Wie stark wächst China? Shanghai gibt knapp 3 Prozent ab
10.03.2014, 08:50 Uhr
Kurstafel im Schaufenster eines Brokerhauses in Tokio: Die Risikofreude ist verschwunden.
(Foto: AP)
Konjunkturdaten aus Peking und Tokio setzen sich in der Wahrnehmung vieler Anleger in Asien zu einem beunruhigenden Gesamtbild nachlassender Wirtschaftskraft zusammen. Die Suche nach einem verschollenen Passagierjet setzt Airline-Aktien unter Druck
Die schwachen Konjunktursignale aus China scheinen die Befürchtungen vieler Investoren zu bestätigen: Zu Beginn der Woche reagierten Investoren an den asiatischen Börsen verschreckt. Für den Monat Februar vermeldete China einen überraschenden Einbruch der Exporte und ein hohes Außenhandelsdefizit. Damit kamen erneut Sorgen in Bezug auf die tatsächliche Stärke der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt auf.
Die Daten reihen sich ein in frühere Signale einer ausgeprägten Schwäche und drückten nun vor allem die Aktienmärkte in Schanghai und Hongkong stark in Minus. Der Shanghai-Composite fiel um 2,9 Prozent und rutschte knapp unter die psychologisch wichtige Marke von 2000 Punkten. Der Hang-Seng-Index gab um 1,7 Prozent nach.
Bei den Einzelwerten standen in Schanghai Versicherer und Fluggesellschaften mit dem verschollenen malaysischen Passagierflugzeug unter verstärktem Abgabedruck. Es gibt weiterhin keine Hinweise, was mit der auf dem Weg nach Peking verschwundenen Maschine passiert ist. "Die Anleger machten sich wieder verstärkt Gedanken über die Sicherheit im Flugverkehr", erklärte Analyst Tang Yonggang von Hongyuan Securities. Die Aktien von China Eastern Airlines verloren 4 Prozent, und für die Titel von China Life Insurance ging es um 3,8 Prozent abwärts.
Die Aktien von Malaysian Airlines brachen in der Spitze um rund 18 Prozent ein. Eine Maschine der Gesellschaft wird seit Samstag vermisst. Das Flugzeug war auf dem Flug von Kuala Lumpur nach Peking und gilt seitdem als verschollen. Über das Wochenende hatte es vermehrt Spekulationen über einen Anschlag gegeben, nachdem bekannt wurde, dass mehrere Passagiere mit gestohlenen Ausweisen an Bord waren.
Rohstoffwerte unter Druck
Aber auch die Börse in Sydney stand unter verstärktem Abgabedruck. China ist einer der wichtigsten Handelspartner für die australischen Unternehmen, vor allem aus dem Rohstoffsektor. Der S&P/ASX 200 schloss mit einem Minus von 0,9 Prozent und markierte damit den größten Tagesverlust seit fünf Wochen.
In Sydney drückten vor allem die Abschläge der Minenwerte auf das Sentiment, die stark von der Entwicklung in China abhängig sind. Für die Aktien von Rio Tinto und BHP Billiton ging um 4,1 beziehungsweise 5,8 Prozent nach unten. Dazu kamen fallende Eisenerz- und Kupferpreise als weitere Belastungsfaktoren. Dagegen schossen die Aktien von Leighton um 11 Prozent in die Höhe. Der deutsche Baukonzern Hochtief will seinen Einfluss über die australische Tochter ausweiten und kündigte den Kauf von weiteren Aktienanteilen im Wert von 1,16 Milliarden australischen Dollar an.
Der Kern der allgemeinen Konjunktursorgen: Die chinesischen Exporte sanken um 18,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ökonomen hatten dagegen mit einem Plus von 5 Prozent gerechnet. Der Absturz im Februar folgt nach einem starken Zuwachs von 10,6 Prozent im Januar - und ist zudem der erste Rückgang seit September 2013. "Es ist für den Markt schwer, derart schwache Daten zu ignorieren", sagte Stratege Sean Callow von Westpac Institutional Bank. Die Reaktion sei derzeit "symptomatisch für die Stimmung am Markt, die eher von schwachen China-Daten belastet wird und kaum Unterstützung von positiven Daten erfährt".
