Falsche Markterwartungen Zertifikate im Gerede
08.02.2008, 10:28 UhrEs war absehbar, dass sich im Zuge der massiven Kursverluste an den Aktienmärkten auch wieder Kommentatoren zu Wort melden, die sich eigentlich sonst nur sehr selten mit dem Thema "Zertifikat" beschäftigen. Es stimmt, dass bei zahlreichen Bonuszertifikaten die Barrieren unterschritten wurden und die Chance auf Bonuszahlung somit dahin ist. Es ist auch wahr, dass zahlreiche Hebelprodukte ausgeknockt wurden.
Diese zwei Tatsachen werden oftmals im selben Satz als Argumente gegen Zertifikate angeführt. Einerseits sorgen sich solche Kommentatoren um die Transparenz in der Berichterstattung im Zusammenhang mit Zertifikaten, andererseits verunsichern sie selbst durch solche unsinnige Vergleiche jene Anleger, die mit Zertifikaten das Risiko einer Direktveranlagung reduzieren wollen. Wer die für Trader konstruierten KO-Produkte noch immer im selben Atemzug mit Anlagezertifikaten nennt, vergleicht klassischerweise Äpfel mit Birnen, da Hebelprodukte von einer anderen Anlegerschicht als Anlagezertifikate eingesetzt werden.
Als I-Tüpfelchen wird dann auf die Kursverluste der "vermeintlich" sicheren Garantiezertifikate hingewiesen, obwohl eigentlich jeder wissen sollte, dass das nur das Kapital investiert werden sollte, das bis zum Ablauf der Zertifikate nicht benötigt wird.
Somit wird nun den Zertifikaten die Schuld zugewiesen, dass sie den Inhabern in den vergangenen Wochen nur Verluste erwirtschaftet haben. Wer jetzt ein Zertifikat in seinem Depot liegen hat, bei dem die Barriere berührt wurde, hatte schlicht und einfach eine falsche Marterwartung! Um in den Genuss einer hohen Bonuszahlung zu gelangen wurden offenbar zu geringe Sicherheitspuffer gewählt. Dieses Wechselspiel zwischen Risiko und Chance ist bei allen Finanztransaktionen und somit nicht nur bei Zertifikaten vorhanden. Mehr Risiko bedeutet bekanntlich höhere Gewinnchancen und umgekehrt.
Ein weiterer Aspekt der Kritik besteht darin, dass vergessen wurde, die Gewinnsteigerungen von Short-Zertifikaten und dergleichen hervor zu heben. Im Gegensatz zu Fonds kann mit Anlagezertifikaten nicht nur in steigenden sondern auch bei fallenden oder stagnierenden Märkten Geld verdient werden.
ZertifikateReport-Fazit: Genau so wenig wie Zertifikate die "Alleskönner" der Finanzbranche sein können und das auch nicht sind, genau so wenig dürfen sie jetzt als Sündenbock an den Anlegerpranger gestellt werden. Anlagezertifikate können in allen Börsesituationen eine sinnvolle Depotbeimischung sein. Allerdings sollten sie nur von Anlegern eingesetzt werden, die mit der Funktionsweise der ausgewählten Produkte vollständig vertraut sind. Manchmal ist es zwar ziemlich mühsam, diese Informationen zu erhalten. Allerdings kann es für Anleger, die wissen wie diese Instrumente funktionieren, auf Grund der klaren Struktur von Anlagezertifikaten keine unliebsamen Überraschungen geben, weil Gewinnchancen, Risiken, Schwellen, Garantieniveaus usw. bereits vor der Veranlagung bekannt sind.
Walter Kozubek
Herausgeber ZertifikateReport
Quelle: ntv.de