Inside Wall Street "Gier ist gut": Die Krise im Kino
22.09.2010, 10:14 UhrGeld, Gier, Ego, Macht - kurzum "Wall Street 2" von Oliver Stone hält der Finanzbranche wieder den Spiegel vors Gesicht. Mit dabei ist auch ein alter Bekannter - und es ist nicht Michael Douglas alias Gordon Gekko.
Die Wall Street wartet auf "Wall Street 2“. Die Fortsetzung der Saga um Gordon Gekko ist ein Muss für alle, die im New Yorker Financial District mitspielen. Viele werden sich in dem Film selbst erkennen – darunter auch ich selbst, der Kolumnist.
Dass ich mich in "Wall Street 2“ wiederfinden werde, liegt allerdings nicht daran, dass irgendein Film-Charakter mein Wirken – oder auch nur den Job der hiesigen Journalisten und Reporter im Allgemeinen – darstellen würde. Vielmehr habe ich selbst jemanden dargestellt: einen von rund 400 Studenten, die Gordon Gekko im Auditorium der Fordham University in der Bronx gebannt lauschen.
Michael Douglas live
Der berühmteste Gauner der Wall Street, der zu Beginn des Films aus dem Gefängnis entlassen wird, sollte seinen Vortrag eigentlich an der prestigeträchtigen Columbia University halten. Für den historischen Campus an der Upper West Side bekam Oliver Stone allerdings keine Drehgenehmigung, und so saß ich vor rund einem Jahr mit meinen Film-Kommilitonen im großen Hörsaal von Fordham und sah Michael Douglas mal souverän seine Phrasen dreschen, mal mit dem Text hadern.
In einem dreiminütigen Trailer, der "Wall Street 2“ schon seit Monaten in den amerikanischen Kinos ankündigt, sieht man mich nun eine gute Sekunde lang in der oberen linken Ecke – wie lange mein Auftritt letztlich im Film sein wird, werde ich wohl selbst erst bei der Premiere sehen.
"Gier ist gut - und legal"
Fest steht allerdings, dass die Szene im Hörsaal eine erste Schlüsselszene ist, in der Gordon Gekko erklärt, welche Lehren er aus seiner Vergangenheit gezogen hat und wie er die Wall Street heute einschätzt. "Ich habe einmal gesagt: Gier ist gut. Mittlerweile ist sie auch legal“, wundert er sich. Und fragt: "Sind denn alle wahnsinnig geworden?“
Das sind sie, wie die vergangenen zwei Jahre an der Wall Street gezeigt haben, in denen Banken implodiert und Milliardenbetrüger aufgeflogen sind. In einem Punkt haben es die Film-Kritiker leicht: Sie bemängeln, dass "Wall Street 2“ angesichts der gewaltigen Skandale in der jüngsten Realität als Film kaum für Aufregung sorgen kann.
Das mag sein, doch darf man sich dennoch auf das Werk freuen. Streng genommen bin ich wohlgemerkt Teil einer Minderheit, die sich unvoreingenommen über den lange erwarteten Film freut. Vielen anderen an der Wall Street ist hingegen klar, dass sie – respektive ihr Berufsstand – wieder einmal nicht gut wegkommen werden.
"Kommunist" Oliver Stone
Einige geben sich vorab betont gelassen und schimpfen Oliver Stone einen "Kommunisten“, nicht zuletzt wegen dessen Nähe zu Venezuelas Präsident Hugo Chavez. Doch die meisten wissen wohl, dass in Oliver Stones neuestem Werk neben viel Dramatik und einer kleinen Romanze sehr viel Wahrheit steckt. Stone hat im Vorfeld erklärt, was ihn zu einem Großteil der Handlung inspiriert hat: die Realität, Bücher über die jüngste Krise im amerikanischen Finanzsektor, in dem hochriskante Wetten auf virtuelle Werte ehemalige Branchenriesen in den Ruin getrieben haben.
Der Untergang von Bear Stearns und Lehman Brothers ist ein Kernthema des Films. In der New York Fed treffen sich die Top-Banker, um unter der Leitung des Finanzministers – Vorname: Paul – eine Bankenrettung zu planen. Einigen Charakteren ist leicht anzumerken, auf welchen Vorstandschef sie aufgebaut sind, und eine Handvoll Wall-Street-Legenden hat sogar eigene Kurzauftritte, darunter Nouriel Roubini, Warren Buffet, und CNBC-Starmoderatorin Maria Bartiromo.
Einen hat Oliver Stone hingegen aus dem Film gekegelt: Der New Yorker Baulöwe und Multimillionär Donald Trump wurde für eine Szene gefilmt, die letztlich der Schere zum Opfer fiel. Allerdings hat Trump auch eher mit Geld an sich und weniger mit der Wall Street zu tun. Dass da ein Ego verletzt wurde, passt wieder hervorragend, denn um das Ego der Protagonisten geht es in "Wall Street 2“ mindestens so sehr wie um Geld.
Quelle: ntv.de