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Emerging Markets vorn Der Aktienklima-Indikator

Von Ralf Goerke, Technischer Analyst und Mitglied der VTAD

Die Anwendung der Relative Stärke-Strategie auf eine Vielzahl von Indizes erlaubt es Ihnen als Anleger endlich, die Güte des allgemeinen Aktienklimas zu bewerten und stellt damit eine entscheidende Bereicherung Ihrer Einschätzung des Börsenklimas dar. Das Wissen um die Qualität des Aktienklimas ist nämlich für Sie als Anleger eine wichtige Voraussetzung für Ihren kontinuierlichen Börsenerfolg. Schließlich beantwortet es Ihnen die Frage, wann und in welchem Maß Sie investiert sein sollten. Dadurch erhalten Sie als Investor genau den roten Faden, der Ihnen im tagtäglichen Nachrichtendschungel die generelle Orientierung gibt und Sie in der verwirrenden Fülle der Informationen den Überblick behalten lässt.



Weltweites Aktienklima: Emerging Markets bleiben dominant

Das Verfahren der Relativen Stärke (RS) bietet die Möglichkeit, Aktien und auch Märkte hinsichtlich ihrer Trendausprägung miteinander vergleichbar zu machen. Dadurch erhalten Sie einen Eindruck, welche Märkte gut laufen und welche Märkte Sie getrost vernachlässigen können.

In der beigefügten Abbildung sehen Sie eine typische RS-Rangliste wie Sie von den Profis in den Banken verwendet wird - hier mit den MSCI-Länderindizes. Auch wenn hier die Zahlenvielfalt im ersten Augenblick verwirrend erscheint, nehmen Sie sich bitte einen Augenblick Zeit es lohnt sich!

Diese Liste ist sortiert nach dem RS-Wert, den Sie in der gelben Spalte sehen. Auf Rang 1 finden Sie die Börse (in diesem Fall der chinesische Aktienmarkt), die den höchsten RS-Wert (1,270) hat. Den niedrigsten RS-Wert haben zurzeit die Aktienmärkte auf den letzten Plätzen dieser Rangliste wie Jordanien oder Thailand. Die RS-Kennziffer selbst errechnet sich als Verhältniszahl, in dem das aktuelle Kursniveau ins Verhältnis gesetzt wird zum durchschnittlichen Kursniveau des letzten halben Jahres. Hat die Kennziffer einen Wert 1,0 dann liegt ein positives Momentum vor und der Markt befindet sich in einem Aufwärtstrend und umgekehrt. Je größer der RS-Wert, desto größer das Aufwärts-Momentum des Marktes. Nach der Strategie der Relativen Stärke wird dort investiert, wo das größte Momentum ist.

Aus Gründen der Übersichtlichkeit enthält diese Liste nur die ersten und die letzten zehn Rangplätze. Der MSCI/Deutschland z. B. befindet sich (nicht sichtbar) auf Rang 21. In den Spalten K-N erkennen Sie, wie sich der jeweilige Markt innerhalb der Rangliste in den letzten vier Wochen verändert hat (kurzfristiger Rückblick). Die Spalten P-S zeigen Ihnen die Entwicklung des Marktes in den letzten vier Monaten (mittelfristiger Rückblick). So sehen Sie, ob sich ein Markt abschwächt oder stärker wird, in dem er Relative Stärke aufbaut und sich im Ranking sukzessive verbessert. Die Spalten U und V halten die Veränderung im Ranking zur Vorwoche und zum Vormonat fest.

Schauen Sie sich nun einmal die ersten zehn Länderindizes an! Sie finden hier nur die Börsen der Schwellenländer (Emerging Markets)! Diese Indexgruppe dominiert derzeit das Geschehen an den internationalen Börsen. Die hinsichtlich ihrer Marktkapitalisierung „großen Börsen (USA, Japan) laufen schon seit etlichen Wochen und Monaten nur noch unterdurchschnittlich. Der mittelfristig orientierte MomentumInvestor konzentriert sich derzeit also auf die Schwellenländer-Börsen.

