Finanztitel brechen ein Italien-Angst rasiert Dax
09.11.2011, 18:00 UhrDie Angst um die Zahlungsfähigkeit Italiens hält den deutschen Aktienmarkt auch nach dem angekündigten Rückzug von Premier Berlusconi im Griff. Weil die Renditen für Staatsanleihen weiter in die Höhe schnellen, dämmert Investoren, dass auch nach einem politischen Wechsel die wirtschaftlichen Probleme Italiens nicht auf einen Schlag gelöst sind.
Mit einem kräftigen Kurseinbruch haben deutsche Aktien am Mittwoch auf massive Verkäufe bei italienischen Anleihen reagiert. Der angekündigte Rücktritt von Premier Berlusconi konnte nur einen kurzen Freudensprung am Morgen auslösen. Die Sorge um Italiens langfristige Finanzierbarkeit hat rasch überhand gewonnen. Auch der Euro verzeichnete empfindliche Einbußen.
Der Dax ging mit einem Minus von 2,2 Prozent bei 5829,54 Punkten aus dem Handel. Der Leitindex schwankte während des Handelstages dabei zwischen 6055 und 5767 Punkten. Für den MDax ging es um 2,1 Prozent abwärts auf 8871,38 Punkte. Der TecDax notierte zu Handelsschluss 1,5 Prozent im Minus bei 691,65 Punkten.
Der europaweite Kurseinbruch an den Aktienmärkten ging erneut vom italienischen Rentenmarkt aus. Dort zeigte sich das Mißtrauen in Italiens Willen zur Haushaltskonsolidierung in kräftigen Verkäufen. Die Renditen auf italienische Anleihen sprangen so deutlich an, dass die EZB erneut am italienischen Anleihemarkt mit Käufen aktiv werden musste. Die Rendite für 10-jährige Anleihen überschritt in der Zwischenzeit die Schwelle von 7 Prozent deutlich. Die wichtige Anleihe mit Laufzeit September 2021 mit einem Kupon von 4,75 Prozent rentierte zwischenzeitlich mit 7,5 Prozent. Gegenüber deutschen Anleihen mussten zeitweise über 5 Prozentpunkte mehr Zinsen gezahlt werden.
Händler spekulieren mittlerweile auf demnächst folgende Not-Sitzungen der EU. "Die langfristige Finanzierbarkeit Italiens ist bei solchen Zinsen nicht mehr gewährleistet", sagt ein Händler. Da sich das Land im nächsten Jahr kräftig refinanzieren müsse, könne bereits der Budgetentwurf für 2012 Makulatur sein. Er sei noch mit den alten Finanzierungskosten gerechnet worden.
Nach Griechenland ist damit Italien in die Rolle des Impulsgebers für die Aktienbörsen getreten. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass es sich bei Italien um den drittgrößten Schuldner der Welt handelt.
Versicherer fallen
Besonders stark standen vor allem Titel aus dem Finanzsektor unter Druck. Die Papiere der Commerzbank verloren am unteren Dax-Ende 6,1 Prozent, die Allianz gingen mit einem Minus von 5 Prozent aus dem Handel, Munich Re verloren 4,7 Prozent und Deutsche Bank gaben 4,4 Prozent nach. Im MDax gaben Papiere der Hannover Rück trotz besser als erwartet ausgefallener Quartalszahlen um 24 Prozent nach, Aktien der Aareal Bank schlossen 10,6 Prozent schwächer.
Neben den Entwicklungen in der Staatsschuldenkrise trieb auch eine Reihe von Unternehmenszahlen die Kurse nach oben oder unten. Aus dem Dax legte der Versorger Eon seine Ergebnisse vor, die allerdings als "unspektakulär" eingestuft wurden. Die Zahlen selbst bewegten sich am oberen Ende der Erwartungen, der Ausblick sei bestätigt worden genau wie die Dividendenerwartung von 1 Euro für das Jahr 2011. Positiv wertet ein anderer Teilnehmer, dass nach den Verwerfungen um die Brennelementesteuer nun offenbar wieder etwas Ruhe in den Konzern einziehe. Die Aktie verlor 1,7 Prozent und hielt sich damit etwas besser als der Gesamtmarkt.
Post kommt an
Von sehr starken Zahlen der Deutschen Post sprach Nils Machemehl, Analyst der BHF Bank. "Besonders das Briefgeschäft hat sich überraschend gut entwickelt", so der Analyst. Hier seien die Volumen gut. Daneben habe aber vermutlich auch der Wegfall so genannter E-Investments dazu beigetragen, also von Investitionen in den Aufbau des Geschäfts mit E-Mail-Briefen, die von der Post zugestellt werden. Die Aktie legte als größter Gewinner gegen den Markttrend um 3,8 Prozent zu.
Nicht überzeugen konnte dagegen Henkel. "Das EBIT liegt klar unter den Erwartungen, und auch der Umsatz hat die Prognosen nicht erfüllt", so ein Analyst zu den Ergebnissen des Unternehmens. Die EBIT-Marge von 13,4 Prozent liege unter den Prognosen von 13,7 Prozent, die Gewinnschätzungen für Henkel könnten damit leicht sinken. Die Aktie war mit einem Abschlag von 4,5 Prozent größter Dax-Verlierer jenseits der Finanztitel.
Bewegung in der zweiten Reihe
Auch bei den Nebenwerten gab es eine Reihe von Unternehmenszahlen. Die Aktie des Roboter- und Anlagenbauer Kuka stieg um 4 Prozent. "Die Kennziffern liegen alle mehr oder minder deutlich über den Erwartungen", so ein Teilnehmer. Hervorgehoben wurde zudem der gestiegene Auftragseingang.
Der Duft- und Aromenhersteller Symrise hat nach Einschätzung von Analystin Yasmin Moschitz von der Commerzbank beim Umsatz leicht enttäuscht. Dies sei allerdings nicht unerwartet gekommen. Erfreulich seien dagegen die Aussagen zur EBITDA-Marge, die Symrise bei 20,1 Prozent hat halten können. Die Aktie legte um 4 Prozent zu.
Klöckner & Co gaben um 8,5 Prozent nach. Wie erwartet sei das Zahlenwerk von der schwachen Stahlnachfrage geprägt, heißt es. Auch im vierten Quartal könnte es schwierig werden. Das Unternehmen geht nicht mehr davon aus, dass die EBITDA-Zielmarge von 6 Prozent im kommenden Jahr erreicht wird. Immerhin, Klöckner & Co erwartet 2012 wieder eine steigende Nachfrage in Amerika.
Mit einem Minus von 5 Prozent gingen die Papiere der Airbus-Mutter EADS aus dem Handel. Weil kein Investor für den Anteil im Daimler-Portfolio zu finden war, stieg der Bund über die Bank KfW selbst bei EADS ein. Damit soll das Machtgleichgewicht zwischen Paris und Berlin gewahrt werden. Beim Verkäufer Daimler klingelt die Kasse. Der Akite half das nicht spürbar, der Kurs gab 1,9 Prozent nach.
Quelle: ntv.de, nne/dpa/rts