Über 100 Punkte futsch Libyen lastet auf dem Dax
21.02.2011, 18:00 UhrDie Unruhen in Libyen lassen bei Anlegern am deutschen Aktienmarkt die Unsicherheit über eine weitere Eskalation und deren Folgen für die Ölversorgung wachsen. Das spürt vor allem der Chemieriese BASF.
Die Zuspitzung der politischen Lage in Libyen hat am Montag auf der Stimmung am deutschen Aktienmarkt gelastet. Auch ein überraschend starker Ifo-Geschäftsklimaindex konnte da wenig ausrichten. Rettende Impulse aus den USA fielen wegen eines Feiertags aus. Als der Dax dann am Nachmittag dann auch noch eine wichtige charttechnische Hürde riss, rutschte der Gesamtmarkt endgültig nach unten.
Der Dax beendete den Handelstag bei 7321,81 Punkten, das entspricht einem Minus von 105 Punkten oder 1,4 Prozent. Der MDax verlor 1,7 Prozent auf 10.338,55 Punkte. Der TecDax gab 1,7 Prozent ab auf 901,11
Der besser als erwartete Ifo-Geschäftsklimaindex sorgte am Morgen kurzzeitig für steigende Kurse, rückte dann jedoch schnell wieder in den Hintergrund. Trotz Euro-Schuldenkrise und Inflationssorgen hat der wichtige Konjunkturindikator weiter Fahrt aufgenommen und stieg auf 111,2 Punkte, den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. Vor allem eine Besserung bei der Einschätzung der gegenwärtigen Lage trieb den Index nach oben, die Geschäftserwartungen verbesserten sich hingegen nur geringfügig.
Die Massenproteste gegen den libyschen Machthaber Muammar Gaddafi haben Menschenrechtlern zufolge inzwischen mehr als 200 Tote gefordert. Eine Beruhigung ist nicht in Sicht: Gaddafis Sohn kündigte einen Kampf bis zum Ende an. Angesichts dieser Entwicklungen stieg der Preis für ein Barrel der Nordsee-Ölsorte Brent auf ein Zweieinhalb-Jahres-Hoch von 105 US-Dollar.
Besonders betroffen von den Unruhen war am deutschen Aktienmarkt der Chemieriese BASF. Das Dax-Schwergewicht verlor 2,7 Prozent und war damit einer der schwächsten Standardwerte. Händler verwiesen auf das Engagement der Konzerntochter Wintershall in Libyen, die ihre dortige Produktion der acht Ölfelder wegen der Proteste drosseln muss. Wintershall produziert in Libyen pro Tag bis zu 100.000 Barrel Öl, BASF benötigt den Rohstoff zur Herstellung vieler Chemikalien.
Merck-Ausblick treibt
An der Dax-Spitze legten hingegen Merck 4,5 Prozent zu. Die Aussicht auf deutliche Gewinnsteigerungen ermunterte Anleger zum Kauf der Aktien des Pharma- und Spezialchemiekonzerns. "Der ordentliche Ausblick hilft den Aktien trotz der nur gemischt ausgefallenen Zahlen nach oben", sagte ein Händler. Dagegen habe die operative Entwicklung insbesondere bei der Sparte Merck Serono abermals enttäuscht.
Ebenfalls gefragt waren die Titel von MAN mit einem Plus von 0,6 Prozent. Der Lkw-Hersteller hat die Veröffentlichung seiner Jahresbilanz und auch seine Hauptversammlung nach hinten verschoben. Statt am 1. März will MAN seine Bilanz nun am 21. März vorlegen. Wann die ursprünglich für den 8. April geplante Hauptversammlung stattfinden soll, steht bislang nicht fest. "Das heizt nun Fusionsspekulationen an", sagte ein Händler. Großaktionär VW will, dass MAN mit dem schwedischen Konkurrenten Scania zusammengeht. Zuvor muss allerdings der endgültige Ausstieg bei der einstigen Tochter Ferrostaal gelingen. Noch hält MAN 30 Prozent an dem Industriedienstleister. "Die Leute hoffen, dass die Verschiebung der Bilanzvorlage auch mit den entsprechenden Verhandlungen zu tun haben könnte", sagte der Händler.
Nebenwerte segeln abwärts
Unter den Nebenwerten standen Papiere von Gagfah weiter unter Druck. Die Aktie des Immobilienkonzerns verloren 2,7 Prozent und schrieben damit Gewinnmitnahmen vom Freitag fort. Als ein Auslöser für die Verkäufe gilt ein Bericht in der ARD, der unter Anlegern Befürchtungen weckt, Gagfah müsse bei seinen Objekten mit höheren Instandhaltungsaufwendungen rechnen.
Größter Verlierer im MDax war Sky Deutschland mit 6 Prozent Minus nach einem negativen Analystenkommentar. Die Experten des Bankhaus Lampe halten ihre Verkaufsempfehlung für die Aktie des Bezahlfernsehsenders aufrecht, erhöhen jedoch das Kursziel von 0,80 auf 1,30 Euro je Aktie. Damit bleibt das Kursziel jedoch noch deutlich unter dem aktuellen Kurs, der rund 6 Prozent bis auf 2,90 Euro fällt.
Im TecDax setzte auch Aixtron den am Freitag eingeschlagenen Abwärtskurs fort und verloren weitere 3,1 Prozent. Börsianern zufolge litten die Titel immer noch unter einem kritischen Kommentar der Citigroup von der vorigen Woche. Die Analysten hatten gewarnt, der Markt unterschätze den drohenden Nachfrage-Rückgang in China, wo Subventionen abgebaut würden. Sie empfahlen Aixtron-Aktien daher mit einem Kursziel von 20 Euro zum Verkauf. Die Titel des Konkurrenten Veeco waren am Freitag um knapp sieben Prozent eingebrochen.
Die stärksten Verluste im TecDax verbuchten die Solarwerte, angeführt von Solarworld mit einem Minus von 6 Prozent. Für Q-Cells ging es 4,4 Prozent nach unten, Roth + Rau notierten 3,7 Prozent schwächer, Phoenix Solar gaben 3,4 Prozent nach. Die Aktien hatten am Freitag im Zuge guter Geschäftszahlen von SunPower kräftige Kursgewinne verbucht.
Ein kräftiger Umsatz- und Ergebnis-Anstieg gab im SDax SKW Stahl Auftrieb. Die Aktien des Stahlindustrie-Zulieferers legten 3,3 Prozent zu. Die Zahlen untermauerten die guten Aussichten auf weiteres Wachstum, sowohl organisch als auch durch Zukäufe, schrieb Warburg-Analyst Frank Laser in einem Kommentar. "All dies wird von einer weiterhin günstigen Bewertung flankiert." Er bekräftigte seine Kaufempfehlung und das Kursziel von 23 Euro.
Quelle: ntv.de, nne/dpa/DJ/rts