Die Beobachtung und Aufzeichnung des durchschnittlichen Momentums 50 internationaler Börsenindizes führt zu einem Indikator wie Sie ihn im Chartbild im oberen Fenster erkennen können. Dieser Indikator nimmt einen Wert an, der um 1,0 liegt. Ist der Wert größer „1, liegt ein positives Momentum vor und umgekehrt. Ein positives Momentum in dem Indikator bedeutet, dass die Kurse weltweit mehrheitlich steigen. Wir verzeichnen dann ein gesundes Aktienklima, in dem Aktien mit einem guten Chance/Risiko-Verhältnis gekauft und gehalten werden können. In Phasen mit einem Indikator-Wert „1, sollte man keine Aktien mehr haben oder auf fallende Kurse setzen.

Da es aber nicht nur Hausse- und Baisse-Phasen an den Börsen gibt, sondern auch Zwischenstadien wie Konsolidierungs- bzw. Korrekturphasen oder auch Erholungsphasen, wird zusätzlich ein gleitender Durchschnitt (GD) verwendet. Die Schwankungen des Indikators mit seinem gleitenden Durchschnitt um das Niveau von „1, lassen folgende Interpretation zu:

1. Haben der Indikator und sein gleitender Durchschnitt einen Wert 1,0 und notiert der Indikator über seinem ebenfalls steigenden GD, dann liegt eine Haussephase vor. Diese Phasen sind die lukrativsten Börsenphasen und sind dunkelgrün markiert.

2. Fällt der Indikator unter seinen ebenfalls fallenden gleitenden Durchschnitt, wobei der GD noch über 1,0 notiert, liegt eine allgemeine Korrekturphase an den Börsen vor (magentafarben). Hier sollten enge Stopps platziert werden.

3. Erst wenn beide, Indikator und gleitender Durchschnitt einen Wert 1,0 annehmen, befinden wir uns in einer allgemeinen Baissephase an den Börsen (rot). Hier sollte man kein Aktien mehr haben oder auf fallende Kurse setzen.

4. In einer (hellgrünen) Erholungsphase ist der (schneller laufende) Indikator schon „vorgeprescht, während der gleitende Durchschnitt noch fällt oder noch 1,0 ist.

Nach diesem Modell sind wir seit Anfang September (s. Aufwärtspfeil) in einer weltweiten Haussephase (dunkelgrün). Der Indikator hat in den letzten Monaten aber schon einen guten Teil seines Weges zurückgelegt. Die Frage, die sich stellt, ist, wie lange die gegenwärtige Phase noch andauern wird. Dazu wird der im unteren Chartfenster abgebildete MACD-Indikator zu Hilfe genommen. Der MACD hat nämlich die Eigenschaft, mit dem Basiswert, auf den er berechnet wird, so genannte „negative Divergenzen auszubilden. Dies sind Phasen, in denen der Basiswert noch steigt, während der MACD tendenziell bereits fällt (s. Balken). Dies resultiert daraus, dass das Momentum, also die Schwungkraft des Marktes, abnimmt. Sie sehen, dass derartige Phasen in den letzten drei Jahren des Öfteren vorgekommen sind (Punkte 1-3). Nach jeder Divergenz folgte eine Korrekturphase. Auch jetzt bildet sich gerade wieder eine solche „negative Divergenz in diesem Modell aus (Punkt 4). Wir können also feststellen, dass wir uns in einer weltweiten Hausse befinden, sich aber die Schwungkraft dieser Bewegung (der „Anstiegswinkel) abschwächt.

Fazit: Das weltweite Aktienklima befindet sich im Zustand einer fortgeschrittenen Hausse. Die Schwungkraft in den Märkten nimmt jedoch seit einigen Wochen ab. Fällt der Indikator unter seinen gleitenden Durchschnitt, haben wir das Stadium einer allgemeinen Korrekturphase erricht und es erfolgt ein Update an dieser Stelle.

Quelle: ntv.de

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