexiko vorerst weiter sehr stark von der US-Wirtschaft abhängt. In Asien sind China und Indien die stabilisierenden Faktoren für die Region, da in Indien die Binnenwirtschaft bereits zur tragenden Säule der Konjunktur geworden ist und in China eine zunehmende Verschiebung der Wachstumskräfte in diese Richtung zu beobachten ist. Daher bleiben China und Indien wichtige Zielmärkte für die Investmentstrategie in Asien. Wir rechnen zudem nicht damit, dass die Risikoaversion an den Märkten länger anhält. In der Vergangenheit hat eine einsetzende Erholungsphase den Risikoappetit recht zügig wiederbelebt.
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Quelle: ntv.de