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Klaus Hinkel Bulle und Bär im harten Kampf

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(Foto: picture-alliance/ dpa)

Bis zu 1400 Punkte oder 25 Prozent: So viel hat der DAX in nur fünf Wochen zugelegt. Schon orakeln Experten, dass es weiter aufwärts gehen werde, wenn die EU-Politiker die Schuldenkrise nur endlich in den Griff bekämen. Doch wer so argumentiert, übersieht: Bislang haben wir es lediglich mit einer Bärenmarkt-Rallye zu tun. Neue Tiefkurse sind nicht auszuschließen.

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Ab Juni gab unser computerbasiertes Trendfolge-System für die Aktien- und Rohstoffmärkte aufbauende Ausstiegssignale wie im Jahr 2008, die wir ohne Wenn und Aber befolgten. Kurz darauf kam es mit einem Einbruch von mehr als 20 Prozent in nur drei Wochen zu einem der schnellsten und heftigsten Abstürze in der Geschichte des DAX. Als im September bei einem Indexstand von gut 5000 Punkten die Märkte schließlich völlig überverkauft waren, plädierten wir am Monatsende bei einem Indexstand von 5.500 Punkten hier für einen Teileinstieg in den Aktienmarkt – natürlich unter strikter Beachtung des Risikomanagements (Stopp-Loss-Kurse).

Antizyklische Gewinne sollten gesichert werden

Und jetzt? Nach den deutlichen Zugewinnen scheint der Optimismus der Anleger zu wachsen. Viele Gründe, die den Aktienmarkt stützen könnten, werden genannt. Vor allem der Gipfel zur Lösung der EU-Schuldenkrise galt als Befreiungsschlag für die Märkte, der sich weitere Kursanstiege anschließen sollten. In der Tat ist nicht auszuschließen, dass es so kommen kann. Doch aktuell dürfte es sinnvoller sein, antizyklische Gewinne mitzunehmen und das Risiko zu verringern. Denn nach der längerfristigen technischen Analyse befinden sich die Aktienbörsen derzeit an einem kritischen Punkt.

Konkret: Als der DAX in nur einer Augustwoche um 1000 Punkte abstürzte, hat das Börsenbarometer auf einen Schlag vom Bullen- in den Bärenmarkt gedreht. Der Index riss nicht nur den Aufwärtstrend aus dem Frühjahr 2009, sondern unterschritt auch die 200-Tage-Linie. Diese Linie weist jetzt nach unten, zudem verläuft der DAX unterhalb dieses gleitenden Durchschnitts – damit ist das klassische Kriterium für einen Bärenmarkt erfüllt, in dem die Kurse tendenziell fallen.

DAX in derselben Situation wie im Mai 2008?

Zudem springt beim Vergleich mit dem Jahr 2008 die Ähnlichkeit mit der Kursentwicklung zu jener Zeit ins Auge – eine Interpretation, die durch technische Indikatoren gestützt wird und die durchaus für Nervosität sorgen kann. Demnach könnte sich der DAX aktuell in einer ähnliche Phase befinden wie im April/Mai 2008, als er etwa die Hälfte des vorhergehenden Absturzes wettgemacht hatte. Zur Erinnerung: Nach diesem Rücklauf fiel der Index im Lauf eines knappen Jahres um weitere 50 Prozent von 7200 auf 3600 Zähler!

Börsen sind in der Hand der Politik

Allerdings gibt es auch Unterschiede zur damaligen Situation. So zeigt sich die Realwirtschaft sehr robust, und die Volkswirte wie auch der Präsident der EZB gehen von verringerten Wachstumsraten aus statt von einer Rezession.

Fazit: Die Situation ist derzeit sehr schwierig einzuschätzen, da die Märkte stark von politischen Entscheidungen und Äußerungen geprägt werden, was in diesem Ausmaß wohl noch nie der Fall war. Am sinnvollsten dürfte es daher sein, sich mit Engagements zurückzuhalten, bis wieder klare Trends zu erkennen sind.

Der Autor Klaus Hinkel ist Vorstand der Vermögensverwaltung Artus Direct Invest und Experte des Internetportals Vermögensprofis.de.

Quelle: ntv.de

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