Inside Wall Street Bernanke macht sein Wissen zu Cash
22.05.2014, 10:07 Uhr
Der ehemalige Fed-Chef Ben Bernanke (l.) zu Gast beim Global Financial Markets Forum in Abu Dhabi Anfang März.
(Foto: Reuters)
Seitdem Ben Bernanke nicht mehr Chef der US-Notenbank ist, ist er als Redner in der Finanzbranche schwer gefragt. Mit seinen Erfahrungen verdient er mehr Geld denn je. Und noch immer bewegen seine Worte ganze Märkte.
Acht Jahre lang war Ben Bernanke der mächtigste Mann im globalen Wirtschafts- und Finanzgefüge - aber seit er im Januar den Chefposten bei der amerikanischen Notenbank verlassen hat, ist sein Terminkalender erst richtig voll. Bernanke jettet um die Welt und berät Banken und Hedgefonds. Die zahlen dafür gutes Geld, das sie am Markt schnell wieder einspielen.
Dienstag in Abu Dhabi, Mittwoch in Johannesburg, Freitag in Houston. So eine Woche im März schlaucht ganz schön. Doch für den ehemaligen Fed-Chef zahlt sich die Tour aus. Sein ehemaliges Jahressalär von 200,000 Dollar streicht Bernanke heute an einem einzigen Abend ein – wenn er in den USA auftritt. Für einen Auftritt im Ausland ist das Doppelte fällig.
Grundsätzlich ist nichts dagegen zu sagen, dass Bernanke als hochbezahlter Experte von einer Konferenz zur nächsten hetzt. Vor ihm haben das schon viele getan, unter anderem Alan Greenspan und Timothy Geithner, die jeweils sogar fest bei Finanzdienstleistern angeheuert haben. Außerdem gibt Bernanke auch regelmäßig unbezahlte Vorträge, und von seinen Honoraren spendet er auch großzügig. So weit, so gut.
Geldwerte Vorteile?
Doch an der Wall Street reibt man sich ein wenig daran, dass Ben Bernanke bei seinen Auftritten Interna aus der Notenbank weitergegeben haben könnte, die letztlich den Markt beeinflusst haben. So soll er wiederholt erklärt haben, dass die Notenbank aktuell an schwächeres Wirtschaftswachstum und geringere Deflation glaube und dass man die Zinsen doch länger als erwartet auf dem aktuellen Null-Niveau belassen würde. Diese Aussagen - hinter verschlossenen Türen - sollen die jüngste Rallye am Rentenmarkt ausgelöst haben.
So mancher Hedgefonds könnte durch geschicktes Investment das Honorar für Bernanke locker wieder eingespielt haben. Auch wenn nicht alle Zuhörer direkt agierten. "Ich habe das vermasselt", sagte David Tepper von Appalloosa Management jüngst einem Reporter von Reuters. Er habe nach der Bernanke-Rede nicht umgehend auf Staatsanleihen gesetzt und die Rallye verpasst.
Beobachter, die nicht für gutes Geld dem früheren Fed-Chef lauschen durften, fragen sich indes, wie groß sein Einfluss wirklich ist. Denn einerseits gibt Bernanke zum Teil nur wider, was man auch schon aus anderen Fed-Quellen gehört hat. Und andererseits ist auch nicht klar, ob seine Einschätzung bei der weiteren Ausrichtung der Zinspolitik überhaupt zählt. Zwar ist aktuell mit Janet Yellen eine enge Verbündete von Bernanke am Ruder, doch erwarten Insider, dass sie der amerikanischen Zinspolitik durchaus ihren eigenen Stempel aufdrücken dürfte.
Ben Bernanke indes dürfte ziemlich egal sein, wie die Wall Street seine Meinung beurteilt und ob man ihn für seine Politik im Nachhinein lobt oder kritisiert. Sein Terminplan ist bis in den Herbst ausgebucht.
Quelle: ntv.de