Dow unter 9000 Punkten Panik an der Wall Street
09.10.2008, 22:20 UhrAn den US-Börsen ist es am Donnerstag zu einem massiven Ausverkauf gekommen, der den US-Leitindex Dow Jones erstmals seit fünf Jahren wieder unter die Marke von 9000 Punkten fallen ließ. Die Ängste vor einer tiefen Rezession und die Unsicherheit über die Zukunft an den Börsen löste im späten Handel einen schwindelerregenden Kursrutsch aus.
Der Dow-Jones-Index fiel um 679 Zähler oder 7,3 Prozent auf 8579 Punkte. Der marktbreite S&P-500-Index sank um 75 Zähler oder 7,6 Prozent auf 910 Punkte. Die Hightech-orientierte Nasdaq gab um 95 Zähler oder 5,5 Prozent auf 1645 Punkte nach.
Auf den Tag genau vor einem Jahr hatte der Dow-Jones-Index, in dem die größten 30 US-Werte zusammengefasst werden, seinen bisherigen Rekursschlussstand von 14164,53 Punkten erreicht. Seither verlor er fast 40 Prozent. Am ersten Tag nach dem Verbot des Handels mit Short-Positionen von Finanzinstituten zeigte weiterhin keine Maßnahme der Regierung Wirkung und die weltweiten Kreditmärkte blieben eingefroren.
Die US-Regierung hat unterdessen beschlossen, im Rahmen des Rettungspakets nicht nur faule Kredite, sondern auch Bankanteile zu kaufen, um den Unternehmen so Finanzspritzen zukommen zu lassen. Die ersten Käufe sollen zum Monatsende erfolgen. Doch wie auch bei der Zinssenkung wurde die anfängliche Rallye an den Märkten sofort wieder verkauft.
Die mit Abstand größten Verluste im Dow verbuchten die Papiere von General Motors mit einem Minus von 31 Prozent auf 4,76 US-Dollar. Die Papiere fielen damit auf den tiefsten Stand seit 1950. Die Papiere von Ford fielen um 22 Prozent. Beide Unternehmen hatten gewarnt, dass die Kreditkrise sich negativ auf ihre Verkaufszahlen auswirken werde und die Kreditratings wurden bei Standard & Poor unter Beobachtung zu einer Abstufung gestellt. Bei GM sorgten zusätzlich enttäuschende Absatzzahlen in Europa für schlechte Stimmung.
Im Zentrum der Panikverkäufe standen darüber hinaus erneut Finanzwerte. Nach Einschätzung vieler Anleger droht die konzertierte Leitzinssenkung großer Notenbanken zu verpuffen, ohne dass ein besserer Kapitalfluss erreicht wird. "Es herrscht eine Vertrauenskrise. Ich spüre, dass wir die negativen Schlagzeilen noch für einige Zeit haben werden, darunter auch noch mehr Bankenzusammenbrüche", sagte Bruce Zaro von Delta Global Advisors. Für Verunsicherung sorgten auch Äußerungen von Finanzminister Henry Paulson zu einer möglichen Teilverstaatlichung privater Banken als Mittel gegen die ausufernde Finanzkrise.
Papiere der Citigroup büßten mehr als zehn Prozent ein. Morgan-Stanley-Papiere verloren sogar fast 26 Prozent, weil Anleger am milliardenschweren Einstieg der japanischen Bank Mitsubishi UFJ Financial Group zweifelten. Die Aktien von Bank of America verbilligten sich um 11,2 Prozent.
Versicherungswerte verloren erdrutschartig. Die Händler vermuteten, dass die Branche in der sich zuspitzenden Finanzkrise zusätzliche Geldspritzen benötigt. An der Börse kursieren seit längerem Gerüchte, ein größerer Versicherer könnte in Zahlungsschwierigkeiten sein. Die Papiere des zweitgrößten US-Versicherers Prudential Financial brachen um mehr als 23 Prozent ein, die der Protective Life Corp verbilligten sich gar um mehr als 44 Prozent. Aktien von XL Capital rutschten sogar fast 54 Prozent in die Tiefe.
Titel der arg gebeutelten AIG verloren erneut mehr als 25 Prozent. Der gefallene Versicherungsriese wird zusätzlich zu dem Kredit über 85 Mrd. US-Dollar noch 37,5 Mrd. US-Dollar von der Regierung erhalten. Das Geld wird gegen festverzinsliche Anlagen zur Verfügung gestellt und soll für die Tochterfirmen des Versicherungsriesen verwendet werden.
Es herrsche immer noch viel Nervosität darüber, dass noch viele Probleme im Zuge der Finanzkrise vor uns liegen, sagte Analyst Michael James von Wedbush Morgan. "Die Leute fürchten sich vor dem, was sie nicht kennen. Die Angst vor dem Unbekannten veranlasst sie, Aktien zu verkaufen und erst anschließend Fragen zu stellen."
In den Strudel des Ausverkaufs gerieten letztlich auch Technologiewerte, obwohl der IT-Dienstleister IBM unerwartet gute Quartalszahlen vorgelegt hatte. IBM-Aktien verloren nach starkem Auftakt 1,7 Prozent. Auch der Computerkonzern Apple konnte frühe Gewinne nicht halten. Seine Anteilsscheine verbilligten sich um 1,2 Prozent.
Quelle: ntv.de