Marktberichte

Ernüchterung in Frankfurt Dax macht schlapp

Gestern war ja auch ein anstrengender Tag.

Gestern war ja auch ein anstrengender Tag.

(Foto: REUTERS)

Der Dax gibt einen Teil seiner Vortagesgewinne wieder ab. Während einige Händler von Gewinnmitnahmen sprechen, sehen andere die Zukunft für den Markt pessimistisch. Angesichts der europäischen Schuldenkrise sei die Nervosität weiterhin hoch, sagt ein Analyst.

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Nach seinem deutlichen Kursanstieg vom Vortag ist dem Dax die Puste ausgegangen. Der Leitindex sank 1,1 Prozent auf 6732 Punkte. Der MDax lag mit 10.661 Zählern 0,7 Prozent unter dem Schlussstand  des Vortags. Auch für die Tech-Titel ging es abwärts: Der TecDax gibt 0,4 Prozent auf 783 Punkte ab. "Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer", so Roger Peeters, Analyst bei Close Brothers Seydler. Der jüngste Abwärtstrend im Dax sei trotz der Kursgewinne noch nicht vorbei.

Am Dienstag hatten eine erfolgreiche Auktion spanischer Staatsanleihen sowie der überraschend positiv ausgefallene ZEW-Index den Dax um 2,7 Prozent nach oben getrieben. Seit Monatsbeginn hat der Leitindex aber mehr als fünf Prozent nachgegeben.

"Einige nehmen Gewinne mit, aber eigentlich freut sich heute noch jeder über den guten Ausgang der spanischen Auktion gestern", meinte ein optimistisch gestimmter Börsianer. "Jetzt heißt es abwarten, was die Versteigerung morgen bringt. "Wenn die Emission von zwei- und zehnjährigen spanischen Papieren am Donnerstag ähnlich gut laufe, könnte das den Börsen durchaus neuen Auftrieb geben. "Dazu lässt sich ja auch die Berichtssaison bislang sehr gut an, das hat zuletzt Intel untermauert. Das gibt auch etwas Rückenwind."

Schuldenkrise dominiert den Handel

Doch am Markt überwog die Skepsis. Die Lage an den Finanzmärkten habe sich zwar etwas entspannt, sagte beispielsweise Helaba-Analyst Christian Schmidt. Die Nervosität im Zusammenhang mit der europäischen Schuldenkrise sei aber weiterhin hoch. Die große Frage laute, ob sich Spanien dauerhaft am Kapitalmarkt zu erträglichen Konditionen finanzieren könne oder ob es nicht doch noch unter den Rettungsschirm schlüpfen müsse. "Die Auktion länger laufender Schuldtitel ist entscheidend und wird ein genaueres Bild der Stimmung zeichnen", meinte Nicholas Spiro von Spiro Sovereign Strategy.

"Wir sind gerade in einer Situation, in der die Probleme der Eurozone jederzeit wieder aufbrechen können", sagte Philippe Gijsels von BNP Paribas Fortis. "In Frankreich und Griechenland stehen Wahlen an, und die spanische Wirtschaft steht unter erheblichen Druck. Der Markt könnte in den kommenden Wochen noch deutlich nachgeben."

Die strategischen Anleger hielten sich derzeit zurück, meinte ein Händler mit Blick auf die spürbaren Schwankungen an den europäischen Aktienmärkten. Nach Einschätzung der WestLB kommt in der hohen Volatilität auch der kleine Verfallstermin am kommenden Freitag zum Ausdruck. "Ich vermute, dass einige zittrige Hände verkaufen", sagte ein anderer Händler. Einige Investoren seien vermutlich skeptisch, was die weitere Entwicklung an den Börsen anbelange. Die Aufwärtsbewegung von gestern müsse noch bestätigt werden. Sonst sei die Gefahr eines Fehlsignals groß.

Aus fundamentaler Sicht pendelten die Börsen gegenwärtig zwischen zwei Polen, sagte Colleen Supran von Bingham, Osborn & Scarborough in San Francisco. So erfüllten die Quartalsberichte von US-Unternehmen wie zuletzt IBM und Intel weiter mehr oder weniger exakt die Markterwartungen, gleichzeitig würde die Entwicklung der spanischen Refinanzierungsprobleme jedoch mit anhaltender Sorge verfolgt. "Das wird die Volatilität an den Aktienmärkten hoch halten."

