Arcandor-Pleite Aus für Zertifikate?
15.06.2009, 09:48 UhrDAX für Pessimisten
Nach dem Nein der Bundesregierung, der Banken sowie der Unternehmenseigner zu weiteren Zahlungen in Milliardenhöhe blieb dem Unternehmen Arcandor nichts weiter übrig, als Insolvenz anzumelden. Beauftragt wurde einer der erfahrensten Sanierer Deutschlands, der 54-jährige Horst Piepenburg, der die letzte Hoffung für 43.000 Angestellte des Unternehmens darstellt. Inwieweit das Unternehmen als ganzes gerettet wird oder es in seinen Einzelteilen „verwertet” wird, bleibt offen. Neben Metro stehen Interessenten wie die Tochter des Otto-Versandhändlers Sport Scheck, die an den 28 Karstadt Sportartikelhäusern oder der Arcandor-Tochter Primondo interessiert ist, parat. Das Ergebnis des Insolenz-Verfahrens wird auf jeden Fall länger auf sich warten lassen. Derzeit rechnet man mit einer Abwicklungsdauer von mindestens zwölf Monaten. Doch die Insolvenz ist nur die Spitze vom Eisberg. Im ersten Quartal 2009 mussten laut Statistischem Bundesamt 7.712 Unternehmen das Aus verkünden. Nicht enthalten darin sind die Zahlen von Nordrhein-Westfalen, das die Daten nicht „periodengerecht” meldete. Ohne also die NRW-Zahlen bedeute dies einen Insolvenzzuwachs um rund zehn Prozent.
Doch was bedeutet dies für Investoren, insbesondere Zertifikateanleger, die über den Umweg eines Derivates an solchen Unternehmen partizipieren? Im Falle Arcandor dürfte zumindest besiegelt sein, dass die Aktie gemäß der Aktienregel am 22. Juni aus dem MDAX, dem Börsenbarometer der mittelständischen Unternehmen fällt. Doch trotz Pleite wird die Aktie weiter gehandelt. Nachdem der Kurs bei Verkündung der Insolvenz von zwischenzeitlich 1,31 EUR am Morgen auf 49 Cent fiel, legte der Titel am anderen Morgen wieder satte 25,5 % auf dann 69 Cent zu. Derzeit liegt der Kurs bei 0,77 EUR. Solange die Aktie also noch an der Börse notiert - und das kann lange dauern, wie der Fall IG Farben zeigt - lockt dies auch noch Zocker an. Ähnliches gilt auch für Derivate, die ebenfalls normal weiter gehandelt und entsprechend der Aktienentwicklung fair gepreist werden. Allerdings stellen Emittenten wie zum Beispiel HSBC Trinkaus nur noch Geldkurse, um damit faire Verkaufspreise für Anleger zu gewährleisten und keine weiteren Glücksritter einzuladen. „Da das Hedging über die Terminbörse und die Aktie selbst schwierig geworden ist, sind wir zurzeit nicht daran interessiert, Produkte auf diesen Titel zu verkaufen”, so Heiko Weyand von HSBC Trinkaus.
Doch solange die Terminbörse Eurex noch Arcandor-Optionen anbietet oder die Aktie nicht delistet ist, bleiben die Derivate vermutlich am Markt. Tritt allerdings dieses Worst-Case-Szenario tatsächlich ein, so gilt ein Sonderkündigungsrecht, von dem der Anleger durch die entsprechende Depotbank informiert wird. Dann heißt es entweder verkaufen oder bis zur endgültigen Feststellung des Preises durch den Emittenten warten. Weyand rät jedoch zu ersterer Variante: „Bei einer endgültigen Feststellung durch den Emittenten wird lediglich der innere Wert eines Produktes herangezogen. In der Regel notieren Hebelprodukte jedoch mit einem Aufgeld aufgrund von Finanzierungskosten oder Zinsmargen. Ein vorheriger Verkauf wäre daher in solch einem Fall sinnvoller.”
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Quelle: ntv.de