Der Kursrutsch dauert an Euro unter Druck
06.05.2010, 17:10 UhrEZB-Präsident Trichet kann die Talfahrt des Euro nicht stoppen. Die Gemeinschaftswährung sinkt zeitweise unter die Marke von 1,27 US- Dollar.
Investoren misstrauen dem Euro weiterhin. Die Gemeinschaftswährung fiel zeitweise auf 1,2692 Dollar - den tiefsten Stand seit März 2009. Später erholte sich der Euro wieder etwas auf 1,2748 Dollar.
"Die Sorgen über eine Verschlimmerung der Schuldenkrise in der Euro-Zone lassen nicht nach", sagte Analyst Ben Potter von IG Markets. In der laufenden Woche hat die Gemeinschaftswährung gegenüber dem Dollar fast vier Prozent eingebüßt, seit Jahresbeginn summiert sich der Wertverlust bereits auf gut zehn Prozent.
"Der Markt hat auf klarere und entschiedenere Aussagen von EZB- Präsident Trichet gehofft", sagte Devisenexpertin Antje Praefcke von der Commerzbank. Es sei allerdings verständlich, dass sich Trichet nicht deutlicher zu fiskalpolitischen Themen geäußert habe. Die Aussage Trichets, dass der Ankauf von Staatsanleihen nicht diskutiert worden sei, habe den Euro kurzzeitig verstärkt unter Druck gesetzt. Mit dieser Aussage sei das Instrument aber nicht gänzlich ausgeschlossen. Am Markt war diese Möglichkeit zuletzt diskutiert worden. Der Euro bleibe insgesamt stark angeschlagen. Zuletzt hatten Zweifel an der Durchsetzbarkeit der drastischen Sparmaßnahmen in Griechenland und die Sorge vor einer Ausweitung der Krise den Euro massiv unter Druck gesetzt.
"Trichet war bemüht, die Befürchtungen einer möglichen Ansteckung weiterer Staaten der Eurozone zu zerstreuen", erklärte NordLB-Experte Christian Lips. Trichet habe versucht, die Märkte zu beschwichtigen. Die Risiken würden jedoch hoch bleiben, weshalb die Zinswende weiter in die Ferne gerückt sei. Die EZB hatte den Leitzins wie erwartet auf dem Rekordtief von 1,0 Prozent belassen. Neue Impulse könnte aus Sicht von Praefcke der US-Arbeitsmarkt am Freitag liefern. Bei einem unerwartet kräftigen Beschäftigungsaufbau könnte der Euro erneut massiv unter Druck geraten.
Flucht aus dem Euro
Im Handel ist von einer regelrechten Flucht aus dem Euroraum die Rede. "Der Euro wird von zwei Seiten in die Zange genommen", schreibt die Commerzbank in einer Studie. So steige zum einen die Angst vor Ansteckungseffekten auf andere Euro-Länder. Zudem drohe die Lage in Griechenland selbst außer Kontrolle zu geraten, nicht zuletzt wegen des massiven Widerstands in der Bevölkerung. "Das offenbart die eigentliche Schwäche der Bailout-Lösung: Es gibt bisher keinen Plan für den Fall, dass die Konsolidierung in Griechenland scheitert."
Händlern zufolge kam der Druck auf den Euro stark von US-Investoren. "Die sind einfach viel skeptischer als die Europäer, die den Euro am Morgen noch gekauft haben", sagte ein Devisenhändler. Auch gegenüber anderen Währungen stand die Gemeinschaftswährung unter Druck. Mit 118,58 Yen fiel der Euro zur japanischen Valuta auf den tiefsten Stand seit Februar 2009. Mit 84,28 Pence erreichte die Gemeinschaftswährung ein Elf-Monatstief zum Pfund Sterling.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) gab nach Aussagen von Devisenhändlern ihre Anstrengungen zur Stützung des Euro-Franken-Kurses auf und stellte die Käufe von Euro gegen Franken weitgehend ein. Die Einheitswährung sackte daraufhin um mehr als zwei Rappen auf rekordtiefe Kurse bei 1,4050 Franken ab. Davor hatten die Schweizer Währungshüter Milliarden-Eurobeträge aufgekauft und so den Eurokurs nach Händlereinschätzungen lange bei etwa 1,4325 Franken gehalten.
Blick nach Athen
Mit Spannung erwartet wird die im Tagesverlauf anstehende Abstimmung des Parlaments in Athen über das griechische Sparpaket. Die Haushaltskrise Griechenlands und die wochenlangen Diskussionen um internationale Hilfe für das Land lassen den Euro-Kurs seit langem stetig sinken. Am Mittwoch setzte die Ankündigung der Ratingagentur Moody's, innerhalb der kommenden Monate möglicherweise die Kreditwürdigkeit Portugals herabzustufen, die Gemeinschaftswährung zusätzlich unter Druck.
Nach Einschätzung der Helaba sind positive Impulse für den Euro weder vonseiten fundamentaler noch von technischer Seite zu sehen. Insofern sei weiterhin Vorsicht angebracht und ein Test der Unterstützung bei 1,2707 Dollar im Rahmen des Möglichen.
Quelle: ntv.de, DJ/dpa