Shanghai-Fieber überwunden US-Börsen ziehen an
30.05.2007, 22:20 UhrVon Lars Halter, New York
Ein Mini-Crash in China und eine optimistische Fed, die auf absehbare Zeit keine Zinssenkung sieht – eigentlich hätten die US-Börsen am Mittwoch ganz schön unter Druck kommen können. Doch Anleger zeigten sich von ihrer besten Seite und ließen die Indizes weiterklettern, manche sogar auf Rekordniveau.
Der Dow-Jones-Index schloss mit einem Plus von 111 Zählern oder 0,8 Prozent auf 13.633 Punkten und stellte damit ein neues Allzeit-Hoch auf. Und nach zahlreichen fehlgeschlagenen Versuchen in der Vorwoche schaffte auch der marktbreit gefasste S&P-500-Index mit einem Plus von 12 Zählern oder 0,8 Prozent auf 1530 Punkte einen neuen Rekord.
Zwar nicht auf Rekordkurs, aber deutlich im grünen Bereich schloss auch die Nasdaq, die um 20 Zähler oder 0,8 Prozent auf 2592 Punkte zulegte.
Das Shanghai-Fieber, das die Wall Street in direkter Reaktion auf die dramatischen Kursstürze an den chinesischen Börsen am Morgen zunächst gedrückt hatte, war schnell geheilt. Anleger erkannten, dass es sich bei der höheren Besteuerung der Anlagegewinne in China nur um ein lokales Problem handelt, dass für die Weltmärkte keine weitere Bedeutung haben dürfte.
Viel deutlichere Folgen hätte hingegen das Protokoll der letzten Notenbank-Sitzung haben können: Die Fed glaubt, dass das schwache Wirtschaftswachstum im ersten Quartal die Situation in den USA dramatischer dargestellt habe als nötig. Man rechnet damit, dass sich das Wachstum im Laufe des Jahres erholt. Gleichzeitig weist man auf das anhalte Inflationsrisiko hin. Eine Zinssenkung scheint damit erst einmal vom Tisch zu sein, was die Bullen aber nicht aufhielt.
Die fokussierten lieber auf gute Nachrichten vom Rohstoffmarkt. Zwar legte der Ölpreis am Mittwoch leicht zu, doch gab Benzin erneut nach. Seit dieser Woche sind fünf Raffinerien wieder am Netz, die wegen technischer Mängel monatelang still gestanden hatten. Man setzt auf steigende Lagerbestände, die am Donnerstag gemeldet werden.
Auf Unternehmensseite standen zwei Hightech-Werte im Mittelpunkt: IBM hat die Prognosen für 2007 angehoben und rechnet mit einem Gewinnwachstum zwischen 13 und 14 Prozent. Grund dafür ist unter anderem ein erfolgreiches Investment in eigene Aktien: IBM hat Papiere für 12,5 Milliarden Dollar zurückgekauft, was sich positiv auf die Bilanz auswirken soll.
Microsoft hat am Mittag den "Surface" vorgestellt, einen tischplatten-großen Touchscreen-Computer, der ohne Maus und Tastatur bedient wird und intuitiv mit Geräten in der Peripherie arbeiten soll. Das Gerät geht zwar vorerst nur an Industrie- und nicht an Privatkunden, wird von Anlegern aber mit einem Kursplus begrüßt.
Stärkste Aktien unter den Blue Chips waren hingegen nicht die Hightech-, sondern einige Industriewerte. Caterpillar verbesserte sich um 2 Prozent nach der optimistischen Umsatzprognose eines Konkurrenten. Mit an der Spitze im Dow schlossen auch Alcoa und Boeing.
Anleger hatten zudem einen Börsen-Merger im Auge: Die Intercontinental Exchange, die an einer Übernahme des Chicago Board of Trade interessiert ist, hat einen 665-Millionen-Deal mit deren Vorstand geschlossen, mit dem interne Konflikte beigelegt worden sind. Die hatten zuletzt einer Übernahme im Weg gestanden, zumal mit der benachbarten Chicago Mercantile Exchange noch ein weiterer Bieter an der CBOT interessiert ist.
Quelle: ntv.de