Pfizer noch potenter US-Börsen teils fester
15.07.2002, 22:30 UhrZum Wochenauftakt Licht und Schatten an den US-Börsen - der Handelstart fiel förmlich ins Wasser. Dow und Nasdaq brachen kräftig ein. Die Nasdaq rutschte dabei auf den tiefsten Stand seit mehr als vier Jahren. Grund für die Minuszeichen waren neue Sorgen um Anschläge in den USA, die Ungewissheit über die kommenden Quartalszahlen und Diskussionen um fragwürdige Bilanzpraktiken. Doch wie so oft, in der letzten Handelsstunde drehte urplötzlich die Richtung und es wurde nochmal richtig Dampf gemacht: Schnäppchenjäger griffen zu und hievten die Märkte wieder nach oben: Die Nasdaq sprang sogar 0,6 Prozent ins Plus auf 1.382 Zähler. Der Dow Jones schloss 400 Punkte über dem Tagestief bei 8.639 Zählern, ein Minus von 0,5 Prozent.
In dieser Woche werden eine Reihe wichtiger US-Unternehmen ihre Quartalszahlen präsentieren: Am Dienstag werden unter anderem Motorola, Apple und Intel berichten. Folgen werden IBM am Mittwoch, sowie Microsoft und Sun Microsystems am Donnerstag. Im Vorfeld dieser Daten hielten sich die Anleger verstärkt zurück, hieß es von Händlern.
Die drittgrößte US-Bankholding, Bank of America präsentierte bereits am Montag ihr Quartalsergebnis. Vor allem wegen reduzierten Kosten konnte der Gewinn im zweiten Quartal gesteigert werden, hieß es. Konkret 1,40 Dollar je Aktie wurden verdient - im Vorjahreszeitraum waren es hingegen nur 1,24 Dollar gewesen, hieß es. Die Aktie gab dennoch 1,2 Prozent auf 67,79 Dollar nach.
Wenig Freude dürften den Börsianern die jüngsten Konjunkturdaten bereitet haben. Statt des von Analysten prognostizierten Rückgangs der Lagerbestände um 0,1 Prozent, meldete das US-Handelsministerium für den Monat Mai einen Anstieg um 0,2 Prozent gegenüber dem Vormonat. Im April waren die Lagerbestände gegenüber März noch um 0,2 Prozent gesunken.
Auch optimistische Äußerungen von US-Präsident George W. Bush über die Wirtschaftslage konnten den Märkten wenig Impulse verleihen. Bush gab sich überzeugt, dass die Wirtschaft im wesentlichen stark sei - diese Wirtschaft hätte eine Wachstumsgrundlage, sagte der US-Präsident und berief sich dabei auf eine geringe Inflation und niedrige Zinsen, eine gesunde Geldpolitik und eine steigende Produktivität.
Für einen Paukenschlag sorgte der US-Pharmariese Pfizer. Der weltgrößte Pharmakonzern, bekannt durch das Potenzmittel Viagra, hatte vor Börsenstart die Übernahme des Konkurrenten Pharmacia zum Preis von rund 51 Mrd. Dollar per Aktientausch bekannt gegeben. Mit der von Pfizer angekündigten Übernahme entstünde ein Pharmagigant mit einem Weltmarktanteil von rund elf Prozent. Damit läge er deutlich über dem des stärksten Rivalen Glaxo Smith Kline aus Großbritanien. Zudem würde Pfizer seine ohnehin schon starke Position als Nummer Eins in den USA weiter ausbauen und in Europa, Japan und Latainamerika zur Spitze aufsteigen.
Den Angaben zu Folge sollen im Rahmen der Übernahme 1,4 Pfizer-Aktien gegen eine Pharmacia-Aktie getauscht werden. Dies würde den amerikanisch-schwedischen Konzern Pharmacia mit 39 Dollar je Aktie bewerten. Die Pharmacia-Aktie legte dementsprechend 20 Prozent auf 39,25 Dollar zu. Pfizer sackte hingegen um knapp 11 Prozent auf 28,78 Dollar ab.
Der angeschlagene US-Energiehändler Dynegy wird nach eigenen Angaben für das zweite Quartal eine höhere Sonderbelastung für sein Gasgeschäft verbuchen als bislang geplant. Zudem werde eine erneute externe Prüfung der Bilanzen der vergangenen drei Jahre noch bis Ende des Jahres dauern, teilte das Unternehmen mit. Die Aktie gab 3,2 Prozent auf 6,10 Dollar nach.
Zwischenzeitlich belastend für die Technologiewerte hatten sich Herabstufungen der Aktien der Softwarekonzerne PeopleSoft und Siebel durch die Investmentbank Salomon Smith Barney ausgewirkt, sagten Händler. Die Analysten teilten mit, die derzeitigen Schätzungen für den Gewinn bei PeopleSoft im zweiten Halbjahr seien zu hoch. PeopleSoft-Aktien gaben zeitweise 5 Prozent ab, erholten sich allerdings im Tagesverlauf und gewannen so 0,1 Prozent auf 14,75 Dollar. Siebel-Aktien drehten ebenfalls nach schwachem Start 2,1 Prozent ins Plus auf 11,77 Dollar. Salomon Smith Barney hatte die Siebel-Aktie von "Kaufen" auf "Neutral" gestuft und dies mit der allgemeinen Marktschwäche und dem Europa-Geschäft des Unternehmens begründet.
Der Computerhersteller Hewlett-Packard wird seinen erst vor 18 Monaten, für knapp eine halbe Milliarde Dollar, gekauften Software-Bereich einstellen. Im Zuge der Fusion mit dem ehemaligen Konkurrenten Compaq hat HP beschlossen, defizitäre Bereiche zu schließen, der Software-Bereich gehörte hierzu, hieß es. Die HP-Aktie gab 1,8 Prozent auf 15 Dollar nach.
Der Baustoffeinzelhändler Home Depot wird die Erwartungen der Analysten, die für das zweite Quartal einen Gewinn von 47 Cents pro Aktie prognostizieren, voraussichtlich erfüllen. Im Vorjahr lag der Gewinn bei 39 Cents pro Aktie. Das Unternehmen bestätigte in diesem Zusammenhang sein Ziel, den Umsatz bis zum Geschäftsjahr 2004 um jährlich 15-18 Prozent und das Ergebnis um 18-20 Prozent pro Jahr zu steigern. Zudem wurde ein Aktienrückkauf-Programm mit einem Volumen von bis zu 2 Milliarden Dollar angekündigt. Die Aktie von Home Depot machte 3,1 Prozent auf 30 Dollar gut.
Quelle: ntv.de