Dicke Sorgen-Brocken Tokio folgt den US-Börsen
30.06.2010, 10:55 UhrTiefrote Vorgaben aus den USA bescheren den Anlegern in Asien eine überwiegend schwache Wochenmitte. Die Schwäche beim US-Konsum trübt zusammen mit der Angst vor einem Durchhänger in der China-Dynamik das Konjunkturbild deutlich ein.
Ein überraschend eingetrübtes US-Verbrauchervertrauen, Anzeichen für ein langsameres Wachstum in China und Zweifel an der Stabilität europäischer Banken haben die wichtigsten Aktienmärkte in Fernost tiefer ins Minus gedrückt.
In Tokio ging der Nikkei-Index der 225 führenden Werte zwei Prozent schwächer bei 9382 Zählern aus dem Handel und beendet damit sein schwächstes Quartal seit Ende 2008. Er fiel dabei unter eine wichtige charttechnische Hürde, was nach Ansicht von einige Händlern weitere Verluste nach sich ziehen dürfte. "Wir befinden uns derzeit in einer Abwärtsspirale", sagte ein Marktteilnehmer.
Andere Händler sind optimistischer. "Sollten die nächsten wichtigen Termine vorbei sein, könnte es eine technische Erholung geben", so einer von ihnen mit Verweis auf den am Donnerstag anstehenden Tankan-Bericht und die US-Arbeitsmarktdaten für Juni am Freitag. Eine Erholung könnte den Index kurzfristig in den Bereich von 9.700 bis 9.800 Punkten führen, so der Teilnehmer. Der breiter gefasste Topix-Index verbuchte ein Minus von 1,3 Prozent.
Viele Investoren flüchteten in sichere Anlagen. Haupttriebfeder waren Sorgen über die Finanzausstattung der Banken in der Euro-Zone. Die Institute müssen am Donnerstag auf einen Schlag 442 Mrd. Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zurückzahlen, die sie sich zu niedrigen Zinsen geborgt hatten. Einige Anleger fürchten, dass dies bei einigen Geldhäusern zu Liquiditätsengpässen führen könnte. "Der Fakt, dass sich der Euro nahe eines Neun-Jahres-Tiefs hält, zeigt, dass Sorgen über das europäische Finanzsystem, die eigentlich vorüber schienen, wieder entflammt sind und das veranlasst die Anleger dazu, Risiken zu vermeiden", sagte der Analyst Hiroaki Kuramochi von Tokai Tokyo Securities.
Die europäische Gemeinschaftswährung war am Dienstag gegenüber dem Yen auf ihren tiefsten Stand seit achteinhalb Jahren gefallen, erholte sich davon am Mittwoch aber leicht und notierte bei 108,01 Yen. Auch zum Dollar verbuchte sie leichte Zugewinne.
Bei den Branchen zeigten sich vor allem die Export-Werte aufgrund des schwachen Euro mit Abgaben. Hier verloren Kyocera 2,2 Prozent, Canon gaben 1,9 Prozent ab. Panasonic fielen mit den negativen Vorgaben der Nasdaq um 1,1 Prozent. Federn lassen mussten in Tokio nach dem Kursrutsch in New York vor allem Unternehmen aus der Chip-Branche. So büßten etwa die Titel von Tokyo Electron 3,1 Prozent ein. Auch für Titel aus der Rohstoffbranche ging es in den Keller, nachdem etwa die Metallpreise nachgaben. Die Papiere des Handelshauses Mitsui Mining & Smelting fielen 4,1 Prozent. Auch Bankenwerte zeigten sich mit Kursverlusten.
Dagegen legten Shionogi, Patent Partner von AstraZeneca, um 7,2 Prozent zu. Ein US-Gericht hatte das Patent für den Cholesterinsenker "Crestor", einem der wichtigsten Medikamente des Pharmakonzerns, bestätigt.
Verluste in Seoul
Die Börse in Seoul verzeichnete den zweiten Tag in Folge ein Minus. Schwache Vorgaben aus den USA und Sorgen um die globale Erholung der Konjunktur belasteten auch hier das Sentiment. Der Kospi verlor 0,6 Prozent auf 1698 Zähler.
"Erneute Sorgen über das Wirtschaftswachstums in China und das überraschend schwache US-Verbrauchervertrauen haben die Sorgen in Bezug auf globale konjunkturelle Erholung verstärkt", so ein Händler. Der Markt habe sich allerdings aufgrund von Gelegenheitskäufen von inländischen Investoren zum Monats- und Quartalsende von seinen Tagestiefs erholen können. Auch hätten die asiatischen Märkte bereits am Vortag deutliche Verluste verzeichnet.
Bis zur Bekanntgabe weiterer wichtiger US-Konjunkturdaten im Verlauf der Woche, so dem ISM-Index für das Verarbeitende Gewerbe und der US-Arbeitsmarktbericht für Juni, dürften sich die Investoren allerdings zurückhalten, hieß es weiter.
Bei den Branchen zeigten sich die Bankenwerte mit Abgaben. Hier belastete neben den Konjunktursorgen weiter auch die Schuldenkrise in der Eurozone. KB Financial Group verloren 1,4 Prozent, Shinhan Financial Group gaben 1,8 Prozent ab.
Dagegen legten LG Electronics um 1,3 Prozent zu. Nachdem die Aktie im frühen Verlauf ein neues 52-Wochentief markiert hatte, sei es im Anschluss zu Gelegenheitskäufen gekommen, sagten Händler. Aus dem gleichen Grund legten Hyundai Motor um 1,8 Prozent und Kia Motors um 0,8 Prozent zu.
Shanghai im Minus
Die Börse in Shanghai verzeichnete den sechsten Tag in Folge einen Abschlag und ging auf dem niedrigsten Niveau seit rund 15 Monaten aus dem Handel. Gründe waren wie an den anderen Börsen Sorgen bezüglich des Wirtschaftswachstums in China und Bedenken hinsichtlich der globalen konjunkturellen Erholung.
Der Shanghai Composite verlor 1,2 Prozent auf 2398 Punkte. Eine Unterstützung für den Index wird bei 2300 Punkten gesehen. Der Hang-Seng-Index in Hongkong gab 0,6 Prozent auf 20.129 Punkte ab. Am Donnerstag findet wegen eines Feiertages in Hongkong kein Handel statt.
"Es gibt eine anhaltende Unsicherheit wegen einer möglichen Verlangsamung des chinesischen Wirtschaftswachstums in den kommenden Monaten", sagte ein Händler. Viele Investoren dürften sich daher zunächst eher zurückhalten, erwartet ein Marktbeobachter. Die Schwäche an Wall Street und den anderen asiatischen Märkten mache eine Erholung derzeit eher unwahrscheinlich. Die Investoren würden nun auf die Daten für das zweite Quartal warten, um sich ein genaueres Bild machen zu können, so ein Händler.
Mit Abgaben zeigten sich vor allem die Aktien aus dem Rohstoff-Sektor. Wuhan Iron & Steel fielen um 0,7 Prozent, Angang Steel büßten 0,6 Prozent ein. Bei den Minenwerten wurde zur Begründung auf Sorgen verwiesen, wonach es zu einer Begrenzung der Preise kommen könnte, was sich wiederum negativ auf die Gewinne der Unternehmen auswirken würde. China Shenhua Energy verloren 0,7 Prozent, China Coal Energy fielen um 3,1 Prozent.
Quelle: ntv.de, rts/DJ