Bernanke-Rally hält nicht an Wall Street gibt nach
11.07.2008, 22:15 UhrWas für ein Tag für die amerikanischen Börsen. Der hohe Ölpreis, ein schwaches Verbrauchervertrauen und Sorgen um die Finanzwerte ließen die Blue Chips unter 11.000 Punkte brechen, bevor Ben Bernanke überraschend eine Erholung einleitete - die am Ende aber nicht durchhielt.
Der Dow-Jones-Index schloss am Freitag mit einem Minus von 128 Zählern oder 1,1 Prozent bei 11.100 Punkten. Damit war der Leitindex letztlich zumindest deutlich von seinem Tagestiefstand entfernt, der - zum ersten Mal in zwei Jahren - unter 11 000 Punkten gelegen hatte.
Der marktbreite S&P-500-Index verlor 14 Zähler oder 1,1 Prozent auf 1239 Punkte, und die Hightech-lastige Nasdaq rutschte um 18 Zähler oder 0,8 Prozent auf 2239 Punkte ab.
Auf Wochensicht haben die amerikanischen Börsen erneut mehr als 1 Prozent verloren und sich weiter im Bärenmarkt festgesetzt.
Das lag nicht zuletzt an Konjunkturdaten: Die Inflation in den USA hält an, die Importpreise sind im Juni um 2,8 Prozent gestiegen und damit deutlich stärker als erwartet. Auch Öl- und Energieimporte ausgeklammert bleibt ein unerwartet deutlicher Anstieg von 0,8 Prozent. Allerdings haben auch die Exporte zugelegt und das Handelsbilanzdefizit im vergangenen Monat etwas schrumpfen lassen.
Das Verbrauchervertrauen der Amerikaner wurde gegenüber dem Vormonat fast unverändert gemeldet, was dem Markt daher auch keine Impulse gab.
Schuld an der allgemeinen Misere ist vor allem der Ölpreis, der bei mehr als 147 Dollar pro Fass einen neuen Rekord aufstellte. Dahinter steckten Gerüchte um Flugmanöver über dem Irak, wo sich israelische Kampfjets auf einen Angriff auf Iran vorbereiten sollen. Gewinnmitnahmen ließen das schwarze Gold allerdings auf 145 Dollar abrutschen.
Auf Unternehmensseite standen die Finanzwerte im Vordergrund. Nach den dramatischen Einbrüchen der letzten Tage stürzten Fannie Mae und Freddie Mac zeitweise erneut um mehr als 40 Prozent ab. Die Hypotheken-Finanzierer, die zusammen hinter jeder zweiten Hypothek in den USA stehen, sollen möglicherweise von der Regierung in einer Art Vormundschaft übernommen werden. Die Aktien würden dann nahezu wertlos. Fed-Chef Ben Bernanke sorgte indes für eine Erholung bei beiden Werten, als er die beiden Konzerne einlud, sich bei der Notenbank Geld zum Diskontsatz zu leihen.
Der Finanzsektor ist indes nicht der einzige, um den sich die Amerikaner sorgen. Auch ein Ausverkauf von Unternehmenswerten ins Ausland macht Kummer. Der Industriegigant General Electric, der trotz stabiler Quartalszahlen und Aussichten zu den Verlierern gehörte, will bekanntlich das Verbrauchergeschäft nach Japan verkaufen.
Ähnliches plant Citigroup mit dem Deutschland-Geschäft. Dieses geht für 7,7 Milliarden Dollar an die französische Credit Mutuel. Ein drittes Unternehmen, das von Europa aus beäugt wird, ist Anheuser-Busch. Die belgische Brauerei InBev hat das Übernahmeangebot von 65 auf 70 Dollar pro Aktie aufgestockt und soll sich nach wochenlangem Streit um eine feindliche Übernahme wieder in legitimen Gesprächen mit dem Konzern befinden.
In der nächsten Woche wartet die Wall Street auf Quartalszahlen. Unter anderem werden J.P. Morgan und Merrill Lynch über die Finanzbranche berichten; beide Aktien gehörten am Freitag zu den größten Verlierern.
Zahlen gibt es aber auch von weniger gebeutelten Dow-Werten, darunter die Hightech-Riesen Intel und Microsoft sowie der Konsumspezialist Johnson & Johnson.
Quelle: ntv.de