Hochgefühle auch ohne EZB-Hilfe Dax kann auch ohne
06.06.2012, 17:45 Uhr
Die Euro-Feuerwehr rückt nicht aus.
(Foto: © Thomas Scholz / PIXELIO)
Deutsche Aktien schließen deutlich fester. Dass die EZB die Füße still hält, kann Anlegern nur kurz die Laune verderben. Es regnet zwar kein billiges Geld, Spanien darf aber Gerüchten zufolge auf eine Finanzspritze vom EFSF für den Bankenrettungsfonds hoffen. Auch das würde helfen.
Die Europäische Zentralbank hat die hoch gesteckten Erwartungen der Märkte an noch großzügigere Finanzierungsbedingungen für Banken enttäuscht. Entgegen den Befürchtungen sorgte dies aber nicht für einen Kursrutsch, sondern nur für einen kleinen zwischenzeitlichen Dämpfer am Markt. Nach einem turbulenten Verlauf und einer 5-Tages-Serie im Minus schlossen die deutschen Aktien deutlich im Plus. EZB-Präsident Mario Draghi ließ immerhin die Tür offen für Zinssenkungen zu einem späteren Zeitpunkt.
Den kleinen Hänger zwischendurch putzte der Dax wieder aus und notierte am Ende mit einem satten Plus von 2,2 Prozent bei 6093 Punkten. Der MDax machte sogar 3,1 Prozent gut und landete über der 10.000er-Marke bei 10.036, der TecDax schaffte ein Plus von 2,7 Prozent auf 736.
Anders als von vielen Marktteilnehmern erhofft, kündigte der EZB-Präsident bei der Pressekonferenz zur Erläuterung der jüngsten geldpolitischen Beschlüsse auch keine zusätzlichen langfristigen Refinanzierungsgeschäfte an. Notenbankchef Draghi wiederholte lediglich alt Bekanntes. So wiederholte die EZB die hohen Unsicherheiten in Bezug auf das Wirtschaftwachstum der Eurozone. Die volle Zuteilung für Dreimonatstender wurde vor diesem Hintergrund auch noch einmal verlängert.
Am laufen hielten den Markt positive Meldungen zu Spaniens Banken. Am Aktienmarkt kursierten Spekulationen, dass die Probleme Spaniens anscheinend endlich angepackt werden. Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" wird auf europäischer Ebene darüber verhandelt, ob Geld aus dem Euro-Schutzschirm direkt an den spanischen Bankenrettungsfonds Frob gezahlt werden könne. Stützend wirkt auch die Medienmeldung, wonach die verstaatlichte spanische Bank Bankia weniger Hilfen benötige, als die gegenwärtig im Raum stehenden 19 Mrd. Euro.
Schub hatte der Aktienmarkt bereits am Morgen durch das unerwartet positiv ausgefallene Wachstum in Australien bekommen, das bereits an den asiatischen Börsen für Kursgewinne gesorgt hat.
Dax vs. Ibex: Spanien will es wissen
Besonderes Augenmerk lag zur Wochenmitte auf dem spanischen Aktienmarkt. Mit einem Minus von etwa 25 Prozent in diesem Jahr gehört er zu den schwächsten Börsen in diesem Jahr. Aber es keimt Hoffnung: Trotz aller Sorgen um den spanischen Bankensektor und die Lage der Madrider Staatsfinanzen gewann der Aktien-Index Ibex der Madrider Börse seit Freitag deutlich an Wert. Beobachtern zufolge dürfte der Ibex auch weiter der "Outperformer" in Europa bleiben. Und das in einem Umfeld, in dem der Dax, immerhin noch einer der stärksten Indizes in diesem Jahr, mehr als 3 Prozent verloren hat.
"Da werden gewaltige Spreads auf die Underperformance von Spanien aufgelöst", meinte ein Händler. Was bedeutet, dass große Anleger Positionen auflösen, mit denen sie darauf gewettet haben, dass der Dax besser abschneidet als der Ibex. Das sind vor allem Hedge-Fonds, aber auch andere "trading-orientierte" Investoren, denen solche so genannte Long-Short-Positionen erlaubt sind.
