Deutschland muss wieder mehr bieten Euro kann 1,34 nicht halten
21.08.2013, 08:35 Uhr
Was geht in Ben Bernankes Kopf vor?
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Dollar gewinnt wieder etwas an Stärke. In der Folge kann die Gemeinschaftswährung ein so locker am Vortag übersprungene Hürde nicht halten. An der Gesamtlage ändert sich dagegen wenig: Die Händler warten auf die Fed. Derweil sorgt die anziehende Konjunktur dafür, dass der Bund seinen Anlegern wieder etwas mehr Zinsen zahlen muss. Positive Signale sendet Portugal.
Der Euro unmittelbar vor der mit Spannung erwarteten Veröffentlichung der Fed-Protokolle wieder nachgegeben. Im Tagesverlauf bröckelte der Kurs immer weiter. Zwar stemmte sich die Gemeinschaftswährung gegen den Fall unter die 1,34er Marke. Doch am frühen Nachmittag kostet sie mit 1,3385 Dollar weniger als am Vortag.
Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,3384 Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,7472 Euro. Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,85295 britische Pfund, 130,52 japanische Yen und 1,2310 Schweizer Franken fest.
Am Abend wird die Federal Reserve ihr Protokoll zur jüngsten Zinssitzung veröffentlichen. Beobachter erhoffen sich Hinweise darauf, wann die Fed ihre zur Konjunkturstützung vorgenommenen Anleihekäufe erstmalig verringern wird. Bankvolkswirte rechnen derzeit mit September oder Dezember. Grundsätzlich profitiert der Dollar von diesen Spekulationen, weil sie für einen Anstieg der Renditen am US-Rentenmarkt sorgen.
Kurz vor Veröffentlichung sind die Risikoprämien im Bondhandel am Mittwochvormittag leicht gestiegen. Die iTraxx Indizes als Gradmesser für die Risikoscheu von Investoren haben im Vergleich zu den Schlusskursen vom Dienstag leicht angezogen. Sie handeln jedoch noch immer unter den Höchstkursen des Vortages. Die Aussicht auf einen baldigen Ausstieg der US-Notenbank aus den Wertpapierkäufen hatte zuletzt die Finanzmärkte verunsichert und die Renditen von US-Staatsanleihen stark nach oben getrieben. "Hinweise auf den Einstieg in den Ausstieg aus den Wertpapierkäufen ab September dürften die Marktteilnehmer deshalb kaum noch überraschen", sagt die BHF-Bank. Die spannende Frage sei vielmehr, in welchem Ausmaß die Fed die Käufe reduziert. "Wir gehen davon aus, dass die Fed mit kleinen Schritten beginnen wird und zunächst nur das monatliche Volumen der Treasury-Käufe von derzeit etwa 45 auf 35 Milliarden Dollar anpassen wird", lautet die Prognose der Bank.
Deutschland muss wieder mit Zinsen locken
Unterdessen verliert Deutschland bei den Anlegern etwas an Attraktivität, seitdem sich eine Erholung der Wirtschaft in der Eurozone abzeichnet. Mit Sicherheit allein kann der Bund nicht mehr punkten. Die Investoren wollen wieder höhere Zinsen sehen. Bei der Neuemission zweijähriger Bundesschatzanweisungen erreichte die Durchschnittsrendite mit 0,23 Prozent den höchsten Stand für diese Laufzeit seit März vergangenen Jahres.
Gleichwohl bewegt sich diese Rendite immer noch in der Nähe historischer Tiefstände. Das liegt daran, dass sich die EZB dazu bekannt hat, die Zinsen noch längere Zeit auf dem aktuellen Niveau zu belassen oder sogar zu senken. Die heutige Auktion habe gezeigt, dass Deutschland sich wieder daran gewöhnen müsse, Zinsen für seine zweijährigen Titel zu zahlen, sagt Jan von Gerich, Chef-Stratege bei Nordea. Trotzdem dürften die kurzfristigen deutschen Zinsen noch lange nahe Null bleiben, fügte er hinzu.
Die in jüngster Zeit veröffentlichten Konjunkturdaten deuten darauf hin, dass die Eurozone aus der Rezession herauskommt. Anleger wagen sich daher auch wieder an risikoreichere Investments und lassen die als sicher geltenden deutschen Staatspapiere links liegen.
Bei der Auktion am Mittwoch verkaufte der Bund Schatzanweisungen für 4,092 Milliarden Euro. Inklusive der Marktpflegequote von 908 Millionen Euro belief sich das Emissionsvolumen wie geplant auf 5 Milliarden Euro. Da es sich um eine Neuemission handelt, sind die Ergebnisse nicht direkt vergleichbar mit denen der vorigen Auktion zweijähriger Schatzanweisungen am 10. Juli. Damals erzielten die mit 0,00 Prozent verzinsten Titel eine Durchschnittsrendite von 0,07 Prozent. Die Zeichnungsquote lag mit 2,0 etwas höher als am heutigen Mittwoch.
Portugal kann auf günstigere Refinanzierung hoffen
Indes darf Portugal nach dem Ende der zweieinhalbjährigen Rezession wieder auf günstigere Refinanzierungsbedingungen hoffen. Zumindest für die zwölfmonatigen Schatzwechsel (T-Bills), die die staatliche portugiesische Schuldenverwaltung am Mittwoch verkaufte, musste das Land niedrigere Zinsen zahlen als noch im vergangenen Monat. Die Rendite der ebenfalls offerierten dreimonatigen Titel lag jedoch etwas höher als bei der vorigen Auktion, die allerdings schon im April stattfand.
