Inside Wall Street Geothermik erwärmt die Börsen
15.05.2008, 20:29 UhrJahrelang war es amerikanischen Wissenschaftlern verboten, über die Bedrohung des Eisbären überhaupt zu sprechen jetzt kommt die Trendwende: Selbst die selektiv blinde Regierung des George W. Bush setzt den arktischen Riesen auf die Liste der gefährdeten Arten. Auch anderswo findet ein Umdenken statt - sogar an der Börse.
Je mehr Schlagzeilen der Eisbär macht und je höher der Ölpreis klettert, desto mehr stehen alternative Energien im Mittelpunkt der Anleger und Analysten. Ob das ein wenig von Verantwortungsbewusstsein getrieben wird oder ob ganz allein die Gewinnaussichten für den Sektor dahinterstehen, sei hier nicht weiter erörtert. Fakt ist: Die Investitionen in der Branche ziehen an; zu den größten Wachstumssektoren gehört Geothermik.
Die Branche ist recht überschaubar. An den amerikanischen Börsen sind mit Ormat Technologies und US Geothermal nur zwei Unternehmen notiert, die auf Geothermik spezialisiert sind. Und selbst die Börsen in Großbritannien, Kanada, Australien, Neuseeland eingeschlossen, findet sich nur ein gutes Dutzend Konzerne. Doch die finden immer mehr Investoren - direkt und über Geld, das in entsprechende Indexfonds gesetzt wird.
Zu den Großinvestoren, die zuletzt auf Geothermik gesetzt und der Branche damit zu Glaubwürdigkeit in Anlegerkreisen verholfen haben, gehört Berkshire Hathaway ebenso wie die Brokerhäuser Goldman Sachs und Morgan Stanley. Deren Geld fließt allerdings zu großen Teilen auch in Unternehmen, die nur einen Teil ihrer Gewinne mit Geothermik erzielen, darunter der breit aufgestellte Energieriese Chevron und der Industrie-Multi United Technologies, beides Dow-Werte.
Insgesamt sind allein im Jahr 2007 etwa 3 Milliarden Dollar in den Wachstumssektor geflossen, haben die Analysten von New Energy Finance ermittelt. Die Reaktion der Aktien war entsprechend gut: Die beiden genannten US-Spezialisten haben zuletzt deutlich besser performt als der S&P-500, die Aktie von Ormat liegt auf Jahressicht satte 40 Prozent über dem breiten Markt.
Die Gründe für das wachsende Interesse an Geothermik sind vielseitig: Zum einen erkennen Analysten durchaus ein steigendes Umweltbewusstsein, das Hoffnung und Vertrauen in erneuerbare Energien bringt. Zum anderen haben zahlreiche US-Bundesstaaten ihre Energieversorger bereits aufgefordert, verstärkt grüne Quellen anzuzapfen.
Und zu guter Letzt hilft der Branche, dass die Regierung in Washington immer mehr subventioniert. Jüngst beschlossene Steuernachlässe für Investitionen in Geothermik zahlen sich etwa aus, da sie auf diese Weise erzeugten Strom so rentabel machen wie bisher nur Wind und Solar.
Mit Blick nach vorne sehen Analysten und Brancheninsider enormes Wachstumspotenzial. Bis zu 150.000 Megawatt könnten US-Firmen in geothermischer Energie gewinnen, heißt es. Aktuell kommt man gerade auf 1000 Megawatt - immerhin ein Drittel dessen, was weltweit erzeugt wird. In manchen Staaten, darunter Oregon, Idaho, Kalifornien und Nevada, könnten einmal 60 Prozent des gesamten Stromverbrauchs aus der Erde gespeist werden. Das sind interessante Aussichten - für die Unternehmen und für die Anleger.
Quelle: ntv.de