Schwächster Monat seit 1987 Wall Street schließt fester
31.10.2008, 21:42 UhrEin bisschen gespenstisch ging es an den amerikanischen Börsen an Halloween schon zu, denn die Anleger hatten ihr Bullen-Kostüm angelegt und kümmerten sich nicht um trübe Wirtschaftsdaten. Auch Warnungen und schlechte Zahlen aus dem Technologiesektor wurden einfach beiseite gefegt.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte ging 1,6 Prozent höher bei 9325 Punkten aus dem Handel. Der breiter gefasste S&P-500 gewann 1,5 Prozent auf 968 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq legte 1,3 Prozent auf 1720 Stellen zu.
Mit diesen Schlusskursen konnten die amerikanischen Börsen ihre beste Woche seit 25 Jahren hinlegen. Die Indizes legten mehr als zehn Prozent zu, und der Dow stieg um mehr als 1000 Punkte. Gleichzeitig endet mit dem 31. Oktober der schlechteste Monat seit 1987. Auf Monatssicht sank der Dow um 15 Prozent, der S&P-Index und die Nasdaq um jeweils rund 18 Prozent.
Für die Gewinne vor dem Wochenende schoben die Anleger schlechte Konjunkturdaten einfach beiseite. Die persönlichen Ausgaben sind zum ersten Mal seit zwei Jahren um 0,2 Prozent gesunken, während die persönlichen Einnahmen mit 0,1 Prozent weniger stark stiegen als erhofft. Außerdem ist das Verbrauchervertrauen im Oktober im Rekordtempo auf 57,6 Punkte gefallen. Auch der Einkaufsmanagerindex für den Raum Chicago fiel auf 37,8 Punkte, den niedrigsten Stand seit 2001.
Die Verbraucher sind der Motor der amerikanischen Wirtschaft und werden durch die Kreditkrise verunsichert und vom schwachen Arbeitsmarkt belastet. Sie bestreiten aber rund 70 Prozent der Ausgaben in den USA. Ihre Zurückhaltung schadet der Wirtschaft weiter.
Den Anlegern scheint der ganze Pessimismus an Halloween jedoch egal zu sein. Und gerüchteweise könnte es den Verbrauchern demnächst wirklich wieder besser gehen, zumindest kurzfristig. Denn der Kongress trifft sich kommende Woche, angeblich um über ein weiteres Stimuluspaket zu verhandeln. Dabei könnten die Verbraucher dieses Mal bis zu 300 Mrd. Dollar erhalten.
Von Unternehmensseite kamen am Freitag dagegen kaum gute Nachrichten. Besonders General Motors (GM) gab erneut deutlich nach, denn die Fusion mit Chrysler scheint nicht zustande zu kommen: Offenbar will die US-Regierung die Unternehmen nicht mit einer Finanzspritze unterstützen. Vor diesem Hintergrund gab die Aktie von GM sechs Prozent nach.
Auch die Fusion vom Mobilfunkriesen Verizon mit Konkurrent Alltel könnte scheitern, denn es gibt kartellrechtliche Bedenken. Die Aktie von Verizon gab 2,7 Prozent nach.
Im Technologiesektor könnten Google und Yahoo die Pläne für eine Werbepartnerschaft wieder aufgeben, da auch hier kartellrechtliche Bedenken im Weg stehen. Bisher konnten sich die Unternehmen nicht auf Maßnahmen einigen, die eine Genehmigung der Zusammenarbeit nach sich ziehen würden. Die Papiere von Yahoo fielen um 0,5 Prozent und die von Google um 0,1 Prozent.
Überhaupt blieb der Technologiesektor am Freitag das Sorgenkind. Der Chiphersteller Intel warnte, dass das Unternehmen von der Finanzkrise hart getroffen werden könnte und die Insolvenz von Zulieferern zu Lieferengpässen führen könnte. Außerdem erwartet Intel, dass die Nachfrage deutlich sinken wird. Die Aktie fiel um 0,8 Prozent.
Besonders hart getroffen wurde der Server- und Softwarehersteller Sun Microsystems, der im vergangenen Quartal einen deutlichen Nachfragerückgang zu spüren bekam und deshalb einen Verlust von 1,7 Mrd. Dollar einfuhr. Die Aktie gab um 12,1 Prozent nach.
Das Papier des Videospielherstellers Electronic Arts gab 17,7 Prozent nach. Das Unternehmen hatte im vergangenen Quartal höhere Entwicklungskosten nicht durch bessere Einnahmen ausgleichen können. Dadurch stieg der Verlust auf 310 Mio. Dollar. Außerdem befürchtet das Unternehmen aufgrund der Finanzkrise einen fallenden Umsatz im laufenden und im nächsten Quartal und will sechs Prozent der Angestellten entlassen, um Kosten zu sparen.
Der Energiekonzern Chevron meldete unterdessen deutlich bessere Quartalszahlen als erwartet. Der Konzern machte einen Gewinn von 7,9 Mrd. Dollar, was zum Teil am hohen Ölpreis lag und teilweise an besseren Umsätzen bei den Einzelhandelsprodukten. Die Papiere von Chevron konnten aber nur um 0,5 Prozent zulegen, wohl unter anderem weil aufgrund des sinkenden Ölpreises für das laufende Quartal mit deutlich weniger Wachstum gerechnet wird.
"Jeder auf dem Parkett ist einfach nur froh, dass der Oktober vorbei ist", sagte Michael James von der regionalen Investmentbank Wedbush Morgan. Die anhaltende Entspannung auf den Kreditmärkten gebe Banken wie JP Morgan Chase und Wells Fargo wieder Vertrauen. Der Interbankenmarkt, in dem sich die Institute untereinander Geld leihen, scheint nach der Leitzinssenkung der US-Notenbank Fed weiter in Gang zu kommen. Die Titel von JP Morgan legten 9,6 Prozent zu, die von Wells Fargo gewannen 6,9 Prozent. Im Sog der Banken legten auch andere Finanzinstitute zu. Anteile von American Express verteuerten sich um 5,5 Prozent.
Quelle: ntv.de