Hilfreich war sicher auch, dass das angestrebte Volumen mit maximal einer Milliarde Euro recht gering war. So stieß die Auktion auf reges Interesse. Trotz der sommerlichen Ruhe an den Kapitalmärkten konnte das gesamte Angebot untergebracht werden.
Im zweiten Quartal dieses Jahres wuchs die portugiesische Wirtschaft verglichen mit dem ersten Quartal um 1,1 Prozent. Es handelte sich um das erste Wachstum seit dem Schlussquartal des Jahres 2010. Gleichwohl steht die Wirtschaft noch immer auf schwachen Füßen. Deshalb steht trotz der geglückten Auktion vom heutigen Mittwoch keineswegs fest, dass sich Portugal nach dem Auslaufen des Hilfsprogramms für das Krisenland im Jahr 2014 wieder ausschließlich selbst finanzieren kann.
Analysten: Weitere Hilfsgelder nicht ausgeschlossen
Die schwierigen wirtschaftlichen Aussichten und die jüngste politische Krise dürften die Rückkehr an die Kapitalmärkte, wie sie die Regierung plane, erschweren, hieß es in einer Studie der Volkswirte von Barclays. Sofern das Land nicht mit einem positiven Ausblick überrasche, dürfte es zusätzliche Hilfsgelder benötigen - entweder als reine Vorsichtsmaßnahme oder als vollständiges Unterstützungsprogramm.
Portugal hat auch nach der Inanspruchnahme von 78 Milliarden Euro an internationaler Finanzhilfe 2011 Schatzwechsel emittiert und schon erste vorsichtige Schritte unternommen, um sich von der internationalen Finanzhilfe unabhängig zu machen. So verkaufte das Land am 7. Mai Anleihen im Volumen von drei Milliarden Euro gegen eine Rendite von 5,67 Prozent. Die Emission stieß nach Regierungsangaben auf großes Interesse.
Unter anderem auch aufgrund dieser Anleihe verfüge das Land über genügend Mittel, um seine im September anstehenden Rückzahlungen von 5,74 Milliarden Euro zu leisten, berichtete das "Wall Street Journal" kürzlich.
Britisches Pfund und Türkische Lira
Trotz der jüngsten Rally ist der Euro zum Pfund nach Ansicht von BNP Paribas fundamental und auf Basis des hauseigenen Berechnungsmodells kurzfristig weiter relativ unterbewertet. Den fairen Wert sehen die Devisenexperten bei 0,8710 Pfund, weshalb sie zum Kauf des Euro raten mit einem Absicherungsstopp bei 0,8500 Pfund.
Die Türkische Lira gibt weiter nach und befindet sich zu Euro und US-Dollar auf beziehungsweise in der Nähe des Rekordtiefs. Die türkische Notenbank kann zwar die Volatilität des Wechselkurses der Türkischen Lira dämpfen, für eine nachhaltige Umkehr des Trends bedarf es nach Ansicht der Commerzbank (CoBa) jedoch einer deutlichen Verbesserung des Risikoumfelds oder einer Korrektur der Euro-Stärke. Der positive Effekt der unerwarteten Anhebung des Spitzenrefinanzierungssatz von 7,25 auf 7,75 Prozent am Vortag auf die Lira habe sich in Grenzen gehalten.
Nachdem die Notenbank kurz darauf dem Markt 200 Millionen Dollar anstatt der zuletzt üblichen 50 Millionen Dollar bei ihrer Fremdwährungsauktion angeboten habe, habe sich die Lira zwar zum Dollar gut behaupten können, zum Euro verharrte sie jedoch auf den Tiefs bei 2,61/2,62 Lira je Euro. Die Devisenmarktexperten folgern daraus, dass angesichts der derzeit zu beobachtenden allgemeinen Euro-Stärke die Maßnahmen der Notenbank nur einem Tropfen auf dem heißen Stein gleichkommen.
Börse bietet Währungsderivate
Die Deutsche Börse baut ihr Angebot im lukrativen Derivategeschäft aus. Das Unternehmen werde ab dem 7. Oktober den Handel mit Futures und Optionen auf Währungen einführen, kündigte Deutschlands größter Börsenbetreiber an. Der Konzern, der bisher schwerpunktmäßig den Handel mit Zins- und Aktienderivaten anbietet, macht damit vor allem dem US-Anbieter CME Konkurrenz. Über 90 Prozent aller Währungsderivate werden derzeit allerdings außerhalb der Börsen direkt zwischen den Banken gehandelt.
Die Frankfurter haben jedoch die Hoffnung, dass sich dieses Verhältnis in den kommenden Jahren etwas zugunsten des Börsenhandels verschiebt. "Durch unsere gelisteten Kontrakte bieten wir eine Alternative, indem wir die Vorteile des börslichen Handels inklusive Clearing in diesen bislang noch vorwiegend bilateral organisierten Markt bringen", sagte Peter Reitz, Vorstandsmitglied der Börsen-Derivate-Tochter Eurex.
Die EU will Teile des außerbörslichen (OTC) Handels ab dem kommenden Jahr an Börsen verlagern oder zumindest über Clearing-Häuser abwickeln. So soll die Transparenz und Sicherheit in dem Hunderte Billionen Dollar schweren Derivatemarkt steigen. Reuters hatte bereits Ende 2012 berichtet, dass die Deutsche Börse an einem Einstieg ins Geschäft mit Währungsderivaten bastelt. Besonders kleinere Institute ohne eigene Handelsplattform, Hedgefonds und Investmentgesellschaften haben seitdem Interesse an einem solchen Angebot bekundet.
Quelle: ntv.de, jwu/DJ/rts/dpa