Vivendi macht Dampf Europa bleibt zurück
08.07.2002, 20:20 UhrDie europäischen Blue Chips starteten nach den rasanten Gewinnen vom Freitag schwächer in die neue Woche. Die Sorgen über Bilanzierungspraktiken hätten sich erneut breit gemacht, so ein Händler, nachdem eine Wirtschaftszeitung über zu hoch ausgewiesene Umsätze des Pharmakonzerns Merck berichtet hatte. Allerdings konnten die Abschläge an den Märkten bis zum Handelsschluss noch deutlich eingegrenzt werden: Der Eurostoxx 50 fiel 0,3 Prozent auf 3.156 Punkte, für den Stoxx 50 ging es 0,5 Prozent auf 3.073 Zähler nach unten.
Dem "Wall Street Journal" zufolge hat das Pharma-Unternehmen Merck in den vergangenen drei Jahren Umsätze seiner Tochter Medco in Höhe von insgesamt rund 12,4 Milliarden Dollar verbucht, ohne das Medco diese Gelder tatsächlich eingenommen habe. Der Bericht rücke die Sorge um die Bilanzpraktiken in den USA natürlich auch in Europa wieder in den Blickpunkt, so ein Händler. Man dürfe auch nicht vergessen, dass die Berichtsaison in den USA anstehe. Viele Anleger würden wohl in der nächsten Zeit sehr vorsichtig agieren.
Neuigkeiten gab es wieder von Vivendi Universal. Das Medienunternehmen rechnet schon in Kürze mit einer Einigung mit den Gläubigerbanken über die kurzfristigen Liquiditätsprobleme des Unternehmens. Verhandlungsnahen Kreisen zufolge benötigt Vivendi zwei bis drei Milliarden Euro, um seinen kurzfristigen Verbindlichkeiten nachkommen zu können. Die oberste Priorität gelte daher dem Abschluss der Übereinkunft mit den Gläubiger-Banken, verlautete aus Kreisen. Die Aktie reagierte mit einem Kursplus von knapp 6 Prozent auf 18 Euro auf die Ankündigung.
Der britische Mobilfunkbetreiber Vodafone will den hoch verschuldeten Franzosen zudem einem Pressebericht zufolge ihre 44-prozentige Beteiligung an der französischen Mobilfunkfirma Cegetel für 4,7 Milliarden Euro abnehmen. Der neue Vivendi-Chef Jean-Rene Fourtou sei einem Verkauf gegenüber positiver eingestellt als sein Vorgänger Jean-Marie Messier, so der Bericht weiter. Die Vodafone-Aktie schloss mit einem Plus von 2,1 Prozent bei 95,25 Pence.
Weiterhin schwach bleibt der Ausblick der Telekom-Ausrüster nach Meinung der Investmentbank Credit Suisse First Boston. In den kommenden fünf Jahren werde das Wachstum der Branche höchstens gering ausfallen, wahrscheinlich sogar ganz ausbleiben, so die Analysten. Für die Aktie von Nokia ging es 2,6 Prozent ins Minus auf 15,16 Euro, Ericsson verlor 4,1 Prozent auf 16,50 Euro.
Unter der weltweiten Konjunkturflaute leidet auch Diageo. Nach eigenen Angaben hat der weltgrößte Spirituosen-Hersteller im zweiten Halbjahr einen Rückgang bei den Umsätzen seiner Top-Marke „Johnnie Walker“ verzeichnet. Auch bei „J&B Scotch“ sowie „Baileys“ habe es nur ein langsames Wachstum gegeben, hieß es weiter. Die Aktie gab 3,8 Prozent auf 777 Pence nach.
Ein düsteres Zukunftsbild malte auch der Hersteller von TV-Set-Top-Boxen Pace Micro Technologies. Die Briten haben im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Gewinneinbruch um 70 Prozent auf 13,1 Millionen Pfund verbucht und rechnen für das zweite Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres mit einer weiteren Verschlechterung der Lage. Die Aktie brach 24,5 Prozent auf 37,5 Pence ein.
Minuszeichen auch bei Novartis. Auf der weltweiten Portfolio-Empfehlungsliste der Investmentbank Lehman Brothers verliert der schweizer Pharmariese seinen Platz. Novartis gab daraufhin knapp 1 Prozent auf 64,60 Euro nach.
Die Aktien des Versorgers Scottish & Southern Energy verbuchten hingegen Zugewinne von 3,3 Prozent auf 673 Pence. Der britische "Observer" hatte berichtet, E.ON sei an dem britischen Energieversorger interessiert.
Quelle: ntv.de