Inside Wall Street Das grüne Job-Wunder
10.11.2008, 21:47 UhrSeit Jahresbeginn hat die amerikanische Konjunktur 1,2 Mio. Jobs abgebaut. Die Finanzkrise hat die Kreditströme einfrieren lassen, das Land steckt in einer Rezession – und der neugewählte Präsident weiß nicht, ob er in diesem Umfeld alle seine gesteckten Ziele umsetzen kann. Doch eigentlich ist das Umfeld ideal:
Beispiel Umweltpolitik: Barack Obama hat im Wahlkampf angekündigt, in den nächsten zehn Jahren bis zu 150 Mrd. Dollar in die Entwicklung alternativer Energien zu investieren. Nach den Milliarden-Ausgaben, die die US-Regierung im Zusammenhang mit der Finanzkrise hatte – 700 Mrd. Dollar für die Banken, 100 Mrd. Dollar für die Steuerzahler, bis zu 50 Mrd. Dollar für die Automobil-Industrie – scheint nun unklar zu sein, wie viel Geld überhaupt investiert werden kann.
Doch jetzt Abstriche von großen Plänen zu machen, wäre ein Fehler. Gerade in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit mit hoher Arbeitslosigkeit ist Wachstum wichtig und Wachstum kommt aus einer komplett umgebauten Energie-Politik. In einer Kolumne für die New York Times weisen Obamas Berater und der frühere Vize-Präsident und Nobelpreisträger Al Gore darauf hin, dass mutige Investitionen in Solar-, Wind- und Erdwärme-Energie Millionen von Arbeitsplätzen schaffen könnten.
Mehrere Studien gehen zur Zeit von unterschiedlichen Erfolgen aus: Die Appollo Alliance, eine Umwelt- und Gewerkschafts-Gruppe aus San Francisco, rechnet mit bis zu fünf Mio. Jobs, andere Experten rechnen vorsichtiger mit bis zu zwei Mio. neu zu schaffenden Stellen.
Sicher ist: Ein massiver Vorstoß würde ganz neue Branchen erschaffen und Sektoren wiederbeleben, die zuletzt kaum Wachstum gesehen haben. Großzügige Investitionen der Regierung könnten bedeuten, dass in den nächsten Jahren unzählige Wind-Turbinen gebaut, Dämme errichtet, moderne Stromleitungen verglegt und zig Millionen von Häusern neu isoliert werden dürften, vor allem Arbeitslose aus der Baubranche sowie die Techniker und Maschinisten aus dem Automobilsektor wären gefragt.
Interessanterweise müssten viele dieser Arbeiter nicht einmal umziehen. Die Auto-Pleiten finden vor allem in Michigan und Detroit statt, wo der Wind am stürmischsten weht. Hier könnten Turbinenfelder entstehen. Riesige Solaranlagen würden vor allem in der wirtschaftlich ebenfalls trägen Region im Südwesten der USA zum Einsatz kommen. Ein hochmodernes Leitungsnetz wäre wohlgemerkt landesweit zu bauen. Experten rechnen, dass das bis zu 40 Mrd. Dollar kosten könnte. Peanuts, findet Al Gore, verglichen mit den zwölf Mrd. Dollar, die Corporate America jährlich wegen Schäden und Zusammenbrüchen am völlig veralteten Stromnetz aufgehalst werden.
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist dem neugewählten Präsidenten der USA geraten, großzügig und weitsichtig zu investieren, und sich nicht von denjenigen bremsen lassen, die große Sprünge für zu gewagt halten.
Quelle: ntv.de