RTV stürzt ins Bodenlose Neuer Markt sah rot
18.06.2002, 20:30 UhrOben ist die Luft dünner - dem Neuen Markt war sie offensichtlich zu dünn, denn nachdem die Wachstumsbörse am Montag noch Höhenluft witterte, ging es am Dienstag schon wieder in die Verlustzone. Der Nemax 50 fiel 1,0 Prozent auf 681 Punkte, für den Nemax All Share ging es 0,6 Prozent auf 731 Zähler nach unten.
Die Gewinne am Vortag seien nur eine technische Reaktion auf die Verluste vom Freitag gewesen, so ein Händler. Die Anleger hätten nach wie vor kein Vertrauen in das deutsche Wachstumssegment, das ändere sich auch durch einen guten Börsentag nicht. Nun würde erst mal Kasse gemacht.
Am Nachmittag gab es eine ganze Reihe neuer US-Konjunkturdaten, die allerdings überwiegend im Rahmen der Erwartungen ausfielen und dem Markt daher nicht nach oben helfen konnten. Nach Angaben des US-Handelsministeriums ist die Zahl der US-Wohnbaubeginne im Mai um 11,6 Prozent auf 1,733 Millionen Einheiten gestiegen und lag damit über den Erwartungen von 1,600 Millionen Einheiten. Es war zudem der stärkste Anstieg seit Juli 1995. Die Realeinkommen der US-Arbeitnehmer sind unterdessen im Mai um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vormonat gestiegen. Die US-Verbraucherpreise blieben im Mai im Vergleich zum Vormonat unverändert. Analysten hatten hier mit einem Anstieg um 0,1 Prozent gerechnet.
Der Dienstleister für erneuerbare Energien, Umweltkontor, hat den Windparkanlagen-Hersteller Ecomill Windpark vollständig übernommen. Mit dem Kauf verbunden sei die Übernahme von sieben Fonds- und Eigentümergesellschaften, die 53 Windenergieanlagen mit einem Investitionsvolumen von rund 50 Millionen Euro beinhalteten, so das Unternehmen. Die Aktie legte 6,2 Prozent auf 3,95 Euro zu.
Zulegen konnte auch Poet Holdings. Das Softwareunternehmen wird nach eigenen Angaben künftig mit dem US-Unternehmen GE Global eXchange Services kooperieren. Zusammen werden beide Unternehmen eine Plattform mit Business-Services für das Catalog Content Management aufbauen, hieß es weiter. Die Aktie stieg 8,8 Prozent auf 0,99 Euro.
Einen Absturz erlebte die Aktie von RTV Family Entertainment, die 56 Prozent auf 0,28 Euro fiel. Der Filmrechte-Händler hatte am Montag nach Börsenschluss seine Zahlungsunfähigkeit bekannt gegeben. Die Hauptaktionäre und die Banken hätten noch nicht über ein Sanierungskonzept entschieden, hieß es weiter.
Weiter nach unten ging es auch für Pixelnet, die Aktie gab 16 Prozent auf 0,58 Euro nach. Es fehle weiter das Vertrauen in die Aktie, nachdem in der vergangenen Woche zwei Vorstände zurückgetreten seien, so ein Händler. Analysten schlössen zudem eine Insolvenz des Internet-Fotodienstleisters nicht aus. Pixelnet selber will sich in der kommenden Woche äußern.
Im Konflikt zwischen der France Telecom und MobilCom könnte in dieser Woche das letzte Kapitel geschrieben werden. Nach Angaben aus verhandlungsnahen Kreisen will die France Telecom in dieser Woche eine Einigung mit den Banken bekannt geben. Grundzüge der geplanten Vereinbarung waren bereits in der vergangenen Woche bekannt geworden. Demnach ist das aus 17 Banken bestehende Konsortium im Rahmen der Refinanzierung der MobilCom-Schulden offenbar zu einem zehnprozentigen Forderungsverzicht bereit. Bei MobilCom stehen Ende Juli Darlehen über 4,7 Milliarden Euro zur Umschuldung an. Für die MobilCom-Aktie ging es 3,1 Prozent auf 8,30 Euro nach oben.
Der Softwareentwickler TelesensKSCL gab am Nachmittag bekannt, das Unternehmen habe einen Antrag auf Insolvenz gestellt. Die Papiere, die am Neuen Markt im November 2000 zeitweise über 60 Euro kosteten, fielen 62 Prozent auf 0,11 Euro. Die Aktie war am 10. Juni in den Geregelten Markt gewechselt.
Und noch ein weiteres ehemaliges Unternehmen des Neuen Marktes hat Insolvenz angemeldet: der Medienkonzern H5B5. Die Aktie, die inzwischen ebenfalls im Geregelten Markt gelistet ist, brach um 50 Prozent auf 0,10 Euro ein.
Die US-Technologiebörse Nasdaq will ab Januar 2003 mit einem Gemeinschaftsunternehmen auch in Deutschland an den Start gehen. Die Börsen Berlin, Bremen sowie die Commerzbank, Comdirect und die Dresdner Bank würden gemeinsam einen neuen Aktienmarkt in Deutschland etablieren, teilte die Nasdaq in Frankfurt mit. Gehandelt werden an der neuen Börsenplattform sollen die wichtigsten Aktien des Dax 100, Nemax 50, Nasdaq 100, Eurostoxx 50 sowie des Dow Jones. Die Comdirect-Aktie zeigte sich unbeeindruckt von der Ankündigung und fiel 1,2 Prozent auf 6,45 Euro. Comdirect wird 7,5 Prozent an dem Gemeinschaftsunternehmen halten.
Quelle: ntv.de