Für diese Anleger haben sich die Positionen besonders seit Mitte März gelohnt. Der Dax hat seitdem zwar gut 15 Prozent verloren, der Ibex aber etwa ein Drittel seines Werts. Nun nehmen die Hedge-Fonds ihre Gewinne mit. "Anleger sollten ihre Gewinne auf die Long-Short-Spreads möglichst schnell einloggen", rät auch Petra von Kerssenbrock, technische Analystin der Commerzbank. Sie meint, bei solchen Positionsveränderungen seien die Marktteilnehmer sehr schnell, viele drehten ihre Positionen sogar um 180 Grad.
Daneben gibt es ein selektives Stock Picking. "Da geht Geld hinein, das zieht weiteres Geld an", meint ein weiterer Marktteilnehmer. Hintergrund dieser Anzeichen auf ein Ende der Aktien-Baisse in Spanien ist die Hoffnung der Marktteilnehmer auf mögliches Bail-Out, also eine Flucht unter den europäischen Rettungsschirm. Spekuliert wird, dass die spanischen Banken eine direkte Kreditlinie beim EFSF bekommen könnten, heißt es.
Ein Risiko sahen Markttaktiker in der Auktion neuer Staatsanleihen. Am Donnerstag will Spanien Langläufer versteigern. Zwar sind die Anleihenzinsen, die Ursache allen Übels, zurückgefallen. Sie liegen nun bei 6,2 Prozent. Anfang März hatten sie noch unter 5 Prozent gelegen, vor wenigen Tagen bei 6,7 Prozent. Der Anstieg seit März erfolgte aber in Stufen mit zwischenzeitlichen Korrekturen. Ein solcher Anstieg zeichnet üblicherweise einen gesunden Aufwärtstrend aus. "Im Hinblick auf die europäischen Finanzmärkte gestaltet sich diese Formation wenig vielversprechend", meinen die Analysten von Wellenreiter-Invest.
Welche Hinweise gibt das "Beige Book"?
Nach Handelsschluss in Europa steht noch das sogenannte Beide Book der Federal Reserve auf dem Programm. Dabei handelt es sich um eine lose Sammlung von Eindrücken zu Beschäftigung, Inflation und Wachstum aus den Distrikten des US-Notenbanksystems. Damit bereiten die Währungshüter um US-Notenbankpräsident Ben Bernanke traditionell die nächste geldpolitische Entscheidung vor, die für den 19. und 20. Juni angesetzt ist.
Bei den zweitägigen Beratungen dürfte es vor alle darum gehen, wie die größte Volkswirtschaft der Welt nach dem jüngsten Schwächeanfall wieder angeschoben werden kann. Als eine Möglichkeit gilt dabei die Verlängerung der "Operation Twist", die Ende Juni ausläuft. In deren Rahmen tauscht die US-Notenbank aus ihrem Portfolio Anleihen mit kurzen Laufzeit in Schuldtitel mit langen Laufzeiten.
Das Volumen liegt bei 400 Mrd. Dollar. Als Alternative gelten sterilisierte Käufe von Anleihen. Damit ließen sich die Renditen am langen Ende drücken, gleichzeitig würde die entstandene Liquidität etwa durch eine Anhebung der Mindestreserveanforderungen dem System wieder entzogen. Eine abermalige Ausweitung der Bilanz gilt als innerhalb der Federal Reserve nicht durchsetzbar.
Short-Squeeze-Furcht stützt Banken
Besonderes Interesse galt am Mittwoch den Bankenwerten, nachdem die Ratingagentur Moody's die Kreditwürdigkeit einiger deutscher und österreichischer Banken gesenkt hatte. Trotzdem verteuerten sich die Aktien der Commerzbank um 2,9 Prozent und die Titel der Deutschen Bank um 3,7 Prozent. ThyssenKrupp verteuerten sich um knapp 3,0 Prozent, Infineon um 3,9 Prozent.
Gewinnmitnahmen nach einem mehr als 15-prozentigen Kurssprung seit dem Dienstagnachmittag ließen die Aktien von MAN mit minus 1,2 Prozent die rote Laterne im Dax hielten.
Gerry Weber im MDax hielten sich mit 1,8 Prozent ins Plus. Der westfälische Bekleidungshersteller brachte eine Dividende von 0,65 Euro je Aktie unter die Anleger, was einem Anschlag von 2,3 Prozent gemessen am Schlusskurs des Vortags bedeutete.
Quelle: ntv.de, ddi/DJ/rts