Spanien und die Konjunkturaussichten Dax springt ins Glück
17.04.2012, 18:00 Uhr
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Mit der Spanien-Erleichterung im Rücken und ermuntert von unerwartet freundlichen Konjunkturerwartungen der Finanzmarktprofis dringt der deutsche Aktienmarkt in ungeahnte Höhen vor: Der Leitindex beendet den Tag genau einen Zähler über der Marke von 6800 Punkten.

Wenn sich die alten Schwungräder erst einmal drehen, macht der Zweifler große Augen.
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Überraschend gute Konjunktur- und Unternehmensnachrichten haben den deutschen Aktienmarkt kräftig in die Höhe getrieben. Der deutsche Leitindex profitierte von erfolgreichen Anleiheauktionen Spaniens, einem besser als erwartet ausgefallenen ZEW-Indikator sowie einem unerwartet positiven Quartalsergebnis von Goldman Sachs. Zum Börsenschluss übersprang der Dax wieder die markante Kursschwelle von 6800 Punkten. Am Ende des Tages steht der Dax 2,65 Prozent im Plus bei exakt 6801,00 Punkten. Der MDax stieg um 1,91 Prozent auf 10.747,35 Punkte. Der TecDax rückte um 1,49 Prozent auf 786,72 Punkte vor.
Trotz der wieder aufgeflammten Schuldenkrise zeigen sich deutsche Finanzexperten für die konjunkturelle Entwicklung zuversichtlich. Sowohl für Deutschland als auch für die Eurozone hatten sich die ZEW-Konjunkturerwartungen im April das fünfte Mal in Folge verbessert, wie das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung mitteilte. Aktienhändler Markus Huber sagte: "Der ZEW-Index hat wieder respektable sowie solide Zahlen verbucht und zeigt bisher überhaupt keine Anzeichen, dass sich die deutsche Wirtschaft erneut abschwächen könnte."
Große Erleichterung knüpfte sich an eine mit Spannung erwartete Auktion spanischer Staatsanleihen: Das zuletzt in der Schusslinie stehende Euro-Land konnte sich problemlos frisches Geld am Kapitalmarkt besorgen. Da auch der deutsche ZEW-Index unerwartet gut ausfiel, griffen die Investoren an den europäischen Börsen beherzt zu. Der Eurostoxx50 legte 2,8 Prozent auf 2365 Punkte zu. Der Londoner FTSE und der CAC 40 in Paris zogen an. Rückenwind kam auch aus den USA wo es an der Wall Street ebenfalls deutlich nach oben ging. Dort richteten die Anleger ihren Blick unter anderem auf die Quartalszahlen von Goldman Sachs und Coca-Cola an.
Bei der Emission kurzlaufender Geldmarktpapiere nahm die Regierung in Madrid mit 3,2 Mrd. Euro mehr auf als in der Spitze mit 3,0 Mrd. geplant. "Die Auktion ist geglückt, die Überzeichnung war gut, und das angestrebte Volumen wurde übertroffen", fasste Helaba-Analyst Ralf Umlauf zusammen. "Das lässt auch für die Auktion am Donnerstag auf eine robuste Nachfrage hoffen. Da alles glatt gegangen ist, atmen die Märkte erst einmal auf." Am Donnerstag will Spanien zwei- und zehnjährige Staatsanleihen begeben.
Zusätzlich angeschoben wurde der Dax am Nachmittag zudem von der höheren Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF), der nun in diesem Jahr mit einem Wachstum der Weltwirtschaft von 3,5 statt wie bisher angenommen 3,3 Prozent rechnet.
Die größten Gewinner im Dax waren die Verlierer der vergangenen Tage: So legten die Deutsche Bank um 4,5 Prozent zu, Commerzbank verteuerten sich um 5,8 Prozent. Wie die meisten anderen europäischen Finanzwerte hatten sie zuletzt unter den neu aufgeflammten Sorgen um die Finanzkraft Spaniens gelitten. Auch die Aktien der Aareal-Bank gingen um 8,9 Prozent nach oben und waren damit größter Gewinner im MDax. Der europäische Bankenindex rückte um 4,1 Prozent vor - er hatte an den vergangenen fünf Handelstagen knapp fünf Prozent eingebüßt.
Dagegen hinkten die Siemens-Aktien mit plus 1,67 Prozent auf 72,94 Euro dem Markt hinterher. Einem Pressebericht zufolge kämpft der Industriekonzern weiter mit der schleppenden Anbindung von Windparks auf hoher See an das Stromnetz. Am MDax-Ende brachen die Titel des Geldautomaten- und Kassensystem-Herstellers Wincor Nixdorf nach einer Gewinnwarnung um 10,02 Prozent auf 30,36 Euro ein.
Bundesliga-Sprung für Sky
Im MDax verteuerten sich die Papiere von Sky Deutschland zeitweise um mehr als 26 Prozent auf 2,54 Euro. Der Bezahlsender behält die Live-Rechte für die Fußball-Bundesliga, muss dafür mit 485,7 Mio. Euro pro Saison aber fast doppelt so viel Geld auf den Tisch legen wie bisher. Der hohe Preis vertrieb wieder einige Anleger, so dass sich das Plus der Sky-Aktie zum Handelsschluss auf sieben Prozent verringerte. Dass die Deutsche Telekom bei der Rechtevergabe für die Übertragung ab 2013/14 leer ausging, hatte keine Auswirkung auf deren Anteilsscheine, die 1,8 Prozent aus dem Handel gingen.
An der Börse in Madrid richteten Anleger ihren Blick neben der Anleihe-Auktion vor allem auf Repsol und deren Streit mit Argentinien um die Konzerntochter YPF. Die Titel des Ölmultis gaben im spanischen Leitindex Ibex mit einem Abschlag von bis zu neun Prozent auf 15,90 Euro so deutlich nach wie kein anderer Wert. Damit hat der Konzern innerhalb eines Tages knapp zwei Milliarden Euro an Börsenwert verloren. Zum Handelsende reduzierte sich das Minus auf 6,1 Prozent. Argentinien will trotz internationaler Proteste 51 Prozent an YPF übernehmen. Bislang hält Repsol 57 Prozent der Anteile. Der Streit hat zu diplomatischen Verstimmungen zwischen den Regierungen in Buenos Aires und Madrid geführt.
Am deutschen Rentenmarkt legte die durchschnittliche Rendite der börsennotierten Bundeswertpapiere auf 1,43 Prozent (Vortag: 1,39 Prozent) zu. Der Rentenindex Rex fiel um 0,05 Prozent auf 132,07 Punkte. Der Bund-Future sank um 0,10 Prozent auf 140,04 Punkte. Der Kurs des Euro stieg. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,3132 (Montag: 1,3024) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,7615 (0,7678) Euro.
Quelle: ntv.de, DJ/dpa/rts