Siemens unter Druck

Im Dax führten Thyssenkrupp die Gewinnerliste mit einem Plus von 2,9 Prozent an. Dabei taten sich Händler schwer, einen einzelnen Grund für die Bewegung zu finden. Ein Börsianer verwies auf einen positiven Analystenkommentar. Ein anderer vermutete die am Vortag angehobene Wachstumsprognose des IWF für die Weltwirtschaft als Ursache. Davon profitiere Thyssen als zyklisches Papier, argumentierte er. Darüber hinaus habe sich die Aktie seit Mitte Februar deutlich schlechter als der Gesamtmarkt entwickelt, was Schnäppchenjäger wieder verstärkt auf den Plan bringe. Andere widersprachen: "Das sind charttechnische Käufe mit der Hoffnung auf eine Bodenbilung", erklärte einer von ihnen. Zudem erwarte der irische Broker Davy, dass der Stahlkocher beim Sorgenkind Brasilien die Kurve kriegen werde.

Dagegen gaben Siemens 2,4 Prozent ab. Einem Börsianer zufolge wirken noch Berichte vom Vortag nach, wonach verpatzte Windkraftprojekte dem Technologiekonzern die Jahresprognose verhageln. Andere Händler verwiesen vor diesem Hintergrund auf Spekulationen um eine Gewinnwarnung.

Auch die im Dax gelisteten Banken gehörten zu den größten Verlierern: Commerzbank verloren 2,2 Prozent und Deutsche Bank 2 Prozent.

Im MDax verbilligten sich GSW Immobilien um 4,5 Prozent. Händler führten das auf die angekündigte Kapitalerhöhung zurück. Die GSW - einer der größten Wohnimmobilieneigentümer in Berlin - will mehr als 200 Mio. Euro erlösen und diese für weitere Akquisitionen verwenden. Analysten reagieren trotz des Kursrückgangs entspannt. Ein derartiger Schritt sei erwartet worden, sagt Ulrich Geis von der DZ-Bank. Schließlich seien die Mittel aus dem Börsengang 2011 bereits für Zukäufe ausgegeben. Weitere interessante Objekte seien derzeit am Markt verfügbar.

Die Ausgabe einer Wandelanleihe und vorläufige Zahlen für das erste Quartal sorgten bei Aktionären von SGL Carbon für Ernüchterung. Die Aktien des Grafit-Spezialisten schlossen 2,9 Prozent im Minus. "Es ist eine gewisse Überraschung, dass SGL erneut eine Wandelanleihe platziert, da unseres Erachtens keine erhöhter Bedarf an frischem Kapital bestand", meint ein Analyst. Die Ergebnisse des ersten Quartals bezeichnete er als "eher schwach". Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern erreichte 36 Mio. Euro und stagnierte damit auf dem Niveau des Vorjahres.

Dagegen gaben Börsianern zufolge Spekulationen um einen Einstieg des Luxusgüter-Herstellers LVMH den Aktien von Douglas Auftrieb. Die Papiere setzten sich mit einem Plus von 2,2 Prozent an die MDax-Spitze. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtet, LVMH habe erste Kontakte mit dem Betreiber der Douglas-Parfümerien und der Thalia-Buchläden geknüpft. Formale Gespräche gebe es bislang aber nicht. "Niemand weiß, ob da was dran ist oder nicht. Man beobachtet das, und vorerst beleben Übernahmefantasien die Aktie", sagte ein Händler.

Sky büßten ihre Vortagesgewinne komplett wieder ein und rutschen um 8,6 Prozent ab. Am Vortag hatte der Bezahlsender wiederum den Zuschlag für die Live-Rechte der Fußball-Bundesliga erhalten, muss dafür aber wesentlich mehr bezahlen als bisher. Die Analysten von HSBC bezeichneten den Preis von 486 Millionen Euro jährlich als "atemberaubend". Dies sei eine Steigerung um 94 Prozent, einziger Gewinner sei die Bundesliga.

Im TecDax belasteten überraschend schwache Geschäftszahlen des US-Konkurrenten Cree die Papiere von Aixtron, die 2,9 Prozent verloren.

Der Ergebnisrückgang im ersten Quartal trübte die Stimmung der Aktionäre von Delticom. Die Aktien des Internet-Reifenhändlers verloren 1,8 Prozent an Wert und gehören damit zu den schwächsten Titeln im SDax. "Auch wenn das Unternehmen die Prognose für 2012 bestätigt hat, dürfte Delticom heute für die schwächeren Quartalsergebnisse abgestraft werden," sagte ein Händler.

Praktiker-Aktien gaben 0,5 Prozent ab. Die Baumarktkette verschiebt wegen der laufenden Sanierungsgespräche mit Investoren ihre Hauptversammlung um einen Monat. Ein Händler bemängelte, dass die Aussagen des Managemets nicht sehr konkret seien und auch die Frage bleibe, wie viel Geld ein Investor in die Hand nehmen wolle.

Quelle: ntv.de, jga/rts/DJ/dpa

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