Zertifikate Bonus statt Discount
01.03.2007, 13:33 UhrVon Dirk Heß, Derivate-Experte von Goldman Sachs
Anfang Februar veröffentlichte das Derivate-Forum die Jahresstatistik für den deutschen Derivatemarkt. Die gute Nachricht: Das Segment für Anlagezertifikate und Hebelprodukte wuchs um gut 30 Prozent auf rund 110 Milliarden Euro. Doch auch in einem Wachstumsmarkt gibt es Gewinner und Verlierer. Während Bonus- und Express-Zertifikate deutlich überproportional zulegten, verloren Outperformance-Zertifikate an Boden.
Die Derivate-Statistik wird bereits seit zwei Jahren von der xtp GmbH und der Zertifizierungsgesellschaft der ebs European Business School erstellt. In das Zahlenwerk fließen die Daten von neun Derivate-Emittenten ein, zu denen auch Goldman Sachs gehört. Auf diese neun Banken entfallen etwa 60 Prozent des Open Interests – also der Summe, die Anleger in Anlagezertifikaten und Hebelprodukten investiert haben. Die Statistik gibt somit recht gut Aufschluss über den Gesamtmarkt.
Das Derivate-Forum geht mittelfristig von weiteren Steigerungen aus. So könnte das Gesamtvolumen in diesem Jahr auf 130 Milliarden Euro klettern und in den kommenden drei Jahren sogar auf 200 Milliarden Euro. Grund für den Optimismus ist die bessere Schulung der Berater sowie die Qualitätsoffensive. Die Mitglieder des Forums haben jüngst den Derivate-Kodex unterzeichnet und unterziehen sich damit klaren Regeln, zu denen unter anderem Transparenz, Bonität und Handelbarkeit gehören.
Der größte Marktanteil entfällt noch immer auf Garantie-Zertifikate. Diese Produkte, die Investoren einen kompletten Kapitalschutz bei Fälligkeit bieten, verzeichneten allerdings nur ein unterdurchschnittliches Wachstum. Während der Gesamtmarkt um 30 Prozent wuchs, legten die Garantieprodukte nur um 18,5 Prozent zu. Nach mittlerweile fast vier Jahren Aufwärtstrend an den Aktienmärkten hat das Sicherheitsbedürfnis unter hiesigen Investoren offenbar etwas nachgelassen.
Dass Zertifikate mit Kapitalgarantie etwas von ihrem Vorsprung eingebüßt haben, bedeutet allerdings nicht, dass die Käufer von Derivaten nun großen Risikoappetit verspüren. Denn viele Investoren entschieden sich statt eines Rundumschutzes für eine Teilabsicherung. Bonus- und andere Teilschutzzertifikate waren sowohl absolut als auch prozentual die großen Gewinner des vergangenen Jahres. Das Wachstum betrug stolze 83,1 Prozent.
Der Erfolg der Bonus-Zertifikate kommt vor dem Hintergrund ihrer Vielseitigkeit nicht überraschend. Denn diese Investmentprodukte sind in verschiedenen Marktsituationen vorteilhaft. Durch die Kombination aus Teilschutz und Bonuschance bieten sie überdurchschnittliche Renditen, wenn der Basiswert fällt (ohne das Absicherungsniveau zu verletzen), seitwärts tendiert oder moderat steigt. Geht es mit den Kursen deutlich bergauf, bringen Bonus-Zertifikate die gleiche Kursperformance wie der Basiswert selbst.
Den zweitgrößten Zuwachs verzeichneten die Express-Zertifikate. Das Volumen stieg um 81,2 Prozent. Auch diese Derivate-Gattung ist recht vielseitig. Bekanntlich bringen die Express-Papiere überdurchschnittliche Renditen, wenn der Basiswert seitwärts tendiert oder moderat steigt. Bei Fälligkeit bieten viele dieser Produkte ebenfalls eine Teilabsicherung.
Während Bonus- und Discount-Zertifikate einen deutlich überdurchschnittlichen Zuwachs verzeichneten, verbuchten andere Kategorien nur ein unterdurchschnittliches Plus. So stieg das Volumen der Discount-Zertifikate nur um 16,8 Prozent. Inzwischen entfällt auf diese Gruppe nur noch ein Anteil von 7,8 Prozent. Bei den Aktienanleihen waren die investierten Gelder sogar rückläufig. Diese Entwicklung hat vermutlich zwei Ursachen. Zum einen haben Investoren tendenziell stärker zu Bonus-Zertifikaten gegriffen, weil diese gewöhnlich unbegrenzte Gewinnchancen bieten – ein Vorteil, mit dem Discounter und Aktienanleihen nicht aufwarten können. Darüber hinaus verharrte die implizite Volatilität auf niedrigem Niveau, was die Discounts und die Kupons bei Aktienanleihen tendenziell schmelzen ließ.
Quelle: ntv.de