Da guckst du! Dax kann auch langsam
17.07.2007, 17:35 UhrDie deutschen Standardwerte haben am Dienstag Luft abgelassen. Gründe hierfür gab es mehr als einen: ein sehr schwacher ZEW-Index, ein hoher Ölpreis, ein starker Euro und zu guter Letzt noch ein Marktgerücht über eine mögliche Gewinnwarnung der Deutschen Bank. Das war vielen Anlegern zuviel, höchste Zeit Gewinne zu realisieren.
Der Dax büßte 0,8 Prozent ein auf 8.038 Punkte. Damit kam das Börsenbarometer ein gutes Stück seiner Tagesverluste wieder wett.
Druck auf die Aktienkurse übten am Nachmittag zunächst die US-Inflationsdaten aus. Die Erzeugerpreise kletterten im Juni zum Vormonat in der Kernrate ohne Energie und Lebensmittel um 0,3 Prozent und damit etwas stärker als von Analysten erwartet. Bezieht man jedoch die stark schwankenden Preise für Energie und Lebensmittel mit ein, dann sind die Erzeugerpreise im Juni überraschend um 0,2 Prozent gesunken. Das bedeutet, der Inflationsdruck lässt unerwartet nach. Analysten hatten einen Anstieg um 0,2 Prozent vorausgesagt.
Zuvor hatte der ZEW-Index offene Türen bei den Konjunkturpessimisten eingerannt. Das Stimmungsbarometer des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) fiel im Juli im Monatsvergleich deutlich um 9,9 Punkte und liegt nun bei 10,4 Punkten. Die Experten sehen vor allem beim Konsum im Inland und beim Bau Anzeichen einer Abschwächung. Als Gründe nennen sie den Aufwärtstrend beim Ölpreis und die steigenden Zinsen.
Spekulationen über eine Gewinnwarnung bescherten den Papieren der Deutschen Bank zeitweise ein Kursverlust von 1,8 Prozent. Die Titel rappelten sich aber bis auf minus 0,9 Prozent hoch. "Es gibt das Gerücht, dass die Deutsche Bank wegen der US-Immobilienkrise weniger Gewinn einfahren dürfte als erwartet", sagte ein Händler. Eine Bank-Sprecherin verwies dagegen auf Aussagen von Vorstand Hugo Bänziger. Er hatte vor Kurzem in einem Interview erklärt, die Bank habe bereits vor Jahren erste Anzeichen für eine Krise im US-Immobilienmarkt erkannt und sei entsprechend gerüstet. Die Aktie grenzte ihre Verluste daraufhin auf ein Minus von 0,9 Prozent ein.
Viel Bewegung gab es bei TUI. Übernahmespekulationen trieben die Aktien des Reisekonzerns nach oben. Die Papiere, die über weite Strecken des Handels zu den größten Verlierern im Dax gezählt hatten, drehten ins Plus und notierten 3,0 Prozent höher. "Angeblich will Sol Melia 7,5 Mrd. Euro für TUI bieten", sagte ein Händler. Ein Konzernsprecher lehnte eine Stellungnahme zu Marktgerüchten ab. In Touristikkreisen hieß es, eine Offerte von Sol Melia würden die Großaktionäre von TUI aus Spanien, Marollo und Ägypten als feindliche Übernahme werten.
Schwach präsentierten sich auch Siemens mit 1,8 Prozent Minus. Offenbar handelt es sich um die Nachwehen des am Vortag angekündigten Aktienrückkaufs. Der hatte die Papiere bereits am Montag schwer unter Druck gesetzt.
Einer der wenigen Gewinner unter den 30 Dax-Werten waren am Nachmittag mit einem Plus von 0,5 Prozent die Anteilsscheine des Dialysespezialisten Fresenius Medical Care. Händler machten für die Kursbewegung Erfolge des Mutterkonzerns Fresenius bei der Entwicklung eines Krebs-Antikörpers verantwortlich.
Continental stemmten sich ordentlich gegen den Trend gesellten sich zwischenzeitlich auf die Gewinnerseite. Am Ende notierten sie aber 0,04 Prozent leichter. Für die rege Nachfrage sorgten Gerüchte, der hannoversche Autozulieferer könnte bei der Vorlage der Quartalszahlen am 1. August seine Prognose anheben.
BASF-Papiere gelang mit 0,2 Prozent Plus der Sprung ans rettende Ufer. Auch hier hatten die Titel stark gependelt. Der weltgrößte Chemiekonzern erwägt den Verkauf von Teilen seiner Styrol-Kunststoffsparte.
Alles in allem spielte die Musik eher in der zweiten Reihe: Für die Papiere der FMC-Tochter Fresenius ging es im MDax 4,8 Prozent nach oben. Das Unternehmen hatte am Morgen positive Studienergebnisse zu seinem Krebs-Antikörper Removab veröffentlicht.
Lohnenswert war ein Seitenblick auf die Papiere des Medienkonzerns ProSiebenSat.1, der eine massive Ausdünnung seiner Nachrichtenangebote plant. Manfred Helmes, der Direktor der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz - Hauptlizenzgeber für Sat.1 - drohte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" mit Konsequenzen, "wenn Sat.1. die Anforderungen an ein Vollprogramm nicht mehr erfüllt". Dann könne etwa die vorrangige Einspeisung ins Kabelfernsehen wegfallen. "Für das Geschäftsmodell wäre das ganz hart", urteilte ein Händler. Die Papiere büßten 1,4 Prozent ein.
Im Blick behielten Anleger auch die Aktie des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS. Nach einem Zeitungsbericht hat Deutschland angeblich vorgeschlagen, den Einfluss der beiden Staaten Deutschland und Frankreich auf EADS über "Goldene Aktien" zu sichern. Die beiden Länder hatten sich am Montag prinzipiell auf eine neue Führungsstruktur geeinigt. Die Titel verbilligten sich um 0,7 Prozent.
Ebenfalls interessant, Puma: Der Sportartikelhersteller gehört nun offiziell zum französischen PPR-Konzern. Wie PPR am Morgen mitteilte, sind nach Ende der Angebotsfrist 62,1 Prozent von Puma in französischem Besitz. "Sehr positiv", meinten Händler. Doch die Party ist vorbei. Der Höhenflug der Aktie endete mit einem Kursrutsch. Die Aktionäre entschlossen sich Gewinne einzustecken. Der Kurs trudelte 0,6 Prozent ins Minus.
Der in Arcandor umbenannte Handels- und Reisekonzern KarstadtQuelle verzeichnete im zweiten Quartal einen "planmäßigen und zufriedenstellenden" Geschäftsverlauf. Marktgerüchte über eine Gewinnwarnung entbehrten jeder Grundlage, stellte der Vorstand klar. Die Titel drehten daraufhin ins Plus und notierten 0,5 Prozent höher.
Quelle: ntv.de