Fauler Schweden-Happen High-Techs drücken Dax
22.04.2002, 20:10 UhrPrognosen verfehlt und kaum Aussicht auf Besserung - die Nachrichten des schwedischen Handy-Herstellers Ericsson lagen den Anlegern am Montag schwer im Magen und schickten vor allem die deutschen High-Techs auf Talfahrt. Der Dax fiel 1,5 Prozent auf 5.205 Punkte.
Mit einem Verlust von 5,4 Milliarden Schwedischen Kronen im ersten Quartal lag der Handy-Konzern deutlich über den Schätzungen der Analysten, die lediglich mit einem Fehlbetrag von 4,9 Milliarden Kronen gerechnet hatten. Auch der Ausblick der Schweden war wenig erfreulich: Es sei bis in das nächste Jahr hinein mit schwachen Marktbedingungen zu rechnen. Um Kosten zu sparen, kündige Ericsson den Abbau von weiteren 10.000 Arbeitsplätzen in diesem Jahr und 10.000 Stellen im Jahr 2003 an.
Nach der Umsatzwarnung von Nokia sei dies bereits die zweite Hiobsbotschaft für den europäischen Telekom-Sektor, so ein Händler. Die Zahlen seien sehr schlecht und der Ausblick noch schlechter. Ericsson habe einen bedrückenden Bericht geliefert, so Susan Anthony, Analysten bei Credit Lyonnais. Man müsse nun abwarten, ob der Markt auf die Kostensenkungsmaßnahmen baue oder ob gleich die ganze Branche für eine Zeit abgeschrieben werde.
Auf der Verliererseite standen auf dem Frankfurter Parkett im Sog von Ericsson vor allem die High-Techs. Die Siemens-Aktie fiel 5,9 Prozent auf 63,86 Euro. Der Münchener Elektronikkonzern steht einem Magazinbericht zufolge vor einem weiteren Stellenabbau in seiner Netzwerksparte. Im Geschäftsbereich Information and Communication Networks (ICN) sollen etwa 5.000 Stellen zusätzlich wegfallen, so der Bericht. Der Abbau betreffe zu drei Vierteln im Ausland tätige Mitarbeiter, hieß es weiter. Für Infineon ging es 1,8 Prozent auf 23,15 Euro nach unten, Epcos schloss 4,6 Prozent bei 47,87 Euro unter dem Freitagsschluss, und SAP gaben 2,6 Prozent auf 152,85 Euro nach. Die Aktie der Deutschen Telekom lag mit 2,1 Prozent bei 16,70 Euro in der Verlustzone.
Im Blickpunkt auf dem Frankfurter Parkett standen auch die Aktien von E.ON und Degussa. Einem Zeitungsbericht zufolge hat die Bundesregierung der RAG signalisiert, dass sie dem geplanten Tausch von Ruhrgas-Anteilen gegen die Aktien der E.ON-Tochter Degussa „grundsätzlich positiv“ gegenübersteht. Mit dem Tausch der Anteile will E.ON die vom Bundeskartellamt abgelehnte Übernahme der Ruhrgas doch noch erreichen. Die E.ON-Aktie schloss mit einem Plus von 0,4 Prozent bei 58,99 Euro, für Degussa ging es 1,3 Prozent auf 36,22 Euro nach unten.
Die Allianz spricht derzeit ausschließlich mit der Tchibo-Holding über den Verkauf ihres Anteils am Kosmetik-Konzern Beiersdorf. Dies berichtet die Financial Times Deutschland am Montag. Mit den anderen Interessenten liefen die Kontakte „auf Sparflamme“, so der Bericht weiter. Die Allianz-Aktie fiel 1,1 Prozent auf 272,50 Euro, Beiersdorf verlor 0,1 Prozent auf 134,80 Euro.
Die MAN-Tochter Ferrostaal soll über Konten der Warburg-Bank bedeutende Schmiergeldzahlungen an den ehemaligen nigerianischen Militärdiktator Sani Abacha und seinen Clan veranlasst haben. Nun ermittele die Staatsanwaltschaft wegen Beihilfe zur Untreue auch gegen den Chef des Anlagenbauers. Dies berichtet das Handelsblatt am Montag. Die MAN-Aktie fiel 2,9 Prozent auf 26,58 Euro.
Der Pharmakonzern Stada ist 2001 kräftig gewachsen. Der Hersteller von kostengünstigen Nachahmerpräparaten, so genannten Generika, hat den Umsatz um 15 Prozent auf 538 Millionen Euro gesteigert. Der Jahresüberschuss betrug dabei knapp 25 Millionen Euro, eine Steigerung um 34 Prozent. Die Aktionäre sollen von der positiven Entwicklung profitieren: die Dividende wird von 49 auf 59 Cent angehoben. Auch 2002 will der Konzern wieder im zweistelligen Bereich wachsen. Angesichts des optimistischen Ausblicks ist der Kursverlust von 4,2 Prozent auf 39,50 Euro wohl als Gewinnmitnahme zu werten.
Das Kerngeschäft des insolventen Baukonzerns Philipp Holzmann steht offenbar kurz vor dem Verkauf. Als Favorit für einen Übernahme der fünf Hauptniederlassungen in Deutschland gilt zur Zeit die niederländische Heijmans-Gruppe, so die Nachrichtenagentur Reuters. Heijmans bestätigte die Verhandlungen und sagte, ein Ergebnis werde es in zwei Wochen geben. Die Holzmann-Aktie legte zwischenzeitlich auf 3 Euro zu. Zum Schluss lag sie noch mit 54 Prozent bei 2,50 Euro im Plus.
Im weiteren Wochenverlauf werden nach Ansicht von Händlern auch weiterhin Quartalszahlen das Geschehens bestimmen, wobei dann allerdings auch die deutschen Blue Chips in den Mittelpunkt des Interesses rücken dürften. Unter anderem werden Zahlen von Siemens, Infineon, DaimlerChrysler und Schering erwartet. International geht der Blick wie schon in der letzten Woche in die USA, wo unter anderem Amazon.com und AOL Time Warner die Karten auf den Tisch legen werden. Im Blickpunkt dürfte allerdings in Deutschland auch der ifo-Index stehen, der am Donnerstag erwartet wird. Am Freitag werden in den USA zudem die neuesten Daten zum Verbrauchervertrauen sowie das Bruttoinlandsprodukt erwartet.
Quelle: ntv.de