Kolumnen

Per Saldo Eine Frage des Vertrauens

Vertrauen ist nicht nur die Grundlage für eine glückliche, lange Ehe. Es ist auch ungemein hilfreich, wenn man sich Geld leiht. Das bekommt derzeit die Regierung Berlusconi zu spüren. Ist das Vertrauen erschüttert, verlangen Ehefrauen die Scheidung. Und Investoren höhere Zinsen.

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(Foto: picture alliance / dpa)

Die Welt ist so gemein. Wie unfassbar unfair es hier offenbar zugeht, scheint ein Blick auf Italien und die USA eindrucksvoll zu zeigen. Da droht den USA Anfang August die Zahlungsunfähigkeit, eine Lösung ist nicht in Sicht. Und doch sind die Finanzmärkte nachsichtig. Investoren leihen den US-Amerikanern munter Geld und verlangen für zehnjährige Anleihen läppische 3,2 Prozent Zinsen. Dagegen müsste Italien plötzlich satte 5,5 Prozent berappen – Tendenz steigend.

Die Politik reibt sich erstaunt die Augen, ärgert sich, schimpft und fragt sich dann, woran das wohl liegen mag. Schließlich ist das Schuldenproblem der USA mitnichten geringer als das Italiens.

Das ist zweifellos richtig. Beide Länder haben zwar einen stattlichen Schuldenberg angehäuft, doch im Gegensatz zu den US-Amerikanern haben die Italiener ein verhältnismäßig geringes Defizit – es ist kleiner als in vielen anderen Ländern der Eurozone.

Finstere Mächte?

Angesichts der steigenden Zinsen wird deshalb wieder vielfach auf Spekulanten geschimpft. Sie würden kalt lächelnd die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone den Todesstoß versetzen wollen – und das nur aus Profitstreben. Das mag nicht nur für Freunde von Verschwörungstheorien einleuchtend klingen. Doch diese steile These hat leider einen winzigen Schönheitsfehler: Für sie gibt es keinen Beweis.

Im Hintergrund wirken keine finsteren Mächte. Der Grund für die wachsenden Probleme Italiens bei der Refinanzierung ist ein anderer - es geht schlicht und ergreifend um Vertrauen. Wer davon ausgeht, sein Geld wiederzusehen, der verleiht es auch. Japan hat überhaupt kein Problem, sich billig Geld zu besorgen – bei einer satten Verschuldung von 190 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In den USA ist es genauso. Anleger sind noch immer davon überzeugt, dass Präsident Barack Obamas Demokraten und die Republikaner ihren Schuldenstreit gerade noch rechtzeitig beilegen.

"Bunga Bunga" ist wenig hilfreich

Verliert ein Staat aber das Vertrauen der Anleger, dann sieht es böse aus. Griechenland ist dafür das Paradebeispiel. Und nun wächt die Angst, dass Italien das gleiche Schicksal drohen könnte. So weit ist es zwar noch lange ist, schließlich hat die drittgrößte Volkswirtschaft eine ganz andere Substanz als Griechenland oder Irland.

Allerdings hat Italien ein anderes großes Problem: die Regierung. Finanzminister Giulio Tremonti, der als Verfechter eines konsequenten Sparkurses gilt, ist in einen Korruptionsskandal verstrickt. Ministerpräsident Silvio Berlusconi will ihn wohl zu gerne loswerden und kritisiert den Sparkurs gerne mit deutlichen Worten. Unterdessen laufen gegen den Premier Verfahren wegen Steuerhinterziehung, Korruption und Sexskandalen. Berlusconi wirkt amtsmüde und will 2013 nicht mehr antreten.

Das ist wirklich keine sonderlich solide Basis für Vertrauen. Die Regierung bemüht sich nun, die Finanzmärkte mit Absichtsbekundungen zu beruhigen. Der 74-jährige Berlusconi beteuert, er halte am Ziel fest, bis 2014 den Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen.

So richtig überzeugend klingt das alles nicht. Viele Investoren werden skeptischer, die Zinsen steigen. Statt also von den wirklichen Ursachen abzulenken und auf Spekulanten zu zeigen oder über vermeintliche Ungerechtigkeiten zu jammern, gilt es, das Vertrauen der Finanzmärkte in die Eurozone zu stärken. Dass das selbst bei astronomischen Schulden möglich ist, beweisen die USA.

Quelle: ntv.de

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