Allerdings könnten auch die Neujahrsfeiertage ein Grund für den überraschenden Rückgang der Exporte gewesen sein, merkte ein Analyst an. Im Gegensatz zur nachlassenden Teuerung der Verbraucherpreise, die der chinesischen Regierung möglicherweise Spielraum für Konjunkturstimuli bietet, dürften die Erzeugerpreise der Führung in Peking weiter Sorgen bereiten. Die ebenfalls am Wochenende veröffentlichte Teuerung sank erneut um 2 Prozent und damit stärker als erwartet.
Kühle Signale aus Tokio
Die überraschend guten Daten aus dem US-Arbeitsmarkt vom vergangenen Freitag zeigten dagegen in Asien keine besondere Wirkung. Auch schon die US-Investoren hatten bei den Daten ein Haar in der Suppe gefunden, weshalb die Indizes an der Wall Street mit einer uneinheitlichen Tendenz den Handel beendeten. So wurden zwar mehr Jobs geschaffen als prognostiziert, doch stieg die Arbeitslosenquote unerwartet auf 6,7 Prozent.
Am Devisenmarkt fiel der Renminbi nach den überraschend schwachen Exportdaten aus China gegenüber dem Dollar deutlich zurück. Der Greenback wurde dabei zusätzlich vom überraschend guten US-Arbeitsmarktbericht für Februar beflügelt. Nach einem Tief bei 6,1594 konnte sich die chinesische Währung aber wieder leicht auf 6,1400 erholen. Im Vergleich zum Vorwochenschluss von 6,1260 Yuan je Dollar war dies aber dennoch ein deutliches Minus.
Auch an der Börse in Tokio standen die Börsenampeln zu Wochenbeginn auf Rot. Der Nikkei-Index verlor 1,0 Prozent auf 15.120 Punkte. Der Umsatz fiel auf den niedrigsten Stand seit vier Monaten, was von Beobachtern als Hinweis auf die wieder gestiegene Risikoaversion der Anleger gedeutet wurde. Zudem belastete, dass Japan den vierten Monat in Folge ein Leistungsbilanzdefizit verzeichnet hat. Nach dem Anstieg um knapp 3 Prozent in der Vorwoche hätten einige Teilnehmer die Daten als Vorwand genutzt, um Gewinn zu realisieren, hieß es aus dem Handel.
"Grundsätzlich haben US-Konjunkturdaten größere Auswirkungen auf den Markt, aber der psychologische Effekt der jüngsten Daten aus China darf nicht unterschätzt werden", sagte Koji Fukaya, Präsident von FPG Securities in Tokio.
Derweil meldet die Regierung für das Schlussquartal 2013 ein geringes Wachstum als von Experten erwartet. Demnach stieg das Bruttoinlandsprodukt zwischen Oktober und Dezember nur mit einer hochgerechneten Jahresrate von real 0,7 Prozent. Grund waren vor allem geringere Unternehmensinvestitionen.
Unter Druck standen vor allem Immobilienwerte, die den Markt in der vergangenen Woche noch nach oben geführt hatten. Die Aktien von Sumitomo Realty & Development verloren 2,1 Prozent. Mitsui Fudosan fielen um 2,4 Prozent. Auch der im Verlauf wieder anziehende Yen drückte auf die Stimmung. Der Dollar rutschte bis auf 102,93 Yen ab. Allerdings gab die japanische Währung ihre Gewinne fast vollständig wieder ab. Der Dollar notierte schließlich bei 103,24 Yen und damit kaum verändert zum Wochenausklang. Ein starker Yen belastet tendenziell vor allem die japanischen Exportwerte.
Quelle: ntv.de, mmo/jwu/DJ/rts