Reine Nervensache Dax auf Schlingerkurs
25.07.2002, 20:20 UhrGute Nerven, die brauchten die Börsianer auf dem Frankfurter Parkett auch am Donnerstag. Mit positiven US-Vorgaben startete der Dax sehr freundlich in den Tag. Für einen ersten Rücksetzter am Vormittag sorgte der enttäuschende Ifo-Geschäftsklima-Index, als dann auch noch die US-Börsen mit deutlichen Minuszeiten eröffneten, war es mit der Herrlichkeit beim Deutschen Aktienindex endgültig vorbei - der Dax sackte zeitweise knapp vier Prozent ab - konnte die Minuszeichen dann aber noch auf einen Verlust von 3,1 Prozent bei 3.520 Zählern eingegrenzen.
Rückläufige US-Konjunkturdaten belasteten die Stimmung am Nachmittag zusätzlich. Die Auftragseingänge für langlebige Güter sind im Juni überraschend stark um 3,8 Prozent gefallen. Analysten hatten dagegen mit einem Anstieg um 0,7 Prozent gerechnet. In der Bewertung der Börsianer spielen die Auftragseingänge die entscheidende Rolle. Sie werten den drastischen Rückgang als Indiz dafür, dass die Investitionsbereitschaft der Unternehmen unverändert niedrig ist. "Nicht gerade ein Zeichen für eine wirtschaftliche Erholung", so der knappe Kommentar eines Händlers.
Konjunkturdaten gab auch aus Deutschland. Der Geschäftsklima-Index des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung ist im Juli unerwartet zurückgegangen. Nach 91,3 Punkten im Juni erreichte das Stimmungsbarometer einen Monat später nur noch den Wert von 89,9 Punkten. Experten hatten mit keiner Veränderung gerechnet.
Nach Angaben des Präsidenten des ifo-Instituts, Sinn, resultiert der Rückgang des Geschäftsklimaindex primär aus einer ungünstigeren Einschätzung der Zukunftsperspektiven. Vor allem ungünstigere Meldungen aus dem Verarbeitenden Gewerbe hätten zu der Stimmungs-Eintrübung beigetragen. Für das Bauhauptgewerbe konstatierte das ifo-Institut nur einen leichten Rückgang, im Einzel- und Großhandel kam es dagegen zu einer leichten Erholung.
So bleiben die Börsianer auch weiter vorsichtig: Das Gros der Marktteilnehmer ist nicht davon überzeugt, dass der gestrige Tag die lang ersehnte Kurswende gebracht hat. "Das war noch nicht alles", so ein skeptischer Makler. Nach seiner Einschätzung hat der Dax noch "Luft nach unten ". Der Kursverlauf von Mittwoch sei lediglich eine technische Reaktion gewesen.
Verkauft wurden unter anderem Automobilwerte: Der Volkswagen-Konzern muss für das erste Halbjahr 2002 einen deutlichen Gewinnrückgang ausweisen. Das jedenfalls ist die Einschätzung von Branchenexperten. Sollte VW im ersten Halbjahr tatsächlich Ertragseinbußen verzeichnen, dann würde der Druck auf Volkswagen wachsen, die bisherigen Gewinnziele für das Gesamtjahr zu revidieren, hieß es. Die Gefahr einer Gewinnwarnung quittierten die Anleger mit einem Minus von knapp 3 Prozent auf 40,30 Euro.
Die HypoVereinsbank hat am Donnerstag ihre Zahlen Halbjahreszahlen vorgelegt. Nach Angaben des zweitgrößten deutschen Kreditinstituts wurde ein Betriebsverlust in Höhe von 89 Mio. Euro erwirtschaftet nach einem Plus von 278 Mio. Euro im Vorjahreszeitraum. Trotzdem hat die HVB damit besser abgeschnitten als von Analysten erwartet - im Schnitt hatten diese mit einem Minus von 200 Mio. Euro gerechnet.
Unterm Strich ist Hypovereinsbank aber doch mit schwarzen Zahlen aus dem zweiten Quartal gegangen, dank eines außerordentlichen Ertrags aus dem Verkauf von Allianz-Aktien. Die Aktie rutschte nach positivem Start wieder mit 3 Prozent ins Minus auf 19,88 Euro.
Größter Verlierer war jedoch die Aktie von MLP. Die Aktie des Finanzdienstleisters verlor knapp 13 Prozent auf 19,41 Euro. Nach wie vor halten sich Gerüchte um mögliche Bilanzfälschungen. Anfang der Woche waren die Geschäftsräume des Heidelberger Unternehmens von der Mannheimer Staatsanwaltschaft durchsucht worden. Vor einigen Wochen waren die Vorwürfe durch einen Bericht in einem Anlegermagazin aufgeworfen worden. Während das Unternehmen diese Vorwürfe bestreitet, ist das Magazin einen schlüssigen Beweis für seine Vorwürfe bislang schuldig geblieben.
Schlechte Nachrichten gab es für die Aktie "Gelb": Die Deutsche Post hat gegenüber n-tv bestätigt, dass sie im zweiten Quartal einen Nettoverlust ausweisen wird. Hintergrund ist eine Sonderrückstellung in Höhe von 850 Mio. Euro, die das Unternehmen für die Rückzahlung von angeblich erhaltenen Staatsbeihilfen gebildet hat. Zur genauen Höhe des Verlustes wollte der Sprecher des Unternehmens keine Angaben machen. Experten rechnen jedoch mit einem Netto-Fehlbetrag im 2. Quartal zwischen 200 und 300 Mio. Euro. Die Aktie der Post sah rot und gab knapp 7 Prozent auf 9,45 Euro nach.
Quelle: ntv.de