Griechische Lähmung verfliegt Dax fast im Plus
16.06.2011, 17:59 Uhr
Kräftig in die Pedale getreten.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach positiven US-Daten legen die deutschen Standardwerte einen Schlussspurt hin, der sich sehen lassen kann. Die Tagesverluste werden nahezu komplett wett gemacht. Wegen der Eskalation der Griechenland-Krise herrscht aber nach wie vor Nervosität am Aktienmarkt. Ein Ausweg aus dem Dilemma ist nicht in Sicht.
Vor allem die Euro-Erholung sowie einige gute US-Konjunkturdaten haben den deutschen Leitindex am Nachmittag kontinuierlich in Richtung grünen Bereich geschoben.
Der Dax konnte seine Verluste deutlich reduzieren und schloss nur knapp um 0,07 Prozent tiefer bei 7110,20 Punkten. Der MDax gab am Ende etwas deutlicher um 0,72 Prozent auf 10 557,84 Punkte nach, der TecDax fiel um 0,82 Prozent auf 874,55 Punkte.
Die US-Hausbaubeginne siegen zwar mit 3,5 Prozent etwas weniger als der Konsens mit 4,8 Prozent erwartet hatte, das Minus des Vormonats wurde aber deutlich nach oben revidiert. Auch die Baugenehmigungen zogen um deutliche 8,7 Prozent an. Gleichzeitig gingen die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe mit minus 16.000 stärker zurück als die Erwartungen von minus 7.000 Arbeitslosen.
Gut weggesteckt wurde der schlechtere Philly-Fed-Index. Mit minus 7,7 lag er deutlich niedriger als die Prognose von 8,0.
Nervöse Blick nach Athen

Die Venus von Milo in einer Interpretation von Salvador Dali mit Schubladen. Wären diese freudschen "Geheimfächer" doch Banktresore.
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Für kräftigere Kursverluste im Tagesverlauf hatte die Hängepartie um ein neuerliches Hilfspaket für Griechenland gesorgt. Zudem war der Blick auf Athens Innenpolitik gerichtet: Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou will sein Kabinett umbilden und die Vertrauensfrage stellen. Die Vorsitzende des US-Einlagenfonds FDIC, Sheila Bair, äußerte ihre Sorge über die Stabilität des europäischen Banken-Systems. Bei US-Anlegern kam das nicht gut an. "Die Märkte warten sehnsüchtig auf eine Lösung der europäischen Schuldenkrise, aber bislang gibt es einfach keine - im Gegenteil, die Unsicherheiten werden immer größer", sagte ein Händler.
Jüngsten Meldungen zufolge will die Bundesregierung die Entscheidung über ein zweites Hilfspaket nun bis September verzögern. Deutschland wolle angesichts des Streits über die private Gläubigerbeteiligung Zeit gewinnen und werde dabei von den Niederlanden und Finnland unterstützt, sagte ein mit den Beratungen vertrauter EU-Diplomat. "Das Argument ist: Wir möchten Zeit kaufen, weil wir nicht wissen, was wir tun sollen." Gegen den Vorschlag gebe es aber großen Widerstand.
Die drei Krisenländer Griechenland, Portugal und Irland, aber auch Spanien, Italien und Belgien seien dagegen, die Diskussion noch monatelang zu verschleppen. Die Unruhe an den Finanzmärkten werde zu groß und die Ansteckungsgefahr für die gesamte Euro-Zone wachsen. Auch in hochrangigen Bankenkreisen hieß es, Deutschland dränge auf eine Verschiebung bis September. Es sei aber nicht klar, ob andere Länder dies unterstützten.
Spanien refinanzierungsfähig
Das spanische Schatzamt brachte am Vormittag erfolgreich Staatsanleihen mit einem Volumen von 2,5 Mrd. Euro bis 3,5 Mrd. Euro unter die Anleger. Zwar gelten auch die Iberer wegen ihres angeschlagenen Sparkassen-Sektors als Kandidat für Finanzhilfen. Allerdings wurden sie bislang noch als von Griechenland, Irland und Portugal abgekoppelt betrachtet. Der Verlauf der Auktion von Schuldtiteln unterstreicht vor dem Hintergrund der Sorgen über eine Ansteckung der Schuldenkrise Griechenlands, dass Spanien fähig ist, sich selbst über den Kapitalmarkt zu refinanzieren.
Bei den Finanzwerten sorgte weiterhin die Debatte um eine Beteiligung Privater Gläubiger an dem nächsten Hilfspaket für die Hellenen für Kursverluste: Allianz gaben 0,6 Prozent nach, Munich Re um 1,2 Prozent. Commerzbank und Deutsche Bank schafften hingegen den Sprung um 0,1 Prozent ins Plus.
Konjunktursorgen drückten zunächst alle zyklischen Branchen, besonders Autowerte erholten sich aber am Abend stark: BMW legten 1,7 Prozent zu, VW um 0,8 Prozent und Daimler um 0,7 Prozent. Nur BASF schlossen noch 0,4 Prozent und Linde um 0,6 Prozent tiefer.
Deutsche Telekom legten sogar 0,4 Prozent zu, obwohl die Abstufung der griechischen OTE durch Moody's belastete. Die Telekom ist mit 40 Prozent an der OTE beteiligt.
Terex kommt Demag entgegen
In der zweiten Reihe ging es für Demag Cranes um 2,3 Prozent nach oben. Terex ist bereit, das Gebot für den deutschen Kranbauer zu erhöhen. Unter gewissen Bedingungen will der US-Baumaschinenhersteller 45,50 Euro je Aktie offerieren.
Im TecDax gab es gute Nachrichten für die Solarwerte: Die Bundesnetzagentur hatte Hoffnungen im Markt bestätigt, wonach die Solarförderung in diesem Jahr nicht mehr gekürzt werden soll. Vertreter von Phoenix Solar oder SMA Solar hatten zuvor mit einer Kürzung der Vergütungen um 3 bis 6 Prozent gerechnet. Alle Solarwerte schlossen deutlich im Plus. Q-Cells zogen um 2,2 Prozent an, Solarworld um 3,7 Prozent, Centrotherm 2,1 Prozent, Manz 3,2 Prozent.
Der seit Jahren mit Verlusten kämpfende Solarkonzern Conergy kam wieder auf keinen grünen Zweig. Die Rücknahme der Jahresprognose quittierten die Investoren mit Abschlägen von 18,2 Prozent. Seit Jahresbeginn sind die Papiere in keinem großen Index mehr gelistet.
Die Aktien dürften noch eine ganze Weile unter Druck bleiben, da kaum absehbar sei, wann das Unternehmen wieder die Gewinnschwelle erreiche, schreibt Sebastian Zank von Silvia Quandt Research in einem Kommentar.
Quelle: ntv.de, ddi/DJ/rts/dpa