Marktberichte

Vor dem Lagebericht der Fed Euro tastet nach Halt

Raghuram Rajan: Der "Ben Bernanke" der Reserve Bank of India (RBI).

Raghuram Rajan: Der "Ben Bernanke" der Reserve Bank of India (RBI).

(Foto: dpa)

Der drohende Militärschlag gegen Syrien setzt die europäische Gemeinschaftswährung unter Druck. Der Dollar gewinnt an Stärke. Konjunkturdaten aus Europa liefern Experten neue Hinweise zur wirtschaftlichen Lage diesseits des Atlantiks.

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,17

Nach der Veröffentlichung einer Reihe richtungsweisender Konjunktursignale aus der Eurozone hat der Euro gegenüber dem Dollar etwas an Boden gutgemacht. Die Gemeinschaftswährung notiert am Abend bei 1,3210 Dollar und damit deutlich fester als am Vorabend.

Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs zur Wochenmitte auf 1,3171 (Dienstag: 1,3172) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,7592 (0,7592) Euro. Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,84380 (0,84730) britische Pfund, 131,06 (130,98) japanische Yen und 1,2345 (1,2325) Schweizer Franken fest.

Die Syrienkrise hält die Finanzwelt nach wie vor in Atem. Ein Militärschlag der USA gegen das Regime in Damaskus wird zusehends wahrscheinlicher. Zur Wochenmitte wurde deutlich, dass Präsident Barack Obama mit der Unterstützung des Senats - eine der beiden Kammern des Kongresses - rechnen kann. Die politischen Konsequenzen einer Militäraktion ohne Mandat der Vereinten Nationen bleiben ungewiss. Die UN-Vetomächte Russland und China lehnen ein militärisches Eingreifen nach wie vor ab. Dementsprechend vorsichtig verhalten sich Investoren, der Dollar bleibt als Reservewährung gefragt.

Am Abend gilt die Aufmerksamkeit dem zweiten großen Thema an den Finanzmärkten, das ebenfalls von den USA dominiert wird. Die amerikanische Notenbank Fed wird ihren Konjunkturbericht ("Beige Book") veröffentlichen. Beobachter halten es jedoch für unwahrscheinlich, dass der Bericht neue Hinweise auf den Zeitpunkt der geldpolitischen Wende in den USA geben wird. Von größerer Bedeutung dafür, wann die Federal Reserve ihre Ankündigung wahr macht und ihre sehr lockere Geldpolitik etwas zurücknimmt, wird der Arbeitsmarktbericht für August sein. Der sogenannte Job Report wird am Freitag erwartet.

Von Konjunkturseite erreichten im Lauf des Vormittags unter anderem die Einkaufsmanagerindizes aus dem Dienstleistungssektor und das BIP-Wachstum der Währungsunion den Markt. Abgesehen davon beobachteten Experten eine ungewöhnlich große Zurückhaltung am Devisenmarkt: Beobachter verwiesen auf die am Donnerstag anstehende EZB-Sitzung, die das Handeln der Investoren überschatte. Die meisten Analysten erwarten nach den zuletzt besseren Konjunkturaussichten keine neuerliche Leitzinssenkung. Im Juli hatte sich EZB-Chef Mario Draghi festgelegt, dass der Leitzins noch "für längere Zeit" beim Rekord-Tiefstand von 0,5 Prozent verharren soll.

"Ziemlich aggressiv"

Zudem warten Anleger nach Einschätzung der Commerzbank-Expertin Thu Lan Nguyen gespannt auf den US-Arbeitsmarktbericht am Freitag, der wichtigsten Datenveröffentlichung aus der größten Volkswirtschaft der Welt. Zuletzt hatte eine unerwartet gute Stimmung unter amerikanischen Einkaufsmanagern die Erwartung verstärkt, dass die US-Notenbank ihre Anleihekäufe zur Ankurbelung der Wirtschaft bereits im September eindämmen wird.

Sehr viel mehr Bewegung gibt es unterdessen in den Schwellenländern: Die indische Zentralbank geht offenbar erneut gegen die Talfahrt der Rupie vor. Händlern zufolge verkaufte sie am Mittwoch massiv Dollar und verhalf damit der Währung zu einem Kursplus von mehr als 1 Prozent. Für einen Dollar mussten am Mittwoch zeitweise 66,81 Rupien gezahlt werden. "Die Intervention war ziemlich aggressiv", sagte Anil Kumar Bhansali vom Finanzberater Mecklai Financial. "Sogar an den Offshore- und Future-Märkten hat die Rupie spürbar gewonnen."

Nach Einschätzung der indischen Zentralbank spielen die insbesondere von Singapur aus betriebenen Offshore-Märkte eine große Rolle bei der Talfahrt der Rupie. Dort können Investoren auf Wechselkursentwicklungen wetten, ohne die Währungen selbst kaufen oder verkaufen zu müssen. Das ist vor allem für ausländische Investoren ein beliebtes Geschäft, da die Rupie nur beschränkt handelbar ist.

Die indische Währung ist seit Monaten unter Druck, seit Jahresbeginn hat sie um rund 20 Prozent abgewertet. Hohe Defizite bei Leistungsbilanz und Haushalt sorgen dafür, dass Investoren ihr Geld aus Indien abziehen. Die Ankündigung der US-Notenbank Fed, ihre massiven Anleihenkäufe zurückzufahren, hat die Kapitalflucht verstärkt. Vergangene Woche war die Währung auf ein Rekordtief gefallen - für einen Dollar mussten 68,85 Rupien gezahlt werden.

Indien wechselt Zentralbankchef aus

Die mutmaßliche Intervention erfolgte nun am Tag des Stabwechsels an der Spitze der indischen Zentralbank, die künftig vom ehemaligen Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF), Raghuram Rajan, geleitet wird. Die vor ihm liegenden Herausforderungen sind immens, schließlich steckt Indien in der schwersten Wirtschaftskrise seit mehr als zwei Jahrzehnten.

Sogar der IWF sorgt sich inzwischen wegen der Wechselkurs-Ausschläge, unter denen neben Indien auch Brasilien oder Indonesien leiden. Der Fonds riet den Schwellenländern, Kursschwankungen zuzulassen, die auf die schwächere Wirtschaft zurückzuführen sind. Gegen übermäßige und ungeordnete Bewegungen sollten sie sich aber wappnen. In Ländern, die über angemessene Devisen-Reserven verfügen, seien Interventionen vertretbar, so der IWF.

Indien hatte vergangene Woche einen gemeinsamen Eingriff mit anderen Schwellenländern auf den Devisenmärkten angeregt, um den Kursverfall von Rupie, Real & Co. aufzuhalten. Auf dem am Donnerstag beginnenden Treffen der zwanzig führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) in St. Petersburg werden die Währungsturbulenzen ebenfalls Thema sein.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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