Udo Schindler Überförderte Anlagen, überforderte Anleger
12.03.2012, 09:52 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)

Udo Schindler, KSW Vermögensverwaltung
Die Bundesregierung hat die Reißleine gezogen und die Einspeisevergütung für Solarstrom überraschend kurzfristig gekappt. Die Überförderung hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass immer mehr Photovoltaik-Anlagen installiert wurden – die Solarstromerzeugung dabei aber nur wenig zunahm. Für private Investoren wird sich die Anlage auf dem eigenen Dach wegen der sinkenden Modulpreise dennoch weiter lohnen. Andere grüne Investitionsangebote sollten Interessenten jedoch gründlich prüfen.
Bundesweit entstehen derzeit Initiativen, die Bürgern die Beteiligung an regionalen Gemeinschaftsprojekten auf dem Feld der erneuerbaren Energien ermöglichen. Häufig bieten sie Genossenschaftsanteile an, limitieren aber den Anlagebetrag je Mitglied, da die Nachfrage das Angebot vielerorts übersteigt.
Welle grüner Genussrechte rollt
Auf dieser grünen Welle schwimmen Energiepark-Projektierer und -Betreiber mit. Sie finanzieren sich zunehmend über Nachranganleihen und Genussrechte. Den Zeichnern stellen sie teils eine Verzinsung von sieben bis acht Prozent in Aussicht. Aktuell sind bundesweit Emissionen im Gesamtvolumen von mehr als 1,6 Mrd. Euro in der Zeichnungsphase. Und die privaten Anleger greifen zu. Ein Großteil ist schon platziert.
Die hohe Investitionsbereitschaft erstaunt. Denn zum Einen ist die Verzinsung einer Anlage ein Risikomaß. Gemessen an der Umlaufrendite von Bundesanleihen, die bei rund 1,5 Prozent liegt, muss das Risiko solcher Genussrechte also hoch eingeschätzt werden. Zum Anderen meiden deutsche Privatanleger Aktien, weil sie Angst vor Kursverlusten haben. Nur 200 Mrd. Euro, rund fünf Prozent des bundesdeutschen Geldvermögens, sind in Aktien investiert.
Wer stattdessen Genussrechte erwirbt, blendet aber aus, dass hier der Totalverlust drohen kann. Wird der Emittent insolvent, werden zunächst alle anderen Gläubiger befriedigt. Denn Genussrechtskapital wird wirtschaftlich regelmäßig wie Eigenkapital des Unternehmens behandelt, ohne jedoch dem Genussrechtsgeber Eigentumsrechte zu gewähren. Insofern sind die Anleger schlechter gestellt als Aktionäre, die in der Regel zumindest weitreichende Informations- und Mitbestimmungsrechte erwerben.
Auf Transparenz und Liquidität achten
Uns als Vermögensverwaltern sind solche Anlageinstrumente ebenso wie Nachranganleihen nicht börsennotierter Unternehmen zu intransparent. Zudem fehlt es an liquiden Märkten, um die Papiere während der Laufzeit kurzfristig veräußern zu können. Aus dem gleichen Grund investieren wir nicht in geschlossene Energiefonds.
Also besser Nachhaltigkeitsfonds oder Aktien aus dem Bereich erneuerbare Energien kaufen? Erstere bieten durch ihre Selbstbeschränkung zu wenig Risikostreuung. Aktien von Solarmodul- oder Windanlagenherstellern haben sich in der Vergangenheit extrem volatil gezeigt. Zudem sind die meisten dieser Unternehmen zu klein, um im internationalen Wettbewerb dauerhaft zu bestehen.
Wer dennoch ökologisch sinnvoll investieren möchte, wählt besser Blue Chips. Beispiel Siemens: Der Elektronikkonzern hat 2011 allein in der Umweltenergiesparte 30 Mrd. Euro erwirtschaftet – über 40 Prozent des Konzernumsatzes.
Der Autor Udo Schindler ist bankunabhängiger Vermögensverwalter bei der KSW Vermögensverwaltung und Experte des Internetportals Vermögensprofis.de.
Quelle: ntv.de