Dax-Vorschau Anleger werden vorsichtiger
31.03.2012, 10:18 Uhr
Wohin geht die Reise?
(Foto: REUTERS)
Nach der Krise ist vor der Krise: Hatten Aktieninvestoren ursprünglich gehofft, die griechische Umschuldung könnte den lang ersehnten Befreiungsschlag bringen, dominiert die Schuldenkrise wieder das Marktgeschehen. Vor allem die Diskussionen um die Aufstockung der europäischen Rettungsgelder haben die Nervosität wieder deutlich erhöht.
Trotz Aufstockung der Brandmauer gegen eine Eskalation der Staatsschuldenkrise im Gemeinsamen Währungsgebiet: für den Dax bleibt die 7000er Hürde zu hoch. "Der Markt hat sich zuletzt zwar sehr gut entwickelt und ist fundamental auch immer noch gut gestützt; Anleger schauen aber wieder verstärkt auf die Risikofaktoren", sagt Aktienstratege Matthias Thiel von MM Warburg. Eine Prognose für die Karwoche abzugeben, gleiche dem Blick in die Glaskugel.
Die beschlossene Ausweitung des Rettungsschirms wird nicht von allen Börsianern positiv gesehen: Sie erinnere "an ein Rettungsboot, das wegen Überbeanspruchung in dem Moment zu sinken droht, wo es genutzt wird", heißt es in einem Kommentar von MM Warburg. "Eine derartige Konstruktion kann den Märkten gar kein Vertrauen zurückbringen; man kauft allenfalls ein wenig Zeit, bevor die nächste Vertrauenskrise mit Panikanfällen umso stärker zuschlägt." Die Euro-Länder hatten am Freitag vereinbart, dass die Brandmauer gegen eine Ausweitung der Euro-Krise auf insgesamt 800 Mrd. Euro erhöht werden soll.
Spanien im Blick
Aus welcher Richtung die Kapitalmärkte Ungemach erwarten, zeigt dabei der Blick auf die Entwicklung der europäischen Aktienmärkte: Seit Jahresbeginn hat der spanische IBEX-35 knapp 7 Prozent verloren, alle anderen relevanten Kursbarometer liegen hingegen mehr oder weniger kräftig im Plus. "Es ist fraglich, ob Spanien das mit der EU für das laufende Jahr vereinbarte Haushaltsdefizit von 5,3 Prozent erreichen wird", sagt Franz Wenzel, Chef-Investmentstratege beim Vermögensverwalter des französischen Versicherungsgiganten AXA.
Daher dürfte am Mittwoch der Verlauf der Auktion von Staatsanleihen im Fokus stehen. Die Furcht, dass zusätzliche Sparmaßnahmen die bereits geschwächte Konjunktur noch weiter belasten könnten, dürfte den Risikoappetit der Investoren zügeln, orakelt die Landesbank Hessen-Thüringen. Trotz der massiven Liquiditätszufuhr durch die beiden Dreijahrestender der Europäischen Zentralbank (EZB) im Dezember und im Februar liegt die Rendite zehnjähriger spanischer Schuldtitel bereits wieder über dem Niveau von Ende 2012.
Eine Risikoquelle sieht Kapitalmarktstratege Dennis Nacken in der Entwicklung der chinesischen Konjunktur: "Während China im Zuge der Finanz- und Schuldenkrise als zweitgrößte Volkswirtschaft die globale Wachstumslokomotive war, scheint sich die Wirtschaftsdynamik spürbar abzuschwächen." Neue Hinweise werden in den nächsten Tagen der chinesische Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe und der Index des chinesischen Dienstleistungsbereichs geben.
US-Daten sorgen für Impulse
Besonderes Augenmerk liegt aber nach wie vor auf der US-Konjunktur. Angesichts der zu Monatsbeginn üblichen Batterie an US-Konjunkturdaten aus der allerersten Reihe gilt daher für die kommende Woche: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.
Am Montag steht mit dem ISM-Index für das Verarbeitende Gewerbe der erste konjunkturelle Orientierungspunkt auf dem Programm. Er gilt als wichtigster Frühindikator für die größte Volkswirtschaft der Welt. Da die als gute Vorläufer für den landesweiten Index geltenden regionalen Stimmungsindikatoren aus New York und Philadelphia abermals zugelegt haben, rechnet Commerzbank-Ökonom Christoph Balz damit, dass der ISM-Index im März auf 53,0 von 52,4 Punkten gestiegen ist. Am Mittwoch wird der ADP-Arbeitsmarktbericht erwartet, der einen Vorgeschmack auf die für Freitag avisierte offizielle US-Beschäftigungsstatistik geben dürfte. Volkswirte schätzen, dass die Zahlen des Abrechnungsdienstleisters Automatic Data Processing (ADP) zeigen werden, dass im März in den USA 213.000 Jobs in der Privatwirtschaft entstanden sind.
Für den zum Wochenausklang vom Bureau of Labor Statistics veröffentlichten "großen" Arbeitsmarktbericht lautet die Markterwartung auf ein Plus von 213.000 Stellen außerhalb der Landwirtschaft. Damit würden erstmals seit Beginn des Jahrtausends in vier Monaten in Folge mehr als 200.000 Jobs entstanden sein, merken die Analysten von Credit Suisse an. Indessen dürften die Zuwächse im Januar und im Februar durch den ungewöhnlich milden Winter überzeichnet worden sein. Da an Wall Street am Karfreitag allerdings lediglich Anleihen gehandelt werden - und das auch nur über eine verkürzte Sitzung hinweg - werden die Zahlen ihre volle Wirkung aber erst in der darauffolgenden Woche entfalten.
Auf der Notenbankseite steht am Mittwoch die geldpolitische Entscheidung der EZB auf der Agenda. In den vergangenen Wochen haben zwar viele Ratsmitglieder den Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik thematisiert, konkrete Schritte sind aber nicht zu erwarten. Die Äußerungen dienten wohl eher dazu, Erwartungen weiterer Zinssenkungen zu dämpfen. Der Leitzins sollte also auch nach der Sitzung bei 1,0 Prozent liegen. Am Donnerstag wird dann noch die Bank of England über ihren geldpolitischen Kurs beraten. Auch die Währungshüter um Governor Mervyn King dürften allerdings ebenfalls zunächst die Füße stillhalten. Erst in der zweiten Jahreshälfte werden sie zur Stimulierung der Wirtschaft die Geldmenge wohl abermals um 50 Milliarden Pfund ausweiten.
In Europa stehen die Einkaufsmanager-Indizes für die Industrie (Montag) und den Dienstleistungssektor (Mittwoch) auf dem Terminplan. In beiden Fällen sagen Analysten stabile Ergebnisse voraus.
Quelle: ntv.de, jga/DJ/rts