Marktberichte

Nur eine Aktie im Plus Dax schließt tief im Minus

Die deutschen Aktienmärkte gehen nach einem dramatischen Tag an den Börsen weltweit mit einem dicken Minuszeichen aus dem Handel. Die Lage bleibt überaus angespannt. Der deutsche Leitindex Dax war bereits am Morgen mehr als zehn Prozent abgestürzt, hatte sich über die Mittagsstunden wieder etwas erholen können, nur um dann nach Eröffnung des US-Handels parallel zum Dow erneut einzubrechen. Zeitweise ging es mit dem Dax mehr als elf Prozent nach unten. Zuletzt schien sich die Lage etwas zu stabilisieren. Am Ende des Tages stand für den Dax ein Minus von 7,01 Prozent auf der Kurstafel mit einem Schlussstand von 4544 Punkten. Das Tageshoch lag bei 4653 - das Tagestief bei 4308 Zählern. Der MDax büßte 6,76 Prozent ein auf 5325 Punkte. Der TecDax gab 4,81 Prozent ab auf 516 Punkte.

"Diesen Freitag sollte man abhaken", meinte Händler Robert Halver von der Baader Bank- noch bevor die US-Börsen überhaupt geöffnet hatten. "Die Rasur dürfte heute sehr gründlich gemacht werden", vermutet er und rechnet damit, dass am Nachmittag die Abwärtsdynamik wieder zunimmt. "Es ist zu erwarten, dass Moody's das Kreditrating von Morgan Stanley abstufen wird und außerdem startet die Auktion für Kreditderivate der pleite gegangenen Lehman Bank. Das dürfte für weiteren kräftigen Druck sorgen", sagte er.

Halver hofft aber darauf, dass das G7-Treffen eine Wende bringt. "Am Wochenende haben die wichtigsten Industriestaaten der Welt Gelegenheit, Maßnahmen zu beschließen, die Ruhe in die Märkte bringen könnten. Analysiert werden kann anschließend. Jetzt ist erstmal Handeln dringend gefragt."

Am unteren Ende der langen Verliererliste tauchten im Handelsverlauf immer wieder die Aktien von Postbank und Deutscher Bank auf. Deutsche-Bank-Aktien gingen als größter Dax-Verlierer mit einem Abschlag von 16 Prozent aus dem Handel. Die Postbank-Aktie folgte dicht auf mit einem Minus von 14,6 Prozent. Am Nachmittag hatte die Deutsche Bank bekannt gegeben, ihre Kapitalbasis im Vorfeld des Postbank-Deals zu stärken. Das Institut wandelte dazu nach eigenen Angaben eine Euro- und eine Dollar-Anleihe im Volumen von zusammen fast zwei Milliarden Euro in Kernkapital (Tier 1) um. Die Anleihen, sogenanntes Contingent Capital, gehörten bislang nicht zum Kernkapital des größten deutschen Geldhauses. Postbank-Chef Wolfgang Klein hatte zuvor betont, die Postbank sehe ihre Refinanzierung in den kommenden Jahren gesichert.

Neben den beiden Bank-Aktien standen auch die Papiere von Allianz und M ünchner Rück zum Teil erheblich unter Druck. Allianz gaben zuletzt 9,2 Prozent ab, Papiere des Rückversicherers Munich Re lagen 9,8 Prozent im Minus. Hintergrund sind eher vage Sorgen um die Versicherungsbranche, die nach dem Zusammenbruch von Yamato in Japan neue Nahrung erhalten hatten. Die massiven Turbulenzen an den Finanzmärkten haben nach Ansicht der europäischen Versicherungsaufsicht Ceiops keine gravierenden Folgen für die Versicherer und Pensionsfonds in Europa. Das europäische System sei robust, teilte Ceiops mit. Ein Zusammenbruch wie der des japanischen Versicherer Yamato Life Insurance sei nicht zu erwarten. Die nationalen Aufsichtsbehörden würden die Lage an den Finanzmärkten weiterhin genau beobachten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit verbessern.

Zu den großen Verlierern des Tages zählten auch eher als defensiv bekannte Werte. So sackten zum Beispiel BASF-Aktien 10,01 Prozent ab. Eon-Papiere büßten 10,3 Prozent ein, RWE verbilligten sich um 10,9 Prozent. Am Nachmittag wurde bekannt, dass sich die 27 EU-Staaten auf letzte Einzelheiten zur Neuordnung der Gas- und Strommärkte in Europa geeinigt haben. Die Energieminister verständigten sich nach mehrstündigen Verhandlungen in Luxemburg auf das Paket zum Energie-Binnenmarkt, wie der französische Ratspräsident Jean-Louis Borloo erklärte. Der Beschluss soll mehr Wettbewerb unter den Energieversorgern schaffen.

Die Deutsche Telekom sieht sich ungeachtet der weltweiten Finanzkrise auf gutem Weg, ihre Jahresprognose zu erreichen. Es gebe keinen Grund, die Ziele zu korrigieren, sagte Telekom-Chef Rene Obermann am Freitag in Bonn. Das Unternehmen sei solide finanziert. Die Aktie rauschte mit einem überaus schwachen Gesamtmarkt 13 Prozent nach unten.

Für Überraschung sorgte am Nachmittag die Volkswagen-Aktie mit einem unvermittelten und kurzlebigen Kurssprung von fast 20 Prozent. "VW ist eine unendliche Geschichte. Es gibt keine Neuigkeiten", meinte ein Händler. Am Markt werde seit geraumer Zeit darüber gerätselt, ob sich ein Investor mit den Titeln verspekuliert hat und sich nun zu jedem Preis eindecken muss. Die VW-Aktien haben zuletzt häufig an schwachen Börsentagen zugelegt - und umgekehrt. Am Ende schloss die VW-Aktie mit einem Plus von 15,2 Prozent auf 342 Euro - und blieb damit im Dax der einzige Titel auf der Gewinnerseite.

Der Vorstand des Autozulieferers Continental hat die Belegschaft auf einen möglichen Verkauf der Reifensparten eingestimmt. Zugleich betonte die Conti-Spitze aber, es würden keine Unternehmensteile "verschleudert". In einem Brief an die Mitarbeiter heißt es: "Es wird mit diesem Vorstand keinen Verkauf der Pkw-, Nfz- und ContiTech-Divisionen geben, der nicht gleichzeitig diese Geschäftsfelder stärkt und positive Zukunftsperspektiven eröffnet." Es würden derzeit alle möglichen Optionen geprüft, um Conti für die Herausforderungen der Zukunft zu wappnen. Die Conti-Aktie notierte am Nachmittag 10,0 Prozent im Minus.

Der Reise- und Schifffahrtskonzern Tui wird womöglich schon am Wochenende über den Verkauf der Hamburger Traditionsreederei Hapag-Lloyd entscheiden. Der Touristikkonzern aus Hannover habe für das Wochenende eine Aufsichtsratssitzung angesetzt, ließ Tui-Großaktionär John Fredriksen mitteilen. Dort werde das Thema Hapag-Lloyd auf der Tagesordnung stehen, sagte Tor Olav Troim, der Partner des norwegischen Reeders. Tui wollte sich nicht dazu äußern. Die im MDax notierte Tui-Aktie lag in dem allgemein schwachen Marktumfeld 8,8 Prozent im Minus.

Quelle: ntv.de

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